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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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der jungen Frau hast du einen kühlen Kopf bewahrt. Die Situation stellte einen absoluten Sonderfall dar, doch du hast eine sehr humane Entscheidung getroffen … und damit Zeit für uns herausgeschlagen. Und der Abdruck ihrer Aura ist vorzüglich. Wo ich sie suchen muss, war mir danach von Anfang an klar.«
    Das haute mich um. Niemand lächelte, schmunzelte oder schaute mich grinsend an. Trotzdem fühlte ich mich verarscht. Die Schnee-Eule, die niemand sah, zuckte auf meiner Schulter zusammen. Ich saugte die Luft des Zwielichts ein, kalte, geschmacksneutrale Unluft.
    »Boris Ignatjewitsch, warum wurde ich dann auf die Ringlinie geschickt?«, fragte ich. »Wenn Sie den richtigen Bezirk doch ohnehin schon kannten?«
    »Ich hätte mich irren können«, erwiderte der Chef mit leichtem Erstaunen. »Lass es dir noch einmal gesagt sein: Bei einer Fahndung darf man selbst der Meinung einer noch so gewichtigten Obrigkeit nicht blind vertrauen. Selbst ist der Mann, wenn er weiß, dass er allein ist.«
    »Aber ich war nicht allein«, sagte ich leise. »Und für meine Partnerin ist diese Aufgabe extrem wichtig, das wissen Sie besser als ich. Wenn Sie uns losschicken, um Viertel zu überprüfen, bei denen eh klar ist, dass da nichts zu finden ist … nehmen Sie ihr die Chance, sich zu rehabilitieren.«
    Das Gesicht des Chefs kann völlig ausdruckslos sein, man liest nichts darin, wenn er es nicht will.
    Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
    »Eure Aufgabe ist noch nicht erledigt«, antwortete er. »Anton, Olga … es bleibt immer noch die Vampirin, die unschädlich gemacht werden muss. Niemand hat das Recht, uns daran zu hindern, denn sie hat gegen den Vertrag verstoßen. Es bleibt der Junge, der sich gegenüber der Magie ganz außergewöhnlich resistent gezeigt hat. Man muss ihn finden und auf die Seite des Lichts ziehen. An die Arbeit.«
    »Und die Frau?«
    »Ist bereits geortet. Jetzt versuchen unsere Spezialisten den Strudel zu neutralisieren. Wenn das nicht glückt – wovon auszugehen ist –, müssen wir herausbekommen, wer sie mit dem Fluch belegt hat. Ignat, das ist deine Aufgabe!«
    Ich drehte mich um – in der Tat, Ignat stand bereits neben uns. Ein groß gewachsener, gut gebauter blonder Schönling mit der Figur Apolls und dem Gesicht eines Kinostars. Er vermochte sich völlig lautlos zu bewegen, was ihn in der normalen Realität jedoch keinesfalls vor unangebrachter Aufmerksamkeit seitens des weiblichen Geschlechts schützte.
    Vor absolut unangebrachter Aufmerksamkeit.
    »Das ist nicht mein Profil«, beklagte sich Ignat bitter. »Diese Orientierung ist mir nicht sonderlich sympathisch!«
    »Mit wem du schläfst, kannst du dir in deiner Freizeit aussuchen«, fuhr der Chef ihn an. »Bei der Arbeit entscheide ich alles für dich. Sogar, wann du aufs Klo gehst.«
    Ignat zuckte mit den Achseln. Während er mich mit einem Mitleid heischenden Blick ansah, brummelte er: »Das ist Diskriminierung …«
    »Du bist hier nicht in den Staaten«, meinte der Chef, wobei seine Stimme gefährlich freundlich klang. »Ja, das ist Diskriminierung. Den geeignetsten Mitarbeiter einzusetzen, ohne seine persönlichen Neigungen zu berücksichtigen.«
    »Vielleicht kann ich die Aufgabe übernehmen?«, fragte Garik kaum hörbar.
    Sofort entspannte sich die Atmosphäre. Dass Garik in amourösen Angelegenheiten nie Glück hatte, war ein offenes Geheimnis. Jemand lachte.
    »Igor, Garik, ihr beide sucht weiter nach der Vampirin.« Der Chef betonte die Worte so, als habe er Gariks Vorschlag ernsthaft in Erwägung gezogen. »Sie braucht Blut. Sie wurde im letzten Moment aufgehalten, jetzt wird sie vor Hunger und Anspannung verrückt. Wir müssen jeden Moment mit neuen Opfern rechnen! Anton, du machst dich zusammen mit Olga auf die Suche nach dem Jungen.«
    Schon verstanden.
    Ich kriegte mal wieder die dümmste und läppischste Aufgabe.
    Der Stadt drohte ein Inferno, in Moskau irrte eine junge, wilde und hungrige Vampirin herum! Und ich sollte irgendeinen Bengel suchen, der möglicherweise über starke magische Fähigkeiten verfügte!
    »Kann ich mit der Ausführung beginnen?«, fragte ich.
    »Natürlich.« Der Chef ignorierte die mitschwingende Unbotmäßigkeit. »Ausführen.«
    Ich drehte mich um und trat – meinen Protest nicht verhehlend – aus dem Zwielicht heraus. Die Welt zuckte zusammen, gewann Farben und Töne zurück. Jetzt stand ich wie der letzte Idiot mitten in der Grünanlage. Für einen

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