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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Maultierkarren zwischen die Zwerge. Der Ritter wehrte sich nicht. Aller Trotz hat ihn verlassen, als er von der Heirat seiner Königin gehört hat, wurde Tyrion klar. Ein einziges geflüstertes Wort hatte erreicht, wozu Fäuste und Peitschen und Knüppel nicht fähig gewesen waren: Es hatte ihn gebrochen. Ich hätte ihn der Alten überlassen sollen. Er wird so nützlich sein wie Brustwarzen auf einem Harnisch.
    Amme stieg vorn auf den Karren und nahm die Zügel. Dann ging es durch das Lager der Belagerer zum Anwesen ihres neuen Herrn, des edlen Yezzan zo Qaggaz. Vier Sklavensoldaten marschierten neben ihnen, zwei auf jeder Seite des Karrens.
    Hella weinte nicht, aber ihre Augen waren traurig und gerötet, und sie starrte unverwandt auf Knirsch. Glaubt sie vielleicht, das alles würde verschwinden, wenn sie nur einfach wegsieht? Ser Jorah sah nichts und niemanden an. Er hockte da und brütete in seinen Ketten.
    Tyrion schaute sich alles und jeden an.
    Das yunkische Lager war nicht ein einziges großes, sondern bestand aus hundert einzelnen, die dicht an dicht in einem Halbkreis um die Mauern von Meereen errichtet worden waren. Es bildete eine Stadt aus Seide und Zelttuch mit eigenen Straßen und Gassen, Schenken und Huren, guten und schlechten Gegenden. Zwischen der Belagerungslinie und der Bucht waren Zelte wie gelbe Pilze aus dem Boden gesprossen. Manche waren klein und schlicht, kaum mehr als ein Verschlag aus fleckigem altem Tuch, der vor Regen und Sonne schützte. Doch daneben standen riesige Unterkünfte, in denen hundert Mann schlafen konnten, und Pavillons aus Seide, so groß wie Paläste, auf deren Dachstangen Harpyien in der Sonne glänzten. In manchen Lagern waren die Zelte ordentlich in konzentrischen Kreisen um eine Feuerstelle herum angeordnet, und Waffen und Rüstung waren im inneren Ring gestapelt, die Pferde außen angepflockt. In anderen herrschte das reinste Chaos.
    Die trockene, ausgedörrte Ebene von Meereen war über Meilen hinweg flach und kahl und baumlos, doch die yunkischen Schiffe hatten Balken und Felle aus dem Süden herbeigeschafft und daraus sechs riesige Triböcke gebaut. Sie waren an drei Seiten der Stadt aufgestellt, nur an der Flussseite nicht, und mit riesigen Haufen Bruchstein und gestapelten Fässern voller Pech und Harz umgeben, die nur auf eine Fackel warteten. Einer der Soldaten bemerkte, wohin Tyrion blickte, und erklärte ihm stolz, dass jeder Tribock einen eigenen Namen hatte: Drachenbrecher, Quarre, Tochter der Harpyie, Böse Schwester, Geist von Astapor, Mazdhans Faust. Die Triböcke ragten mit ihrer Höhe von zwölf Metern hoch über den Zelten auf und waren die größte Landmarke des Lagers. »Allein ihr Anblick wird die Drachenkönigin in die Knie zwingen«, prahlte er. »Und dort wird sie bleiben und Hizdahr den edlen Pimmel lutschen, oder wir zermalmen ihre Mauern.«
    Tyrion sah einen Sklaven, der ausgepeitscht wurde, Schlag um Schlag, bis von seinem Rücken nur noch Blut und offene Wunden übrig waren. Eine Kolonne Männer, die mit Eisen aneinandergekettet waren, marschierte vorbei und rasselte bei jedem Schritt. Sie trugen Speere und Kurzschwerter, aber die Ketten verbanden sie Handgelenk an Handgelenk und Knöchel an Knöchel. In der Luft hing der Geruch von gebratenem Fleisch, und er sah, wie ein Mann einen Hund häutete, um ihn in einem Topf zu schmoren.
    Auch die Toten sah er, und die Sterbenden hörte er. Unter den Rauchwolken, den Ausdünstungen der Pferde und dem scharfen Salzgeruch aus der Bucht lag der Gestank von Blut und Scheiße. Irgendeine Ruhr, erkannte er, während er zwei Söldner beobachtete, die die Leiche eines dritten aus einem der Zelte schleppten. Seine Finger zuckten. Eine Seuche konnte ein ganzes Heer schneller auslöschen als jede Schlacht, hatte er seinen Vater einmal sagen gehört.
    Umso mehr ein Grund zu fliehen, und zwar möglichst bald.
    Eine Viertelmeile weiter fand er einen guten Grund, sich diesen Entschluss noch einmal zu überlegen. Dort hatte sich eine Menschenmenge um drei Sklaven versammelt, die auf der Flucht erwischt worden waren. »Ich bin sicher, meine kleinen Schätze werden süß und gehorsam sein«, sagte Amme. »Schaut nur, wie es jenen ergeht, die zu fliehen versuchen.«
    Man hatte die Gefangenen an eine Reihe Kreuzbalken gebunden, und zwei Männer mit Schleudern benutzten sie als Zielscheibe. »Tolosi«, erklärte eine der Wachen. »Sie sind die besten Schleuderer der Welt. Sie benutzen weiche Bleikugeln anstelle von

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