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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht auch ein wenig an demselben hängen solle. Dann siegte aber seine Gutmütigkeit. Er ging, als Rollins seine schmerzhaften Bestrebungen, sich loszureißen, erneuerte, zu ihm hin und löste mit größter Mühe die absichtlich sehr fest geschlungenen Knoten auf. Er glaubte, nun ein freundliches Wort des Dankes zu hören, hatte sich da aber sehr geirrt. Rollins streckte seine Glieder und versetzte dann dem Emeritus einen Faustschlag gegen den Kopf, daß der Getroffene taumelte und dann in ein Gebüsch stürzte; dann band er sein Pferd los, setzte sich auf und ritt davon, nach Westen zu, wo er die Gefährten wußte.
    Der Kantor raffte sich langsam auf, befühlte die getroffene Stelle seines Kopfes und sagte: „Dankbarkeit ist eine seltene Tugend; das weiß ich freilich wohl; aber daß man für seinen guten Willen und für einen solchen Dienst eine solche Kopfnuß erhält, das geht doch eigentlich über die Schnur. Der Mann ist Bankier, will also jedenfalls als gebildeter Mann gelten; aber ich sehe hier wieder einmal ein, daß die wahre und echte Bildung doch nur bei den Jüngern der Kunst zu finden ist. Mein Kopf brummt mir, als wenn zehn Gnadenarien, von lauter zweiten Bässen gesungen, auf einmal drin ertönten! Nun ist er fort. Was soll ich hier allein? Soll ich etwa warten, bis noch andre Spitzbuben kommen, die nachher auch noch mich bestehlen? Nein; da reite ich ihm lieber nach.“
    Er holte sein Pferd auch aus dem Gebüsch, kletterte hinauf und ritt davon, gen Westen, wohin die Fährte der Weißen und der Navajos führte.
    Wie war es aber denn eigentlich gekommen, daß der gute Kantor zurückgelassen und sogar angebunden worden war?
    Zunächst war es wohl kein Wunder, wenn er von allen seinen Gefährten als sogenanntes Schreckenskind betrachtet wurde. Er machte alles verkehrt, brachte Wirrnis in die größte Ordnung und hatte nicht nur der Gesellschaft schon oft die größten Verlegenheiten bereitet, sondern für sie sogar Gefahren heraufbeschworen, denen man nur mit Mühe und Not entkommen war. Sein gestriger Streich, als er des Nachts am Fluß die Stimmen des Orchesters erklingen ließ, hatte glücklicherweise keine üblen Folgen gehabt; aber Old Shatterhand war willens, so etwas nicht wieder vorkommen zu lassen, und hatte ihm darum mit Anbinden gedroht. Diese Strafe war schon früher einmal, und zwar durch Sam Hawkens, über den Emeritus verhängt worden. Man hatte ihn samt seinem Pferd hinten an einen Wagen angebunden.
    Heute früh nun hatte er sich kurz nach dem Aufbruch an den Hobble-Frank gemacht und ihn gefragt: „Herr Franke, Sie wissen wohl genau, wohin wir reiten?“
    „Ja“, antwortete dieser.
    „Ich nicht. Wissen Sie, ich mußte so lange bei den Indianern bleiben, und als ich nachher in unser Lager kam, war die Beratung eigentlich schon vorüber, und auf das, was gesprochen wurde, habe ich in meinem Zorn nicht geachtet. Wenn Sie bedenken, wie man mir mitgespielt hat, werden Sie einsehen, daß ich sehr viel Veranlassung zum Zorn hatte.“
    „Nee, das sehe ich nich ein.“
    „Nicht? Ich habe Sie doch immer für einen verständigen und ernstlich denkenden Menschen gehalten!“
    „Das bin ich ooch, und ich wollte es niemand raten, etwa das Gegenteel zu denken!“
    „Aber da müssen Sie doch einsehen, daß ich gar nichts Unrechtes getan habe!“
    „Nischt Unrechtes? Na, der Ausdruck is eegentlich noch viel zu zahm für das, was Sie getan haben.“
    „Wie, zu zahm? So geben also auch Sie mir unrecht?“
    „Natürlich! Man schtellt sich doch nich des Nachts, wo alle Schtimmen schweigen, mitten in den wilden Westen hinein, um mit allen möglichen musikalischen und fraktionellen Inschtrumenten zu trillern und zu piepen, daß man es schtundenweit hören kann. Das hätte uns alle möglichen Feinde auf den Hals bringen können.“
    „Es waren aber doch keine da!“
    „Das wußten Sie nich. Und die Nijoras, zu denen wir jetzt wollen, konnten ebensogut in unsrer Nähe liegen, wie die Navajos, von denen wir glücklicherweise nichts zu fürchten hatten.“
    „Also gegen die Nijoras geht es jetzt? Das war es, was ich jetzt von Ihnen wissen wollte. Wie es den Anschein hat, sollen sie von uns überfallen werden?“
    „Ja.“
    „Das freut mich sehr; das freut mich ungemein!“
    „Warum?“
    „Danach brauchen Sie doch gar nicht erst zu fragen. Sie wissen doch wohl, daß ich eine zwölf aktige Heldenoper komponieren will!“
    „Ja; es is mir ganz so, als ob Sie schon eenmal von so etwas geschprochen

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