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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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‚Gloomy-water’heißt; er hat also einen Namen.“
    „Nun? Weiter! Ich verstehe Euch noch nicht ganz.“
    „Wer einen Namen hat, muß ihn doch von jemand bekommen haben. Nicht?“
    „Allerdings.“
    „Es muß also einen Menschen geben, von welchem Euer Ort seinen Namen erhalten hat, und dieser Mensch muß dort gewesen sein. Warum hat man nichts davon gehört? Er muß das Petroleum doch ebensogut bemerkt haben, wie Ihr es gesehen habt.“
    Dieses Argument brachte den Ölprinzen in Verlegenheit; trotz seiner Verschlagenheit fiel ihm nicht sogleich eine Antwort ein, mit welcher er sich heraushelfen konnte; er füllte die kurze Pause, welche dadurch eintrat, durch ein halblautes Lachen aus, das überlegen klingen sollte. Zum Glück für ihn wurde es durch seinen Stiefbruder Buttler unterbrochen: „Mr. Rollins, Ihr glaubt jedenfalls, eine recht geistreiche Bemerkung gemacht zu haben. Nicht?“
    „Geistreich?“ antwortete der Gefragte. „Nein, das denke ich keineswegs; aber sachlich war sie jedenfalls. Der Ort hat einen Namen, also muß unbedingt jemand, der ihm denselben gegeben hat, vor Mr. Grinley dort gewesen sein. Und da man diesen Namen kennt, muß dieser Jemand viel und oft von dem Ort gesprochen haben. Warum hat er nicht auch vom Petroleum erzählt, welches er doch unbedingt entdeckt haben muß. Und wenn er es entdeckt hat, so wird es ihm nicht eingefallen sein, von diesem Ort zu sprechen, sondern er muß um seines eigenen Vorteils willen darüber geschwiegen haben. Ihr seht also, es gibt hier gewisse Widersprüche, denen ich meine Aufmerksamkeit unbedingt schenken muß.“
    „Tut das immerhin; aber laßt Euch dabei sagen, daß diese Widersprüche nur scheinbar sind.“
    „Könnt Ihr sie etwa lösen und erklären?“
    „Nichts leichter als das!“
    „Nun?“
    „Sonderbar, höchst sonderbar, daß man Euch das erst sagen muß, daß Ihr nicht selbst darauf kommt! Der Jemand, von welchem Ihr redet, ist eben hier unser Mr. Grinley, der Ölprinz, gewesen.“
    „Ah!“ machte jetzt der Bankier verwundert.
    „Ja, er ist es gewesen, und er hat dem Ort den Namen ‚Gloomy-water’gegeben, weil –“
    „Weil“, fiel der Ölprinz schnell ein, „die Örtlichkeit eine düstere ist und weil das Wasser eine fast schwarze Farbe hat.“
    Er war nun außerordentlich froh, von Buttler aus seiner Verlegenheit erlöst worden zu sein und warf ihm einen dankbaren Blick zu, welchen dieser mit einem mißbilligenden, leisen Kopfschütteln beantwortete. Weder dieser Blick noch dieses Kopfschütteln wurden von Rollins oder Baumgarten bemerkt. Der Ölprinz schien die Lust, das Gespräch fortzusetzen, verloren zu haben; er stand auf und entfernte sich mit der Bemerkung, daß er noch Holz für das Feuer sammeln wolle.
    Nun war es Zeit für Old Shatterhand und Winnetou, sich zurückzuziehen, weil sie, wenn sie noch länger blieben, von Grinley ganz gewiß entdeckt werden mußten. Zum Glück für sie entfernte er sich bachaufwärts und ohne einen Blick nach der Seite zu werfen, wo sie lagen. Wäre sein Auge nach dieser Richtung gefallen, er hätte sie unbedingt sehen müssen.
    Er hatte mit dem Rücken nach ihnen gesessen und die Baumstämme und Sträucher hatten sich zwischen ihm und ihnen befunden; aus diesem Grund hatten sie sein Gesicht nicht sehen können. Aber als er jetzt aufstand, um fortzugehen, mußte er eine Wendung machen, infolge deren sie seine Züge auf das deutlichste erkannten. Sie krochen zurück, in den Wald hinein, bis der Schein des Feuers sie nicht mehr treffen konnte; dann richteten sie sich auf und kehrten nach der Stelle zurück, an welcher sie ihre Pferde versteckt hatten.
    Andre Personen hätten nun nichts Eiligeres zu tun gehabt, als sich ihre Bemerkungen über das Gehörte und Gesehene mitzuteilen; diese beiden berühmten Westmänner aber waren aus einem andern Stoff gemacht. Sie verstanden sich auch ohne Worte und pflegten nur dann zu reden, wenn die Zeit dazu gekommen war.
    Winnetou zog sein Pferd aus dem Gebüsch heraus und schritt, es an dem Zügel hinter sich herführend, in den Wald hinein. Old Shatterhand folgte ihm mit dem seinigen, ohne zu fragen, warum der Apache diesen bequemen Ort verließ und den finstern Wald aufsuchte, wo bei der gegenwärtigen abendlichen Dunkelheit mit den Pferden so schlecht fortzukommen war. Er kannte den Grund und hätte, wenn er allein gewesen wäre, genauso wie Winnetou gehandelt.
    Da, wo die Pferde gesteckt hatten, gab es Gras für dieselben und auch Wasser,

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