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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Euch also dadurch unschädlich machen, daß ich Eure Waffen zurückbehalte.“
    „Ich protestiere! Das wäre Diebstahl, Raub!“
    „Pshaw! Nennt es, wie Ihr wollt; es wird durchaus nicht anders.“
    Poller wurde von seinen Banden befreit, setzte sich wetternd und schimpfend auf sein Pferd und ritt westwärts davon, um später unbemerkt in die Richtung nach Tucson umzulenken. Dann nachdem der Lieutenant Abschied genommen hatte, machte er sich mit seinen Soldaten und Gefangenen ostwärts auf den Weg. Nun, da die vielen Menschen fort waren und man wieder an den einzelnen denken konnte, bemerkte Sam Hawkens, daß der Kantor fehlte. Schon sollten Boten nach ihm ausgesandt werden, da sah man ihn kommen, langsam und wie zornig gestikulierend, von Westen her. Als er das Lager erreichte, fuhr Sam ihn heftig an: „Wo laufen Sie schon wieder herum? Was haben Sie da draußen zu suchen?“
    „Einen Triumphmarsch“, antwortete der Musikenthusiast, welcher ziemlich echauffiert aussah.
    „Triumphmarsch? Sind Sie toll?“
    „Toll? Wie kommen Sie zu einer so beleidigenden Frage, werter Herr? Wir haben ja gesiegt; wir haben die Feinde gefangengenommen, und darum bin ich fortgegangen, um in der Einsamkeit das Motiv zu einem Sieges- und Einzugsmarsch zu finden.“
    „Dummheit! Sie sollen sich nicht so da draußen herumtreiben; es ist das ein Fehler, den ich nicht dulden darf!“
    „Fehler? Erlauben Sie gütigst! Ein Jünger der Kunst begeht keinen Fehler; den hat vielmehr der Scout begangen.“
    „Der Scout? Wieso?“
    „Ich war eben im schönsten Komponieren, da kam er auf mich zugeritten und nahm mir alle meine Waffen ab; nur den Säbel hier hat er mir gelassen; er könne ihn nicht brauchen.“
    „Donnerwetter!“ fuhr da Sam Hawkens auf. „Dachte es mir doch! Ich schicke den Burschen ohne Waffen fort und Sie laufen extra hinaus ins Weite, um ihm dafür die Ihrigen zu überlassen!“
    „Überlassen! Ist mir nicht eingefallen. Genommen hat er sie mir und mir als Bezahlung zwei – zwei – ich darf es gar nicht sagen, gegeben.“
    „Sagen Sie es nur! Ich muß es wissen.“
    „Deutsch bring' ich es nicht heraus. Lateinisch wird es Colaphus genannt.“
    „ Colaphus ist eine Ohrfeige. Also zwei Ohrfeigen haben Sie von ihm bekommen?“
    „Ja, und was für welche! Fortissimo!“
    „Das war die beste Tat, die dieser Mensch in seinem Leben begangen hat!“
    „Bitte, bitte, wertester Herr Hawkens! Ein Komponist und Musenjünger, dem man zwei so gewaltige Maulschellen gibt, der –“
    „Der hat sie verdient, und auch noch einiges dazu!“ fiel Sam ihm in die Rede. „Ich werde Sie viel, viel schärfer im Auge behalten als bisher. Machen Sie sich jetzt zum Aufbruch fertig; wir fahren weiter!“
    Eine Stunde später setzte sich der Wagenzug in Bewegung. Voran ritt Sam Hawkens, welcher an die Stelle des bisherigen Führers getreten war.
    Buttler war stets entschlossen, den Rat des Scouts zu befolgen; er kannte sonst keinen andern Weg, der zur Rettung führen konnte.
    Also Unwohlsein heucheln! Er hatte dies heute gleich nach seinem Erwachen seinen Leuten mitgeteilt, sie aber gewarnt, damit nicht etwa zu früh zu beginnen, da dies Verdacht erregt hätte. Darum stellte er sich erst dann, als ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt worden war, angegriffen, fuhr sich mit den gefesselten Händen nach dem Kopf und stöhnte dabei. Dem Lieutenant mußte dies auffallen; er erkundigte sich nach der Ursache und erhielt zur Antwort, daß der gestrige Kolbenhieb das Gehirn erschüttert haben müsse. Buttler wurde schwächer und schwächer; er begann im Sattel zu wanken, so daß er rechts und links je einen Kavalleristen bekam, die ihn stützen mußten. Als dieselbe Schwäche sich dann auch noch bei einigen andern Gefangenen zeigte, wurde der Offizier besorgt und gab den Befehl zu halten und abzusitzen. Natürlich stiegen die Soldaten zuerst ab, um dann den Finders die Riemen, mit denen sie an die Pferde befestigt waren, von den Beinen zu nehmen. Buttler war der erste, mit dem dies geschah; er wurde vom Pferd gehoben und sank sofort auf die Erde nieder. Infolge dieser sehr großen Schwäche glaubte man, für ihn keine besondere Aufmerksamkeit nötig zu haben, und wendete diese vielmehr seinen Leuten zu. Das beabsichtigte er. Er hatte gesehen, daß das Pferd des Lieutenants das beste von allen war; es stand abseits ledig, denn der Offizier war natürlich auch abgestiegen. Während die Kavalleristen also für Buttler keinen Blick der

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