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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schrill durch den Wald schneidenden Ruf aus und sprang mitten unter die Navajos hinein, um den Betreffenden zu packen. In demselben Augenblick wiederholten seine Krieger das Kriegsgeschrei und warfen sich von allen Seiten auf die Feinde, welche eine solche Überrumpelung für ganz unmöglich gehalten hatten und so überrascht, so erschrocken waren, daß sie für den Augenblick gar nicht an Widerstand dachten. Sie wurden überwältigt, ohne daß auch nur einer von ihnen Zeit fand, nach dem Messer, Gewehr oder Tomahawk zu greifen.
    „Gott sei Dank!“ raunte der Ölprinz seinen beiden Gefährten zu. „Wir sind nun gerettet!“
    „Oder nicht!“ antwortete Poller.
    „Oh, gewiß. Mokaschi hat uns ja schon einmal fortreiten lassen. Aus welchem Grund sollte er uns jetzt festhalten?“
    „Aus gar keinem. Diese roten Halunken fragen eben gar nicht nach Gründen.“
    „Wartet es ab! Ihr werdet sehen, daß ich recht habe.“
    Niemand hatte auf dieses kurze, leise Gespräch geachtet. Die Navajos lagen gebunden auf der Erde; die Nijoras teilten sich in ihre Waffen. Mokaschi stand hoch aufgerichtet am Feuer und gebot: „Die Söhne der Navajos mögen mir sagen, welcher von ihnen ihr Anführer ist!“
    „Ich bin es“, antwortete der älteste.
    „Wie ist dein Name?“
    „Ich werde das ‚Schnelle Roß‘ genannt.“
    „Dieser Name mag zutreffend sein. Auf der Flucht vor dem Feind wirst du noch schneller als der Mustang der Prärie sein.“
    „Mokaschi, der Häuptling der Nijoras, lügt. Noch niemals hat ein Feind meinen Rücken zu sehen bekommen!“
    „Du nennst meinen Namen; also kennst du mich?“
    „Ja, ich habe dich gesehen. Du bist ein kluger und tapferer Krieger. Ich wollte, daß ich mit dir kämpfen dürfte. Dein Skalp würde dann an meinem Gürtel hängen.“
    „Meinen Skalp wird nie ein Feind besitzen, am allerwenigsten einer, wie du bist. Hat der große Geist euch denn ohne Gehirn erschaffen? Wißt ihr nicht, daß die Späher der Nijoras ebenso gegen euch unterwegs sind, wie ihr gegen sie? Welcher Kundschafter geht durch den Wald und über das Gras, ohne sich nach den Spuren seiner Feinde umzusehen? Ein kluger Späher trachtet vor allen Dingen danach, verborgen zu bleiben; ihr aber brennt ein Feuer an, als ob es gerade darauf ankomme, uns herbeizulocken! Ihr werdet freilich nie wieder Gelegenheit haben, solche Fehler zu begehen, denn ihr werdet am Pfahl sterben und vorher so gemartert werden, daß vor Schmerzen eure Stimmen über alle Berge schallen.“
    Da antwortete das ‚Schnelle Roß‘: „Martert uns! Wir werden als Krieger sterben, keinen Laut hören lassen und mit keiner Wimper zucken. Die Krieger der Navajos haben gelernt, die größten Schmerzen zu verachten. Was werdet ihr mit diesen Weißen tun?“
    Als der Ölprinz diese Frage hörte, antwortete er: „Mokaschi, der edle und berühmte Häuptling, wird uns freilassen.“
    Aber dieser edle und berühmte Häuptling fuhr ihn an: „Hund! Wer wurde gefragt, ich oder du? Wie kannst du es wagen, vor mir zu reden, noch ehe ich den Mund geöffnet habe!“
    „Weil ich weiß, daß du das tun wirst, was ich gesagt habe.“
    „Was ich tun werde, wirst du bald erfahren. Einmal habe ich euch ziehen lassen, um euch zu zeigen, daß ich euch verachte; zweimal aber kann dies nicht geschehen. Ihr wart fünf Bleichgesichter. Wo sind die zwei, welche fehlen?“
    „Tot“, antwortete Grinley bedeutend kleinlauter als vorher.
    „Tot? Wer hat sie getötet?“
    „Wir.“
    „Warum?“
    „Weil wir bemerkten, daß sie uns nach dem Leben trachteten. Sie wollten uns heimlich ermorden.“
    Mokaschi zog die Brauen erstaunt empor und rief aus: „Uff! Euch heimlich ermorden? Diese Leute? Wer hat euch diese Lüge gesagt?“
    „Es ist keine Lüge, sondern Wahrheit. Sie sprachen miteinander als sie glaubten, daß wir es nicht hörten; aber ich belauschte sie.“
    „Hund, das ist eine Lüge! Ich habe die Augen, die Gesichter dieser zwei Männer genau betrachtet; sie waren gute und ehrliche Menschen; ihr aber seid Mörder und Diebe, die man ausrotten muß wie wilde und giftige Tiere. Wo befinden sich ihre Leichen? Ich habe sie nicht gesehen.“
    „Im Wasser.“
    „Auch sah ich keine Spur von Blut. Also habt ihr sie nicht vorher getötet, ehe sie in das Wasser geworfen wurden?“
    „Nein.“
    „So sind sie ersäuft worden?“
    „Ja.“
    Es kostete dem Ölprinzen große Anstrengung, dieses Ja auszusprechen. Die Wirkung zeigte sich sofort: Der Häuptling versetzte ihm

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