10 - Der Ölprinz
sehen.“
„Das kann gar nicht stattfinden“, meinte Buttler.
„Gar wohl, wenn ihr nicht vorsichtig seid.“
„Nein, denn wenn uns etwas passierte, würden und könnten wir euch nicht entgegenkommen, und daraus müßtest du doch ersehen, daß die Sache nicht in Ordnung ist.“
„Das ist richtig. In diesem Fall würde ich mich dann hüten, die beiden nach dem See zu führen.“
„Was würdet ihr dann tun?“
„Natürlich nach euch forschen, um euch beizustehen, wenn es nötig ist.“
„Das hoffen wir. Du bist uns nötig, grad ebenso, wie wir dir nötig sind. Keiner darf den andern sitzenlassen. Nun aber wollen wir wieder zum Lager zurück. Die beiden könnten, wenn einer von ihnen aufwacht und uns vermißt, Verdacht schöpfen.“
Als sie zu Rollins und Baumgarten kamen, fanden sie, daß diese noch fest schliefen, und ließen sich leise bei ihnen nieder. Die Nacht verging ohne Störung, und als der Morgen anbrach, traten Buttler und Poller ihren Tagemarsch an.
Rollins und Baumgarten hatten geglaubt, daß diese zwei nur eine gewisse Strecke voranzureiten und sie ihnen dann zu folgen hätten, doch der Ölprinz belehrte sie eines andern: „Das würde unklug und unzulänglich sein. Sie gehen als Späher, haben sich also überall umzusehen und müssen langsam reiten; wir würden sie also bald einholen und wären gezwungen, wieder und wieder zurückzubleiben. Da ist es doch entschieden besser, daß wir ihnen Zeit lassen, den ganzen Weg zu machen und den Weg in einem ununterbrochenen Ritt auszukundschaften.“
„Und wann folgen wir?“
„Morgen früh.“
„So spät!“
„Es ist das nicht zu spät. Ihr habt ja selbst verlangt, daß keine Vorsicht versäumt werden möge. Treffen die beiden unterwegs Feinde, so kehren sie zurück, um es uns zu melden. Kommen sie bis heute abend nicht wieder, so ist das ein sicheres Zeichen, daß wir nichts zu befürchten haben, denn es ist ihnen nichts aufgestoßen. Dann können wir morgen, nachdem unsre Pferde sich heute gut ausgeruht haben, die Strecke bis zum Ziel mit doppelter Schnelligkeit zurücklegen.“
Das leuchtete ihnen ein, da sie keine Erfahrungen besaßen und also Grinley, ohne ihn zu kritisieren, für alles sorgen ließen.
Der Tag verging, und es wurde Abend, ohne daß Buttler und Poller zurückkehrten, was die drei Zurückgebliebenen in eine heitere, zuversichtliche Stimmung versetzte. Der Bankier konnte während der ganzen Nacht nicht einen Augenblick lang schlafen; er befand sich in fieberhafter Aufregung. Also morgen, morgen war der große Tag, an dem er das größte und bedeutendste Geschäft seines Lebens abzuschließen hatte, ein so glänzendes Geschäft, wie es ihm in keinem Traum vorgekommen war! Ölprinz sollte er werden, Besitzer einer unerschöpflichen Petroleumquelle! Sein Name sollte neben den Namen der größten Millionäre genannt werden; ja, er würde wohl in kurzer Zeit zu den berühmten sogenannten ‚Vierhundert‘ von New York gehören! Das ließ ihm keine Ruhe. Er hatte, als der Tag graute, wohl kaum einen Versuch gemacht, die Augen zu schließen, und weckte Grinley und Baumgarten, um sie zum Aufbruch zu mahnen.
Sie waren gern bereit dazu, und als die Sonne am Horizont erschien, hatten sie mit ihren ausgeruhten Pferden schon einige Meilen zurückgelegt.
Die Gegend, durch welche sie kamen, war bergig; die Höhen trugen dichte Wälder, und die Täler hatten sich mit saftigem Gras geschmückt. In den letzteren fanden sie von Zeit zu Zeit die Fährte ihrer vorangerittenen Gefährten. Es wurde Mittag, wo den Pferden eine Ruhestunde gegönnt werden mußte.
„Wir werden bald einen dazu passenden Ort finden“, sagte der Ölprinz, „einen tiefen Talkessel, dessen Sohle die Sonne auf der südlichen Seite nicht treffen kann. Dort ist es kühl. In einer Viertelstunde sind wir dort.“
Sie befanden sich jetzt auf einer ziemlich steil ansteigenden Lehne; als sie dieselbe hinter sich hatten, senkte sich das mit Nadelbäumen bestandene Terrain so schnell abwärts, daß sie absteigen und ihre Pferde führen mußten, um sie zu schonen.
„Nun noch zweihundert Schritte“, sagte Grinley, „dann seht ihr das Tal gerade vor euch liegen. Es ist nicht groß, und mitten in demselben liegt ein riesiger Felsblock, neben welchem eine mehrhundertjährige Blutbuche steht.“
Als sie diese Entfernung zurückgelegt hatten, blieben seine Begleiter halten, ganz überrascht von dem Anblick, welcher sich ihnen bot. Gerade vor ihren Füßen senkte sich das
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