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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in den Bund getreten. Das hat der Ölprinz gemerkt und sich ihrer dadurch erledigt, daß er Ka Maku auf irgendeine Weise veranlaßte, den ganzen Zug gefangen zu nehmen und dann aber die Betreffenden entkommen zu lassen.“
    „Mein Bruder Old Shatterhand spricht meine eigenen Gedanken aus. Wann meint er, daß wir zur Befreiung der Gefangenen von hier aufbrechen werden? Jetzt?“
    „Nein; das ist ja sicher auch deine Absicht nicht. Reiten wir jetzt schon fort, so kämen wir am Tage beim Pueblo an und würden leicht entdeckt. Was wir vorhaben, kann nur des Nachts ausgeführt werden. Wenn wir morgen früh von hier fortreiten, kommen wir zeitig genug dort an.“
    „Winnetou stimmt bei. Wir werden kurz vor Abend in der Nähe des Pueblo sein, um, bevor es dunkel wird, unsre Augen auf dasselbe zu richten.“
    „Ja, um zu rekognoszieren. Durch mein Fernrohr können wir alles sehen, ohne uns so weit nähern zu müssen, daß wir Gefahr laufen, entdeckt zu werden. Löschen wir jetzt das Feuer aus!“
    Während Old Shatterhand die Flamme mit Wasser aus der Quelle löschte, machte Winnetou noch einmal die Runde, um sich zu überzeugen, daß sie ohne Besorgnis schlafen konnten; dann streckten sie sich nebeneinander zur nächtlichen Ruhe im weichen Gras aus. Sie hielten es nicht für nötig, abwechselnd zu wachen; sie konnten sich auf ihr gutes Gehör und auf ihre Pferde verlassen, welche gewohnt waren, die Annäherung von Menschen oder Tieren durch Schnauben zu verraten.
    Am andern Morgen früh erwacht, ließen sie vor allen Dingen die Pferde tüchtig trinken, weil vorauszusehen war, daß dieselben wohl länger als einen Tag kein Wasser bekommen würden, denn am Pueblo konnten sie nicht getränkt werden, weil die Bewohner desselben jetzt als Gegner zu betrachten waren. Die beiden so verschiedenfarbigen und doch so innigen Freunde genossen einen Teil des gestern abend übriggebliebenen Fleisches, sattelten dann und ritten mutig dem Tag entgegen, dessen Abend für sie ein sehr schwieriger zu werden versprach.
    Von ihrem Lagerplatz bis zum Pueblo war es ein guter Tagesritt, ihre vortrefflichen Pferde aber brauchten sie gar nicht anzustrengen, um schon lange vor Abend an Ort und Stelle zu sein. Sie kannten die Gegend so genau, wie sie dem Ölprinzen bekannt gewesen war. Da dieser die gerade Richtung eingeschlagen hatte und sie dasselbe taten, fiel ihr Weg mit dem seinigen zusammen. Die Fährte, welche er mit seinen vier Begleitern gestern zurückgelassen hatte, war für gewöhnliche Westmänner nicht zu sehen, für ihre scharfen Augen aber doch von Zeit zu Zeit zu erkennen. Sie ritten während des ganzen Vormittags und machten erst um die Mittagszeit einen Halt, um ihre Pferde ruhen zu lassen. Es war bis dahin nur davon die Rede gewesen, was sie seit ihrer letzten Trennung erlebt hatten; über ihr heutiges Vorhaben hatten sie nichts erwähnt. Jetzt aber, während sie ruhten, sagte Winnetou: „Mein Bruder sieht ein, daß wir uns nicht getäuscht haben: Ka Maku hat mit dem Ölprinzen im Bunde gestanden.“
    „Jawohl“, nickte Old Shatterhand. „Wäre das nicht der Fall, so hätte der Häuptling die Flüchtigen verfolgt, und wir wären ihm entweder begegnet oder müßten seine Fährte sehen. Und wie wir uns hier nicht geirrt haben, werden wir uns auch in Beziehung auf das übrige nicht täuschen.“
    Dann ging es weiter, bis sie am Nachmittag so weit gekommen waren, daß sie bis zum Pueblo nur noch eine Stunde zu reiten hatten. Nun galt es, vorsichtig zu sein, wenn sie sich nicht sehen lassen wollten. Sie stiegen also abermals ab, um noch einige Zeit verstreichen zu lassen, da sie sich dem Pueblo erst kurz vor Abend nähern wollten.
    Die Gegend, in welcher sie sich befanden, war eben und sandig. Diese Ebene zog sich als immer schmaler werdende, unfruchtbare Zunge in die Mogollonberge hinein. Hier und da sah man einen einzigen Felsblock liegen. Sie hatten aus Berechnung sich hinter einen solchen Block niedergesetzt, hinter dessen Ecke hervor sie südwärts blicken konnten, wo das Pueblo lag. Jemand, der von dorther kam, konnte sie und auch ihre Pferde nicht sehen.
    Sie hatten noch nicht lange dagesessen, so deutete Winnetou nach rechts hinüber und rief überrascht aus: „Teshi, tlao tchate!“
    Diese drei Worte der Apachensprache bedeuten: ‚Schau, viele Rehe‘ oder ‚schau, ein Rudel Rehe!‘ Es sind aber nicht wirkliche Rehe gemeint, sondern eine Art der amerikanischen Antilope, welche in Arizona äußerst selten vorkommt.

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