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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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machen; darum ließ es Grinley wohlweislich nicht bis zu Drei kommen, sondern steckte sein Messer ein, ehe es ausgesprochen wurde.
    „So ist's richtig!“ lachte der Kurier. „Ich wollte Euch auch nicht geraten haben, es darauf ankommen zu lassen. Für heut ist's genug; aber sollten wir uns vielleicht noch einmal begegnen, so werdet Ihr noch viel mehr von mir lernen!“
    Nun ritt er fort und hielt es nicht der Mühe wert, sich einmal umzusehen. Grinley griff nach seinem Gewehr, um es auf ihn zu richten; da legte der Buchhalter ihm die Hand auf den Arm und sagte in beinahe strengem Ton: „Macht keine weiteren Dummheiten, Sir! Wollt Ihr den Mann erschießen?“
    „Keine weiteren Dummheiten?“ wiederholte der Ölprinz Baumgartens Worte. „Habe ich denn schon welche gemacht?“
    „Allerdings!“
    „Wieso?“
    „Eure Grobheit, Euer ganzes Verhalten war eine. Der Mann meinte es offenbar gut mit uns, und ich kann wirklich keinen Grund ersehen, der Euch veranlassen konnte, ihn in solcher Weise zu behandeln!“
    Grinley wollte ihm eine zornige Antwort geben, besann sich aber eines andern und erwiderte: „Bin ich grob gegen ihn gewesen, so seid Ihr es jetzt gegen mich; lassen wir das sich gegenseitig aufheben. Der Kerl war, indem er Euch warnte, ein Hasenfuß.“
    „Aber als Ihr mit dem Messer an ihn wolltet, benahm er sich gar nicht wie ein solcher, sondern Ihr waret es, der beigeben mußte!“
    „Das ist gar keine Schande. Der Teufel mag ruhig zusehen, wenn ihm zwei sechsfach geladene Läufe auf die Brust gerichtet werden! Doch genug hiervon; reiten wir weiter!“
    Buttler und Poller hatten sich während dieser ganzen Szene äußerst ruhig verhalten, doch war ihnen anzusehen, daß sie sich über das Erscheinen und Verhalten des Kuriers, besonders über seine Warnungen, nicht wenig ärgerten. Sie warfen im Weiterreiten ebenso wie der Ölprinz besorgt forschende Blicke auf Rollins und Baumgarten, um an ihren Mienen abzulesen, welchen Eindruck diese Warnungen gemacht hatten.
    Die Stimmung war eine ganz andre als vorher; es wurde nicht gesprochen und jeder schien mit seinen Gedanken zu tun zu haben, bis nach einiger Zeit die Sonne verschwand und ein zum Nachtlager passender Ort gefunden wurde. Um ein Abendessen brauchten sie nicht zu sorgen, weil der Ölprinz auf dem Pueblo hinreichend mit Proviant versehen worden war. Sie verzehrten es schweigend, und erst als es dunkel geworden war, fiel das erste Wort aus Baumgartens Mund: „Brennen wir Feuer an?“
    „Nein“, antwortete Grinley.
    „Also seid Ihr doch auch besorgt von wegen der Indianer?“
    „Besorgt? Nein! Ich kenne diese Gegend und die Roten, die es in derselben gibt, viel besser als der Kurier, der wohl zum ersten Mal hierhergekommen ist. Von Sorge oder gar Angst kann keine Rede sein, doch braucht die Vorsicht immerhin nicht vernachlässigt zu werden. Wenn der Mann Spuren gesehen hat, so ist es nicht notwendig, daß sie gerade von Kundschaftern herrühren. Dennoch wollen wir lieber kein Feuer machen. Ihr sollt mir später nicht den Vorwurf machen, etwas unterlassen zu haben, was zu unserer Sicherheit erforderlich war.“
    „Hm!“ brummte der Bankier nachdenklich. „Ihr seid also überzeugt, daß es die Gefahr nicht gibt, von welcher der Kurier sprach?“
    „Für uns nicht; darauf könnt Ihr Euch verlassen. Um Euch vollständig zu überzeugen und ganz zu beruhigen, will ich, obgleich es ganz und gar nicht nötig ist, ein übriges tun und morgen Poller und Buttler voranschicken.“
    Die beiden Genannten hatten dies erwartet; sie sagten nichts dazu.
    „Warum? Was sollen sie?“ fragte der Bankier.
    „Unsere Eclaireurs machen, also voranreiten, um dafür zu sorgen, daß Ihr nicht in Gefahr kommt. Ihr seht also, daß ich allen Möglichkeiten Rechnung trage, und werdet Euch hoffentlich wieder beruhigt fühlen.“
    „Schön! Wir brechen also morgen früh nicht alle auf?“
    „Nein. Ich bleibe mit Euch und Mr. Baumgarten hier. Nur Buttler und Poller reiten fort. Sie werden scharf aufpassen und, falls sie eine Gefahr für uns entdecken, sofort zurückkehren, um uns zu warnen.“
    „Das beruhigt mich, Mr. Grinley. Dieser Kurier hatte mir doch einigermaßen Angst gemacht.“
    Er ahnte nicht, daß die Veranstaltung, welche ihn beruhigte, ganz den gegenteiligen Zweck hatte, den Betrug vorzubereiten, welchem er zum Opfer fallen sollte.
    Da die beiden Genannten frühzeitig aufbrechen sollten, so wurde das Gespräch nicht fortgesetzt, sondern man legte sich

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