10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Marsh.
    »Setzt auch Wun Wun ein.«
    »Wie Ihr befehlt.«
    Zehn Burschen und ein Riese hatten die Schneewehen im Nu beiseitegeräumt, aber als die Türen wieder frei waren, war Jon noch nicht zufrieden. »Bis morgen sind die Zellen wieder begraben. Wir sollten die Gefangenen verlegen, ehe sie ersticken.«
    »Karstark auch, M’lord?«, fragte Folke der Floh. »Können wir ihn nicht einfach bis zum Frühling zittern lassen?«
    »Ich wünschte, das wäre möglich.« Cregan Karstark hatte in letzter Zeit angefangen, nachts zu heulen, und wer auch kam und ihm das Essen brachte, den bewarf er mit gefrorenem Kot. Damit hatte er sich bei den Wachen nicht gerade beliebt gemacht. »Bringt ihn in den Turm des Lord Kommandanten. Im Gewölbe sollte er sicher sein.« Obwohl der frühere Sitz des Alten Bären teilweise eingestürzt war, war es dort immer noch wärmer als in den Eiszellen. Die Kellergewölbe waren größtenteils unversehrt.
    Cregan trat nach den Wachen, als sie durch die Tür kamen, er wehrte sich heftig, als sie ihn packten, und versuchte sogar, sie zu beißen. Doch die Kälte hatte ihn geschwächt, und Jons Männer waren größer, jünger und stärker. Sie zerrten ihn nach draußen und schleiften ihn durch den hüfthohen Schnee zu seiner neuen Unterkunft.
    »Was sollen wir mit den Leichen tun, Lord Kommandant?«, erkundigte sich Bowen Marsh, nachdem die Lebenden verlegt worden waren.
    »Lasst sie, wo sie sind.« Wenn der Sturm sie begrub, sollte ihm das recht sein. Er würde sie zweifellos irgendwann verbrennen müssen, aber im Augenblick waren sie mit Eisenketten in ihren Zellen gefesselt. Deswegen und weil sie tot waren, sollten sie eigentlich keinen Schaden anrichten können.
    Tormund Riesentod hatte seine Ankunft wunderbar mit dem Zeitpunkt abgestimmt, an dem die Schaufelei erledigt war. Statt der achtzig, die Toregg Leder versprochen hatte, schien er nur fünfzig mitgebracht zu haben, aber Tormund wurde nicht umsonst Großsprecher genannt. Der Wildling kam mit rotem Gesicht an und verlangte nach einem Horn Bier und einer heißen Mahlzeit. Er hatte Eis im Bart und einen verkrusteten Schnurrbart.
    Donnerfaust schien schon von Gerrick Königsblut und seinem neuen Titel gehört zu haben. »König der Wildlinge?«, brüllte Tormund. »Ha! Wohl eher der König meiner haarigen Arschritze.«
    »Er sieht durchaus königlich aus«, meinte Jon.
    »Er hat einen kleinen roten Schwanz, der zu dem ganzen roten Haar passt, so sieht’s aus. Raymun Rotbart und seine Söhne sind am Long Lake gestorben, dank Euch verfluchten Starks und dem Betrunkenen Riesen. Sein kleiner Bruder aber nicht. Hast du dich schon mal gefragt, warum man ihn den Roten Raben nannte?« Tormund grinste breit und enthüllte dabei etliche Zahnlücken. »Der ist als Erster davongeflogen. Später hat jemand darüber ein Lied gemacht. Der Sänger musste etwas finden, das sich so einigermaßen auf Angst haben reimt, daher …« Er wischte sich die Nase ab. »Wenn die Ritter deiner Königin seine Mädchen wollen, dann bitte schön.«
    » Mädchen«, kreischte Mormonts Rabe. » Mädchen, Mädchen.«
    Darüber musste Tormund erneut schallend lachen. »Na, das ist mal ein Vogel mit Verstand. Wie viel willst du für ihn, Snow? Ich habe dir einen Sohn gegeben, dafür könntest du mir wenigstens den beschissenen Vogel überlassen.«
    »Das würde ich durchaus«, meinte Jon, »aber wahrscheinlich würdest du ihn aufessen.«
    Tormund brüllte wieder vor Lachen. » Essen «, sagte der Rabe düster und schwang die schwarzen Schwingen. » Korn? Korn? Korn?«
    » Wir müssen über den Marsch nach Hartheim sprechen«, sagte Jon. »Ich möchte, dass wir später in der Schildhalle einer Meinung sind, wir müssen …« Er unterbrach sich, als Mully die Nase zur Tür hereinsteckte und mit grimmiger Miene ankündigte, dass Clydas einen Brief gebracht hatte.
    »Sag ihm, er soll ihn dalassen. Ich lese ihn später.«
    »Wie Ihr sagt, M’lord, nur … Clydas ist ganz außer sich … er ist mehr weiß als rosa, wenn Ihr versteht, was ich meine … und er zittert.«
    »Dunkle Schwingen, dunkle Worte«, murmelte Tormund. »Sagt man das nicht bei euch Knienden?«
    »Wir sagen auch: Lass den Husten zur Ader, aber bewirte das Fieber «, erklärte Jon ihm. »Oder: Trink nie mit einem Dornischen bei Vollmond. Wir sagen so einiges.«
    Mully hatte ebenfalls etwas beizusteuern. »Meine alte Großmutter hat immer gesagt: Sommerfreunde schmelzen dahin wie der Sommerschnee, doch Winterfreunde