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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einem zum andern, ohne die Grobheit, welche er anzuhören bekam, in gleicher Weise zu beantworten, nickte dann leise vor sich hin und sagte, indem er auf den Bankier und den Buchhalter deutete, in ruhigem Ton: „Ich möchte behaupten, daß wenigstens diese beiden Männer noch nicht viel Blut haben fließen sehen. Wenn Ihr so klug seid, daß Ihr keines Rates bedürft, so will ich wenigstens sie auffordern, vorsichtig zu sein. Vielleicht wissen sie gar nicht, was sie tun und wagen. Es steckt doch kein vernünftiger Mensch den Kopf in eine Presse, welche soeben zugeschraubt werden soll!“
    Diese ernsten Worte hatten den Erfolg, daß der Bankier sich erkundigte: „Was wollt Ihr sagen, Sir? Welche Presse meint Ihr?“
    „Die, welche sich da hinter mir am Chelly befindet. Ihr scheint schnurstracks in dieselbe hineinreiten zu wollen. Kehrt um, Mesch'schurs sonst geratet ihr zwischen die Skalpmesser der beiden Stämme, die einander abschlachten wollen, und was da von euch übrig bleiben wird, das können die Geier und Präriewölfe fressen. Hört auf mich, ich meine es gut mit euch!“
    Ein Blick in sein offenes Gesicht, in seine ehrlichen Augen genügte zu der Überzeugung, daß er die Wahrheit redete. Dann fragte Rollins: „Meint Ihr wirklich, daß die Gefahr so groß ist?“
    „Ja, das meine ich. Habe heut früh Spuren gesehen, welche mir zeigten, daß sich die Kundschafter schon gegenseitig beschleichen. Das ist stets etwas, was sich jeder kluge Mann zur Warnung dienen läßt. Müßt ihr denn unbedingt und gerade jetzt nach dieser Gegend? Könnt ihr diesen unvorsichtigen Ritt nicht aufschieben bis auf bessere, friedlichere Zeiten?“
    „Hm, das könnten wir tun. Wenn Ihr behauptet, daß die Gefahr so groß ist, so halte ich es allerdings für besser –“
    „Nichts da!“ fiel ihm der Ölprinz in die Rede. „Kennt Ihr diesen Mann hier? Wollt Ihr ihm mehr glauben und vertrauen als uns? Wenn er sich vor einer Spur im Gras fürchtet, so ist das seine Sache, aber nicht die unsrige.“
    „Aber Kuriere pflegen erfahrene Leute zu sein; er scheint die Wahrheit zu sprechen, und wenn es sich ums Leben, also um alles handelt, so ist es nicht geraten, tollkühn zu sein. Ob unser Geschäft heut oder einige Tage später zustande kommt, das macht wohl keinen Unterschied.“
    „Es macht einen! Ich habe keine Lust, mich ewig hier herumzudrücken, Sir.“
    „Ah, es handelt sich um ein Geschäft!“ lächelte der Kurier. „Well, da gehöre ich nicht dazu. Habe meine Pflicht getan und euch gewarnt; mehr kann man nicht von mir verlangen.“
    Bei diesen Worten ergriff er die Zügel, um sein Pony wieder in Bewegung zu setzen.
    „Wir verlangen gar nicht mehr“, fuhr ihn der Ölprinz an. „Wir haben überhaupt gar nichts von Euch verlangt, und Ihr konntet also Eure Meinung recht gut für Euch behalten. Macht Euch fort von uns!“
    Der Kurier ließ sich auch durch dieses Verhalten nicht aus der Fassung bringen, sondern antwortete im Ton eines Lehrers, der seinem Schüler eine Ermahnung gibt: „So ein Grobian wie Ihr ist mir noch nicht vorgekommen; es reiten doch recht verschiedene Menschen im Westen hin und her!“
    Und sich an den Bankier wendend, fuhr er fort: „Ehe ich dem Befehl dieses großmächtigen Gentleman Gehorsam leiste und mich ‚fort von Euch mache‘, muß ich Euch noch eins sagen, nämlich: Wenn es sich in dieser Gegend um ein Geschäft handelt, so ist es allemal ein gefährliches, auch in ganz gewöhnlichen, friedlichen Zeiten; wenn es aber selbst unter den gegenwärtigen Verhältnissen keinen Aufschub erleiden darf, so ist es nicht bloß ein gefährliches, sondern geradezu ein verdächtiges. Nehmt Euch also in acht, Sir, daß es Euch dabei nicht an Kopf und Kragen geht!“
    Er wollte fort; da zog der Ölprinz sein Messer und schrie ihn an: „Das war eine Beleidigung, Mensch! Soll ich dir diesen spitzen Stahl zwischen die Rippen geben? Sag noch ein einziges Wort, so tue ich es!“
    Da blitzten aber auch schon die Läufe zweier Revolver in den Händen des Kuriers und noch mehr blitzten seine Augen, als er ihm, verächtlich lachend, antwortete: „Versuch's doch einmal, my boy!Tu augenblicklich das Messer fort, sonst schieße ich! Hier sind zwölf Kugeln, Mesch'schurs. Wer von euch nur die bloße Hand gegen mich bewegt, dem schieße ich ein Loch durch seine arme Seele. Also fort mit dem Messer, Mensch! Ich zähl bis drei! Eins – zwei –“
    Es war ihm anzusehen, daß es ihm ernst war, seine Drohung wahr zu

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