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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kundschaftern durchspäht werden mußte.
    Die Gefährlichkeit dieser Gegend betraf nicht etwa nur die Indianer, sondern auch die Weißen, denn die Erfahrung lehrt, daß, sobald Rote gegeneinander kämpfen, die Bleichgesichter von beiden Seiten als Feinde betrachtet werden. Sie befinden sich dann, um ein Bild zu gebrauchen, wie zwischen den Klingen einer Schere, welche in jedem Augenblick sich zusammenziehen können.
    Die ‚Gloomy-water’,nach welchem der Ölprinz wollte, lag am Chellyfluß. Grinley kannte die Gefahr, welche jeden Weißen, der gerade jetzt dorthin wollte, erwartete, glaubte aber, den Ritt doch riskieren zu können, weil er bisher von Angehörigen beider Stämme nie feindlich behandelt worden war. Vielleicht hätte er trotzdem davon abgesehen, wenn er nicht durch die Zeit und die Verhältnisse dazu gedrängt worden wäre. Wenn er seinen Zweck erreichen wollte, mußte er sich beeilen; er durfte den Bankier weder zur Besinnung kommen, noch irgendwelchen Umstand eintreten lassen, durch den dieser etwa gewarnt werden konnte.
    Was Rollins und seinen Buchhalter betrifft, so hatten diese zwar gehört, daß ein Bruch zwischen Nijoras und Navajos stattgefunden habe, besaßen aber nicht die nötigen Erfahrungen und Kenntnisse, um zu wissen, was auch ihnen dadurch drohte. Und der Ölprinz hütete sich gar wohl, sie darüber aufzuklären.
    Die fünf Männer befanden sich vielleicht noch einen Tagesritt von Chelly entfernt, als sie, über eine offene, grasige Prärie reitend, welche zuweilen durch Buschwerk unterbrochen wurde, sich plötzlich einem Reiter gegenüber sahen, den sie nicht eher hatten bemerken können, weil sich ein solches Gesträuch zwischen ihm und ihnen befunden hatte. Er war ein Weißer, hatte ein Felleisen hinter sich aufgeschnallt und ritt einen kräftigen indianischen Pony, welchem man es aber ansah, daß er tüchtig angestrengt worden war. Beide Teile blieben überrascht voreinander halten.
    „Hallo!“ rief der Fremde. „Das hätten Rote sein sollen!“
    „Dann wäre es um Euren Skalp geschehen gewesen“, antwortete der Ölprinz, wobei er ein erzwungenes Lachen hören ließ, um seine eigene Verlegenheit zu verbergen, denn auch er war über das so unerwartete Zusammentreffen erschrocken.
    „Oder um die eurigen“, entgegnete der andere. „Bin nicht der Mann, der sich seine Kopfhaut so leicht über die Ohren ziehen läßt.“
    „Auch nicht, wenn fünf gegen einen stehen?“
    „Auch dann nicht, wenn es Rote sind. Hab noch mehr gegen mich gehabt und meinen Skalp dennoch behalten.“
    „So möchte man Respekt vor Euch haben, Sir. Darf man vielleicht wissen, wer Ihr seid?“
    „Warum nicht? Brauche mich nicht zu schämen, es zu sagen.“ Und auf das Felleisen hinter sich deutend, erklärte er: „Wundere mich eigentlich über Eure Frage. Ihr scheint keine rechten Westleute zu sein. Müßtet es doch diesem Ding da ansehen, daß ich Kurier bin.“
    Er war also einer jener kühnen Männer, welche ihr Felleisen mit Briefen und ähnlichen Dingen gefüllt, auf ihren schnellen Pferden furchtlos über die Prärien und Felsengebirge ritten. Jetzt freilich trifft man keinen solchen Kurier mehr an.
    „Ob wir Westmänner sind oder nicht, geht Euch nichts an“, gab ihm der Ölprinz zurück. „Euer Felleisen habe ich freilich gesehen, aber ich weiß, daß durch diese Gegend hier noch niemals ein Kurier gekommen ist. Diese Leute pflegen sich doch stets auf der Albuquerque-San-Franzisco-Straße zu halten. Warum seid Ihr von dieser abgewichen?“
    Der Mann richtete seine klugen Augen halb verächtlich auf den Fragesteller und antwortete: „Bin eigentlich nicht verpflichtet, Euch Auskunft zu geben, und habe auch keine Lust, es zu tun, aber da ich sehe, daß Ihr im Begriff steht, ganz ahnungslos in Euer Verderben zu rennen, sollt Ihr erfahren, daß ich wegen der Navajos und Nijoras von meiner Richtung abgewichen bin. Sie hätte mich gerade durch die Gegend geführt, die ein kluger Mann jetzt am liebsten den Roten überläßt, nämlich durch das Gebiet am Chellyfluß. Wißt Ihr denn nicht, wer sich gerade jetzt dort in den Haaren liegt?“
    „Meint Ihr vielleicht der einzige Kluge zu sein, den es hier im Westen gibt?“
    Der Ölprinz hätte wohl besser getan, höflich zu sein, aber der Schreck über die plötzliche Begegnung hatte ihn zornig gemacht, und diesem einzelnen Mann gegenüber hielt er es nicht für nötig, das ihm eigene rücksichtslose Wesen zu verleugnen. Der Kurier blickte prüfend von

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