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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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werfen, doch Geser trat ihm entgegen, sodass der Dunkle Magier stehen blieb. Ich sah das nicht – spürte es nur. Ein farbiges Leuchten überflutete mein Gesicht. Mir schwindelte. Den Wind nahm ich nicht mehr wahr.
    Es blieb nur der Regenbogen, dieser endlose Regenbogen, in dem ich ertrank.
    Der Wind tobte um mich herum, berührte mich aber nicht. Ich sah Swetlana an und hörte, wie die unsichtbare Mauer aufbrach, die immer zwischen uns gestanden hatte. Aufbrach – und uns beide in die Barriere einschloss. Die wehenden Haare wogten in einer sanften Welle um Swetas Gesicht.
    »Du hast alles für dich ausgegeben?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Alles, was du gesammelt hast?«
    Sie glaubte es nicht. Konnte es immer noch nicht glauben. Swetlana wusste, welchen Preis geborgte Kraft hat.
    »Bis auf den letzten Tropfen!«, erwiderte ich. Mir war leicht zumute, erstaunlich leicht.
    »Warum?« Die Zauberin streckte die Hand aus. »Warum, Anton? Du hättest diesen Sturm aufhalten können. Hättest tausend Menschen glücklich machen können. Wie konntest du alles für dich ausgeben?«
    »Um keinen Fehler zu machen«, erklärte ich. Irgendwie war es peinlich, dass sie, eine zukünftige Große, diese Kleinigkeit nicht begriff.
    Einen Moment lang schwieg Swetlana. Dann sah sie auf die flammende Kreide in ihrer Hand.
    »Was soll ich tun, Anton?«
    »Du hast das Schicksalsbuch bereits geöffnet.«
    »Anton! Wer hat Recht? Geser oder du?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das musst du selbst entscheiden.«
    Swetlana zog die Augenbrauen zusammen.
    »Und das ist alles, Anton? Dafür hast du so viel fremdes Licht vergeudet? Dafür hast du Magie zweiten Grades eingesetzt?«
    »Du wirst es verstehen.« Ich wusste nicht, wie viel Glaube in meiner Stimme lag. Selbst jetzt reichte er mir selbst nicht. »Manchmal ist das Wichtigste nicht die Tat. Manchmal ist das Wichtigste, nichts zu tun. Es gibt etwas, das du allein entscheiden musst. Ohne Ratschläge. Weder von mir noch von Geser, Sebulon, dem Licht oder dem Dunkel. Nur du allein.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein!«
    »Doch. Du selbst triffst die Entscheidung. Diese Verantwortung nimmt dir niemand ab. Doch was auch immer du tust – du wirst auf jeden Fall bedauern, das andere nicht getan zu haben.«
    »Anton, ich liebe dich!«
    »Ich weiß. Und ich liebe dich. Darum sage ich auch nichts.«
    »Ist das deine Liebe?«
    »Nur das ist überhaupt Liebe.«
    »Ich brauche einen Rat!«, schrie sie. »Anton, ich brauche deinen Rat!«
    »Jeder schafft sein eigenes Schicksal«, sagte ich. Das war sogar etwas mehr, als ich sagen durfte. »Entscheide.«
    Die Kreide in ihrer Hand glühte wie eine dünne flammende Nadel, als sie sich zum Schicksalsbuch umdrehte. Ein Strich – ich hörte, wie die Seiten unter dem blendenden Radiergummi knisterten.
    Licht und Dunkel sind nur Flecken auf den Seiten des Schicksals. Ein Strich. Ein Schnörkel.
    Ein rascher Lauf der Feuerzeilen.
    Swetlana öffnete die Finger, die Schicksalskreide fiel zu Boden. Schwer wie eine Bleikugel. Sie wäre trotzdem vom Hurrikan fortgerissen worden, doch ich schaffte es, mich zu bücken und die Kreide in der Hand zu verstecken.
    Das Schicksalsbuch begann zu schmelzen.
    Jegor wankte, krümmte sich, fiel auf die Seite und presste die Knie an die Brust. Rollte sich zu einem kleinen bedauernswerten Bündel ein.
    Der weiße Kreis um die beiden war bereits vom Regen verwischt, und ich konnte zu ihnen gehen. Hockte mich hin und hielt den Jungen bei den Schultern.
    »Du hast nichts hineingeschrieben!«, schrie Geser. »Swetlana, du hast nur etwas gelöscht!«
    Die Zauberin zuckte mit den Achseln. Sie sah mich von oben bis unten an. Der Regen, der nun durch die sich auflösende Barriere brach, hatte ihr weißes Kleid schon durchtränkt und in feinen Mull verwandelt, der ihren Körper nicht mehr verbergen konnte.
    Eben noch war Swetlana eine Opferpriesterin im schneeweißen Gewand, jetzt stand eine klatschnasse junge Frau vor mir, mit hängenden Armen, inmitten eines Sturms.
    »Das war dein Examen«, sagte Geser halblaut. »Du hast deine Chance verpasst.«
    »Lichter Geser, ich will nicht in der Wache dienen«, erwiderte die junge Frau. »Verzeihen Sie mir, Lichter Geser. Aber das ist nicht mein Weg. Nicht mein Schicksal.«
    Geser schüttelte traurig den Kopf. Er sah nicht mehr zu Sebulon hinüber, der ein paar Schritt entfernt neben uns stand.
    »Und das war alles?«, fragte der Dunkle Magier. Sah mich an, Sweta, Jegor. »Ihr habt nichts fertig

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