10 - Der Ölprinz
Krawall los.“
„Wie sollten sie das merken?“
„Off irgend eene Weise. Een Dummer fragt doch immer mehr, als was een Gescheiter beantworten kann! Ich sage ja, daß man vorher nicht wissen kann, was geschieht. So darf zum Beischpiel Ihr Pferd, wenn wir an die Furt kommen, es sich nur in den Kopf setzen, nach links anstatt nach rechts zu loofen, so ist schon alles verraten.“ Der Hobble-Frank hatte es halb ironisch und halb scherzhaft gemeint; aber über das Gesicht des Kantors ging ein Zug hoher Befriedigung und er fragte: „Also nach links anstatt nach rechts? Habe ich das richtig verstanden? Ja?“
Er nickte vergnügt vor sich hin, und der Hobble ahnte nicht, auf was für einen gefährlichen Gedanken er den kampfbegierigen Kantor gebracht hatte. Dieser war nämlich entschlossen, dem ihm so unabsichtlich erteilten Wink zu folgen und in der Furt nach links abzubiegen. Er dachte zwar ein wenig an die Verantwortlichkeit, die er dadurch auf sich lud, doch mehr noch an die Vorteile, die er in künstlerischer Beziehung aus einem Kampf ziehen zu können glaubte. Dabei sagte er sich bei aller Unvorsichtigkeit, daß ihm die denkbar größten Vorwürfe gemacht werden würden, und da kam er auf den Gedanken, es so einzurichten, daß sie ihn nicht allein treffen könnten. Er mußte einen Mitschuldigen oder eine Mitschuldige haben und ersah sich dazu Frau Rosalie aus, weil er hoffte, daß diese energische Frau sich und ihn schon herausbeißen werde. Dann lenkte er während des Rittes sein Pferd neben das ihrige und sagte: „Haben Sie keine Angst vor dem, was nun bald geschehen wird, Frau Ebersbach?“
„Angst?“ antwortete sie. „Vor wem sollte ich denn Angst haben?“
„Vor den Nijoras.“
„I, was Sie nicht denken! Ich habe mein Lebtag vor keener Mannsperson Angst gehabt, und vor diesen roten Affen, da fällt es mir erscht recht nich ein.“
„Aber es wird höchst wahrscheinlich zum Kampf kommen!“
„Das gloobe ich nich; Old Shatterhand hat gesagt, daß es heute ohne Blutvergießen abloofen wird, und wenn der was sagt, da beißt keene Maus keenen Faden davon ab!“
„Aber die Nijoras werden sich hüten, so gutwillig in die Falle zu gehen, welche ihnen gestellt werden soll. Sie wehren sich ganz gewiß, und dann ist es sicher, daß die Kugeln pfeifen werden.“
„So pfeife ich ooch mit. Es ist manchmal gar nich übel, wenn so een bißchen gepfiffen wird.“
„Ich warne Sie, Frau Ebersbach, die Gefahr, der wir entgegengehen, nicht leicht zu nehmen. Seien Sie klug und machen Sie es so, wie ich es machen werde!“
„So? Und wie werden Sie es denn machen?“
„Ich werde abseits gehen.“
„Ah! Sie wollen sich off die grüne Seite schwenken?“
„Ja.“
„Wann denn und wo denn?“
„Wenn wir an das Winterwasser kommen werden. Da reite ich links ab.“
„Aber Sie haben doch gehört, daß wir rechts hinunter nach dem Fluß reiten wollen!“
„Das ist richtig; ich lenke aber nach links, wo die Navajos halten werden. Da bin ich in Sicherheit.“
„In Sicherheet! Sie wollen also Ihren unsterblichen Leichnam in Sicherheit bringen?“
„Ja! Wollen Sie nun mitmachen?“
„Nee, das tue ich nich. Und Sie werden es ooch bleiben lassen!“
„Nein, ich tue es.“
„Das is aber doch ganz gegen den Willen Old Shatterhands!“
„Mag sein! Ich bin ein freier Mann und kann machen, was ich will.“
„Nee, das können Sie nich! Sie sind keen freier Mann. Solange Sie sich bei uns befinden, haben Sie sich nach uns zu richten.“
„Ich werde es dennoch tun!“ sagte er in sehr bestimmtem Ton, weil er sich über die resolute Weise der Frau Rosalie ärgerte. „Nun grad erst recht!“
„Nee, nun grad erscht recht werden Sie es nich tun.“
„Glauben Sie wirklich, daß Sie mir irgend etwas verbieten können, Frau Ebersbach?“
„Ja, das gloobe ich, das gloobe ich sogar sehr!“
„Fällt keinem Menschen ein!“
„Es fällt mir ein, und das ist vollschtändig genug. Ich will nich, daß Sie Ihren Vorsatz ausführen, und nach diesem meinen Willen haben Sie sich zu richten.“
„Oho!“ rief er zornig.
„Oho? Hier wird gar nischt ohot! Wenn Sie nich wollen, wie ich will, so werde ich meinen Worten Nachdruck geben! Was Sie vorhaben, kann uns sehr leicht in Schaden bringen.“
„Möchte wissen, auf welche Weise! Ich habe mir vorgenommen, links zu reiten, und werde meinen Willen durchsetzen.“
„I, was Se nich sagen! Erschtens dürfen Sie überhaupt keenen Willen haben, und zweetens
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