10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
beide. Die Loge gehörte allerdings ihm. Seine Gnaden hat alle Vorbereitungen treffen lassen. Wenn das Gift von ihm stammt … nun, dann wird er einen Sündenbock brauchen. Und wer wäre da besser geeignet als ein Rivale aus einem fernen Land, der an diesem Hof keinerlei Freunde hat? Wer wäre besser geeignet als ein Freier, den die Königin verschmäht hat?«
Quentyn Martell erbleichte. » Ich? Ich würde niemals … Ihr könnt doch nicht annehmen, ich hätte mich daran beteiligt …«
Entweder sagt er die Wahrheit, oder er ist ein Mime der Meisterklasse. » Andere vielleicht«, sagte Ser Barristan. »Die Rote Viper war Euer Onkel. Und Ihr habt guten Grund, Euch König Hizdahrs Tod zu wünschen.«
»Das gilt auch für andere«, warf Gerris Trinkwasser ein. »Naharis zum Beispiel. Er ist …«
»… der Buhle der Königin«, beendete Ser Barristan den Satz, ehe der dornische Ritter die Ehre der Königin mit unbedachten Worten beschmutzen konnte. »So sagt Ihr doch in Dorne, nicht?« Er wartete die Antwort nicht ab. »Prinz Lewyn war mein Geschworener Bruder. In jenen Tagen gab es unter den Mitgliedern der Königsgarde nur wenige Geheimnisse. Ich weiß, dass er eine Mätresse hatte. Er hat es auch nicht als Schande betrachtet.«
»Nein«, sagte Quentyn mit rotem Gesicht, »aber …«
»Daario würde Hizdahr ohne mit der Wimper zu zucken umbringen«, fuhr Ser Barristan fort, »aber nicht mit Gift. Niemals. Und Daario war überhaupt nicht in der Stadt. Hizdahr würde ihm die Heuschrecken trotzdem zu gern in die Schuhe schieben … aber der König braucht die Sturmkrähen vielleicht noch, und er würde sie verlieren, wenn er den Anschein erwecken würde, in den Tod ihres Hauptmanns verstrickt zu sein. Nein, mein Prinz. Wenn Seine Gnaden einen Giftmörder braucht, wird er den Blick auf Euch richten.« Er hatte alles gesagt, was er offen sagen konnte. In einigen Tagen würde Hizdahr zo Loraq, wenn die Götter gnädig waren, nicht mehr über Meereen herrschen … doch es würde niemandem nützen, wenn Prinz Quentyn in das bevorstehende Blutbad hineingezogen würde. »Wenn Ihr in Meereen bleiben müsst, würde ich mich an Eurer Stelle trotzdem vom Hof fernhalten und hoffen, dass Hizdahr mich vergisst«, endete Ser Barristan, »aber ein Schiff nach Volantis wäre die weisere Wahl, mein Prinz. Welchen Kurs Ihr auch einschlagt, ich wünsche Euch alles Gute.«
Ehe er drei Schritte gegangen war, rief Quentyn Martell ihm hinterher: »Sie nennen Euch Barristan den Kühnen.«
»Manche, ja.« Selmy hatte sich den Namen im Alter von zehn Jahren verdient, als frischgebackener Knappe, als er noch so eitel und stolz und dumm gewesen war, dass er glaubte, er könnte sich beim Tjost mit erfahrenen und erprobten Rittern messen. Also hatte er sich ein Streitross geliehen und eine Rüstung aus Lord Dondarrions Waffenkammer und war als ein geheimnisvoller Ritter auf dem Turnierplatz von Blackhaven erschienen. Sogar der Herold hatte gelacht. Meine Arme waren so dünn, dass ich gerade noch verhindern konnte, dass die Spitze der Lanze eine Furche durch den Boden zog, als ich sie senkte. Lord Dondarrion hätte alles Recht der Welt gehabt, ihn aus dem Sattel zu zerren und übers Knie zu legen, doch der Prinz der Drachenfliegen hatte Erbarmen mit dem verwirrten Jungen in der schlecht sitzenden Rüstung gehabt und ihm den Respekt erwiesen, seine Herausforderung anzunehmen. Es brauchte nicht mehr als einen Durchgang. Danach half ihm Prinz Duncan auf die Beine und nahm ihm den Helm ab. »Ein Knabe«, hatte er den Zuschauern verkündet, »ein kühner Knabe.« Vor dreiundfünfzig Jahren. Wie viele Männer, die damals in Blackhaven dabei waren, wohl noch am Leben sind?
» Welchen Namen werden sie mir wohl geben, wenn ich ohne Daenerys nach Dorne zurückkehre?«, fragte Prinz Quentyn. »Quentin der Vorsichtige? Quentyn der Feigling? Quentyn der Zitternde?«
Der Prinz, der zu spät kam, dachte der alte Ritter … doch wenn ein Ritter der Königsgarde in seinem Leben auch sonst nichts lernen mochte, er lernte auf jeden Fall, seine Zunge im Zaum zu halten. »Quentyn der Weise«, schlug er vor. Und er hoffte, dass es stimmte.
Der verschmähte Freier
Die Stunde der Geister war schon fast angebrochen, als Ser Gerris Trinkwasser in die Pyramide zurückkehrte und berichtete, dass er Bohnen, Bücher und den Alten Bill Knochen in einer von Meereens weniger einladenden Kellerschenken gefunden hatte, wo sie gelben Wein tranken und dabei zuschauten, wie
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