Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
Vom Netzwerk:
Hügel hinunter – abwärts, immer abwärts – und zuckte bei jedem Schritt und ließ sich von ihm stützen. Das sollte eigentlich Jaime neben mir sein. Er hätte sein goldenes Schwert gezogen und ihr einen Pfad durch die Menge gehauen, er hätte jedem Mann die Augen ausgestochen, der es gewagt hätte, sie anzuschauen.
    Das Pflaster war uneben und aufgebrochen, rutschig unter ihren Füßen und fühlte sich rau an den weichen Sohlen an. Mit der Ferse trat sie in etwas Scharfes, in einen Stein oder eine Tonscherbe. Cersei schrie vor Schmerz auf. »Ich habe um Sandalen gebeten«, fauchte sie Septa Unella an. »Ihr hättet mir Sandalen geben können, wenigstens das hättet Ihr für mich tun können.« Der Ritter zog sie wieder am Arm, als wäre sie ein gewöhnliches Schankmädel. Hat er vergessen, wer ich bin? Sie war die Königin von Westeros, er hatte kein Recht, sie so unsanft zu behandeln.
    Nahe dem Fuß des Hügels wurde der Hang flacher und die Straße breiter. Nun sah Cersei den Roten Bergfried wieder, der purpurrot in der Morgensonne auf Aegons Hohem Hügel leuchtete. Ich muss weitergehen. Sie befreite sich aus Ser Theodans Griff. »Ihr braucht mich nicht zu ziehen, Ser.« Sie humpelte weiter und hinterließ blutige Fußabdrücke auf den Steinen.
    Sie ging durch Schlamm und Kot, sie blutete, hatte Gänsehaut und humpelte. Um sie herum herrschte ein lautes Stimmengewirr. »Meine Frau hat süßere Titten als die«, rief ein Mann. Ein Fuhrmann verfluchte die Armen Gefährten, die ihm befahlen, seinen Wagen aus dem Weg zu schaffen. » Schande, Schande, Schande über die Sünderin «, sangen die Septas. »Schaut euch die hier an«, rief eine Hure aus dem Fenster eines Bordells und hob die Röcke für die Männer unten, »da waren noch nicht mal halb so viele Schwänze drin wie in der Fotze da unten.« Glocken läuteten, läuteten, läuteten. »Das kann nicht die Königin sein«, sagte ein Junge, »bei der hängt ja alles, so wie bei meiner Mama.« Das ist meine Strafe, sagte sich Cersei. Ich habe schwer gesündigt, und das ist meine Buße. Bald wird es vorbei sein, bald habe ich es hinter mir, und dann kann ich alles vergessen.
    Die Königin begann, vertraute Gesichter zu sehen. Ein kahlköpfiger Mann mit Backenbart sah aus einem Fenster herunter und runzelte dabei die Stirn wie ihr Vater, und einen Augenblick ähnelte er dabei Lord Tywin so sehr, dass sie stolperte. Ein junges Mädchen saß neben einem Brunnen, war in einen Sprühnebel gehüllt und starrte sie aus Melara Hetherspoons anklagenden Augen an. Sie sah Ned Stark und neben ihm die kleine Sansa mit ihrem rotbraunen Haar und einem zotteligen grauen Hund, der ihr Wolf hätte sein können. Jedes Kind, das sich zwischen den Menschen hindurchzwängte, wurde zu ihrem Bruder Tyrion und verhöhnte sie, wie er sie bei Joffreys Tod verhöhnt hatte. Und dann entdeckte sie auch Joff, ihren Sohn, ihren Erstgeborenen, ihren wunderschönen klugen Jungen mit den goldenen Locken und dem süßen Lächeln, er hatte so schöne Lippen, er …
    An dieser Stelle stürzte sie zum zweiten Mal.
    Sie zitterte wie Espenlaub, als sie sie wieder auf die Beine zogen. »Bitte«, sagte sie, »Mutter hab Gnade. Ich habe gebeichtet.«
    »Das habt Ihr«, sagte Septa Moelle. »Dies ist Eure Buße.«
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte Septa Unella. »Seht Ihr?« Sie zeigte nach vorn. »Nur noch den Hügel hinauf, mehr nicht.«
    Den Hügel hinauf, mehr nicht. Das stimmte. Sie hatten den Fuß von Aegons Hohem Hügel erreicht, und die Burg ragte über ihnen auf.
    »Hure«, schrie jemand.
    »Bruderfickerin«, fügte jemand hinzu. »Abscheulichkeit.«
    »Wollt Ihr hieran lutschen, Euer Gnaden?« Ein Mann in Metzgerschürze zog seinen Schwanz aus der Hose und grinste. Es spielte keine Rolle. Sie war fast zu Hause.
    Cersei begann den Aufstieg.
    Wenn das überhaupt noch möglich war, so wurden der Hohn und die Rufe hier noch deftiger. Ihr Weg hatte sie nicht durch Flea Bottom geführt, daher hatten sich dessen Bewohner unten an Aegons Hohem Hügel aufgestellt, um sich das Schauspiel anzusehen. Die Gesichter, die sie jenseits der Schilde und Speere der Armen Gefährten anglotzten, wirkten verzerrt, riesengroß und bösartig. Schweine und nackte Kinder liefen überall im Weg herum, verkrüppelte Bettler und Beutelschneider zogen wie Kakerlaken durch das Gedränge. Sie sah Männer mit spitzgefeilten Zähnen, alte Weiber mit Kröpfen, so groß wie ihre Köpfe, eine Hure, die eine riesige gestreifte

Weitere Kostenlose Bücher