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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gezwungen?“
    „Wir. Wir haben sie ersäuft.“
    „Ihr – habt – sie – ersäuft?“ fragte der Indianer. Er war ein Wilder und fühlte doch einen so großen Abscheu vor einer solchen Tat, daß er die Worte nur in Absätzen herausbrachte. „Ersäuft? Warum?“
    „Zur Strafe. Sie waren unsere Todfeinde.“
    „Und doch befanden sie sich bei euch! Niemand pflegt in Gesellschaft seiner Todfeinde zu reiten.“
    „Wir haben von ihrer Feindschaft nichts gewußt; wir merkten es erst, als wir hier ankamen.“
    „Was hattet ihr ihnen getan?“
    „Nichts. Sie wollten diesen Ölsee allein besitzen und darum uns ermorden. Als wir dies bemerkten, haben wir sie unschädlich gemacht, indem wir sie in das Wasser warfen.“
    „Wehrten sie sich nicht?“
    „Nein. Wir schlugen sie ganz plötzlich mit den Kolben nieder.“
    „Warum sieht man sie nicht?“
    „Weil wir ihnen Steine an die Füße gebunden haben; da sind sie auf den Grund gegangen.“
    Der Rote schwieg eine Weile. Er überlegte, ob es geraten sei, den Angaben Buttlers zu glauben. Dann sagte er: „Ich will glauben, daß du die Wahrheit redest. Aber mir graut vor euch. Ihr habt Söhne eurer eigenen Rasse ersäuft, so wie man räudige Hunde in das Wasser wirft. Ihr habt sie heimlich getötet, ohne mit ihnen zu kämpfen. Ihr seid böse Menschen!“
    „Konnten wir anders handeln? Sollten wir etwa warten, bis sie ihren Plan ausführten und uns hinterrücks niederschössen? Das wollten sie nämlich tun; wir haben sie belauscht.“
    „Wie ihr über diese Sachen denkt, das geht mich nichts an; kein roter Mann ersäuft einen andern Indianer und wenn es sein größter Feind wäre. Seid ihr schon einmal an diesem Wasser gewesen?“
    „Ja, ich“, antwortete der Ölprinz jetzt.
    „Wann?“
    „Vor mehreren Monden.“
    „War schon damals dieses Öl vorhanden?“
    „Ja. Darum ging ich fort, um noch einige Weiße herbeizuholen und es ihnen zu zeigen. Ich wollte mit ihnen eine Gesellschaft zur Gewinnung des Öles gründen. Diese beiden aber wollten uns ermorden, um die alleinigen Besitzer zu sein.“
    „Uff! Vorher hat es hier niemals Öl gegeben. Es muß erst kürzlich aus der Erde hervorgebrochen sein. Aber wie konntet ihr euch als Besitzer des Sees dünken! Er gehört den roten Männern. Die Bleichgesichter sind Räuber, welche zu uns kommen, um uns alles zu nehmen, was uns gehört. Der Tomahawk ist ausgegraben. Wäret ihr daheim geblieben! Indem ihr hierhergekommen seid, seid ihr in den Tod geritten.“
    „In den Tod? Seid ihr ehrliche Krieger oder seid ihr Mörder? Wir haben euch doch nichts getan!“
    „Schweig! Ist nicht Khasti-tine mit seinem Gefährten ermordet worden?“
    „Leider; aber nicht wir sind es, die sie getötet haben.“
    „Ihr waret dabei; ihr hättet die Tat verhüten sollen.“
    „Das war unmöglich. Die beiden Kerle schossen so schnell, daß wir keine Zeit fanden, auch nur ein einziges Wort dagegen zu sagen.“
    „Das rettet euch nicht. Ihr habt euch in der Gesellschaft der Mörder befunden; ihr werdet sterben. Wir werden euch zu unserm Häuptling bringen; da werden die Alten über euch zur Beratung sitzen, welchen Tod ihr zu erleiden habt.“
    „Aber wir haben doch die beiden Mörder bestraft; dafür solltet ihr uns dankbar sein.“
    „Dankbar?“ hohnlachte der Rote. „Meinst du, daß du uns damit einen Dienst erwiesen hast? Es wäre uns lieber, sie lebten noch; da könnten wir uns ihre Skalpe holen und sie am Marterpfahl sterben lassen. Um diese Freude habt ihr uns gebracht. Willst du dich dessen rühmen? Euer Schicksal ist bestimmt; der Tod erwartet euch. Ich habe gesprochen!“
    Er wendete sich ab, zum Zeichen, daß er kein Wort mehr sagen werde. Nun wurden ihnen die Taschen geleert! Die Indianer nahmen alles an sich, was sich in denselben befand. Nur als der Anführer die Anweisung sah, faßte er sie vorsichtig mit den Fingerspitzen an, schob sie wieder in die Tasche Grinleys zurück und sagte: „Das ist Zauberei, ein redendes Papier; kein roter Krieger nimmt ein solches in die Hände, denn es würde später alle seine Gedanken, Worte und Taten verraten.“
    Das war dem Ölprinz natürlich lieb. Er hoffte zu entkommen, das war dann mit der Anweisung natürlich weit besser, als ohne dieselbe.
    Mittlerweile war der Tag so weit vorgeschritten, daß es am See schon dunkel zu werden begann. Die Indianer wären hier über Nacht geblieben, doch trieb sie der Ölgeruch davon. Die Gefangenen wurden auf ihre Pferde gefesselt; dann

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