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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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den Reif vom linken Arm und warf ihn Jon zu, dann wiederholte er das Gleiche mit dem Gegenstück am rechten. »Deine erste Abgabe. Habe sie von meinem Vater, und er hatte sie von seinem. Jetzt sind sie dein, du diebischer schwarzer Bastard.«
    In das alte Gold der massiven, schweren Armreife waren die uralten Runen der Ersten Menschen eingraviert. Tormund Riesentod hatte sie getragen, solange Jon ihn kannte, sie gehörten zu ihm wie sein Bart. »Die Braavosi werden sie einschmelzen. Das wäre doch eine Schande. Vielleicht solltest du sie behalten.«
    »Nein. Ich lasse mir nicht nachsagen, Tormund Donnerfaust zwinge das Freie Volk, seine Schätze abzugeben, während er die eigenen behält.« Er grinste. »Aber ich behalte den Ring, den ich um mein bestes Stück trage. Der ist viel größer als diese kleinen Dinger. Du könntest ihn um den Hals tragen.«
    Jon musste lachen. »Du änderst dich auch nie.«
    »Oh doch.« Das Grinsen schmolz wie Schnee im Sommer. »Ich bin nicht mehr der Mann, der ich in der Rötlichen Halle gewesen bin. Ich habe zu viel Tod gesehen, und noch Schlimmeres. Meine Söhne …« Tormund verzog das Gesicht vor Kummer. »Dormund wurde in der Schlacht um die Mauer erschlagen, und er war noch ein halber Junge. Einer der Ritter deines Königs war das, ein Bastard in grauem Stahl mit Motten auf dem Schild. Ich habe den Hieb gesehen, aber mein Junge war tot, ehe ich ihn erreichen konnte. Und Torwynd … ihn hat sich die Kälte geholt. Er war schon immer kränklich. Eines Nachts ist er einfach gestorben. Das Schlimmste war, dass wir gar nicht gemerkt haben, dass er tot war, bis er sich bleich und mit diesen blauen Augen erhoben hat. Ich musste mich selbst um ihn kümmern. Das war hart, Jon.« Tränen glitzerten in seinen Augen. »Er war kein großartiger Mann, um die Wahrheit zu sagen, aber er war einmal mein kleiner Junge, und ich habe ihn
geliebt.«
    Jon legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das tut mir sehr leid.«
    »Warum? Du bist daran nicht schuld. An deinen Händen klebt Blut, genauso wie an meinen. Aber seines nicht.« Tormund schüttelte den Kopf. »Ich habe noch immer zwei starke Söhne.«
    »Deine Tochter …?«
    »Munda.« Tormunds Lächeln kehrte zurück. »Hat diesen Langspeer Ryk zum Mann genommen, kaum zu glauben. Der Junge hat mehr Schwanz als Verstand, wenn du mich fragst, aber er behandelt sie anständig. Ich habe ihm gesagt, wenn er ihr jemals wehtut, reiße ich ihm sein bestes Stück ab und prügele ihn damit grün und blau.« Er gab Jon noch einmal einen herzlichen Klaps auf den Rücken. »Zeit, dass du zurückgehst. Wenn du noch länger hierbleibst, glauben die am Ende, wir hätten dich gefressen.«
    »Im Morgengrauen also, in drei Tagen von heute an. Zuerst die Jungen.«
    »Ich habe dich schon die ersten zehn Mal verstanden, Krähe. Man möchte meinen, du vertraust mir nicht.« Er spuckte aus. »Die Jungen zuerst, ja. Die Mammuts machen den langen Weg außen herum. Du sorgst dafür, dass sie in Eastwatch erwartet werden. Ich sorge dafür, dass es keine Kämpfe und kein Gedrängel an eurem verfluchten Tor gibt. Wir kommen nett und ordentlich wie Entenküken in einer Reihe. Und ich bin die Mutterente. Ha!« Tormund geleitete Jon aus dem Zelt.
    Der Tag draußen war hell und wolkenlos. Die Sonne war nach zwei Wochen an den Himmel zurückgekehrt, und im Süden ragte die Mauer blauweiß und glitzernd auf. Es gab ein Sprichwort, das Jon von den älteren Männern in der Schwarzen Festung gehört hatte: Die Mauer ist launischer als der Irre König Aerys, sagten sie, und manchmal auch: Die Mauer ist launischer als eine Frau. An wolkigen Tagen sah sie aus wie weißer Fels. In mondlosen Nächten war sie so schwarz wie Kohle. In Schneestürmen schien sie aus Schnee geformt zu sein. Doch an Tagen wie diesem gab es keinen Zweifel daran, dass sie aus Eis bestand. Denn an Tagen wie diesem glänzte sie so hell wie der Kristall eines Septons, jeder Riss und jede Kerbe wurde vom Sonnenlicht hervorgehoben, während gefrorene Regenbögen hinter durchscheinenden Wellen tanzten und starben. An Tagen wie diesem war die Mauer wunderschön.
    Tormunds ältester Sohn stand bei den Pferden und unterhielt sich mit Leder. Toregg der Große hieß er beim Freien Volk. Obwohl er Leder kaum um einen Zoll überragte, war er fast einen Kopf größer als sein Vater. Hareth, der stämmige Junge aus Mole’s Town, den sie Pferd nannten, hockte am Feuer und hatte den beiden anderen den Rücken zugekehrt. Er und Leder

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