10 - Operation Rainbow
bekannt für legale Methoden und zivilisiertes Verhalten. Das hatten, zu ihrem Leidwesen, so unterschiedliche Gruppierungen wie Terrorkommandos und Greenpeace erfahren müssen.
Andere Leute unterhielten sich ebenfalls in diesem Saal, Richtmikrofone waren nirgends zu erkennen. Auf die von den Wärtern angebotenen Stühle hatten die beiden dankend verzichtet und sich statt dessen näher ans Fenster gesetzt unter dem Vorwand, sie brauchten das Tageslicht. Natürlich konnte jeder Abschnitt im Sprechsaal verwanzt sein.
»Leider muß ich Ihnen mitteilen, daß die Umstände Ihrer Verurteilung einen Gnadenappell wenig aussichtsreich erscheinen lassen«, fuhr der Rechtsanwalt fort. Für seinen Mandanten war das keine große Neuigkeit.
»Ist mir klar. Ich möchte, daß Sie jemanden für mich anrufen.«
»Wen denn?«
Der Schakal nannte ihm einen Namen und eine Telefonnummer. »Sagen Sie ihm, daß ich herauszukommen wünsche.«
»An einer kriminellen Handlung darf ich mich nicht beteiligen.«
»Ist mir ebenfalls klar«, bemerkte Sanchez kühl. »Sagen Sie ihm außerdem, daß sich die Belohnung sehen lassen kann.«
Es wurde vermutet, wenn es auch keine Beweise dafür gab, daß Iljitsch Ramirez Sanchez als freier Mann noch ein stattliches Sümmchen beiseite geschafft hatte, das ihm dank seiner Aktionen zugeflossen war. Das meiste rührte wohl noch vom Anschlag auf die OPEC-Minister in Österreich vor nahezu zwei Jahrzehnten her. Kein Wunder, daß er und sein Kommando so umsichtig gewesen waren, vor allem Prominente umzubringen, trotz der politischen Mißbilligung, die sie damit auf sich zogen - im Gegenteil, damit konnte er sich öffentlicher Aufmerksamkeit und sogar einigen Beifalls sicher sein. Geschäft ist Geschäft, selbst für Leute seines Schlages. Und irgendwer hatte ja auch sein Honorar bezahlt, dachte der Maitre.
»Soll ich sonst noch was von Ihnen ausrichten?«
»Das wäre alles. Wenn die Antwort kommt, werden Sie mir gleich Bescheid sagen«, verlangte der Schakal. In seinen Augen glomm noch immer ein Feuer, heruntergebrannt und wie aus weiter Ferne, doch es reichte, seinen Gesprächspartner in den Bann zu ziehen und gefügig zu machen.
Seinerseits stellte sich der Anwalt nicht zum erstenmal die Frage, weshalb er sich dieses Mandanten angenommen hatte. Er hatte schon bei manchen Prozessen gegen namhafte Linksradikale mitgemischt, bei denen sich seine altbewährte Kenntnis im Strafrecht auszahlte. Doch die Vorahnung der Lebensgefahr, in die er sich damit begab, ließ ihn nicht mehr los. Erst kürzlich hatte er drei Drogendealer von größerem Zuschnitt verteidigt; auch diesen Mandanten paßte es nicht in den Kram, zwanzig Jahre und mehr hinter Gittern zuzubringen, und ihre Unzufriedenheit mit dem Urteil hatten sie ihm deutlich genug zu verstehen gegeben. Würden sie einen Killer auf ihn ansetzen? So etwas war schon vorgekommen, in Amerika und anderswo. Hierzulande kam einem der Gedanke abwegig vor, zudem hatte der Anwalt diesen Mandanten von vornherein keine großen Hoffnungen gemacht und nur versprochen, sein Bestes zu tun. Bei Carlos, dem Schakal, war es ähnlich gewesen. Der Anwalt war erst nach der Verurteilung in den Fall eingetreten, um die Möglichkeiten einer Berufung auszuloten. Er hatte es versucht und war - erwartungsgemäß - gescheitert. Der französische Gerichtshof kannte wenig Mitgefühl mit einem, der mehrere Morde auf französischem Boden verübt hatte und sich dessen nachträglich auch noch rühmte. Jetzt hatte sich der Mann eines Besseren besonnen und war des Gefängnislebens überdrüssig. Der Anwalt würde seine Botschaft pflichtgemäß weitergeben, aber wurde er damit nicht selbst Handlanger eines Verbrechens?
»Ich werde tun, was Sie wünschen«, versprach er seinem Mandanten.
»Merci.«
***
Es war ein wunderschöner Anblick, selbst im Dunkeln. Der Hubschrauber MH-60 K Night-Hawk schwebte mit fünfzig Stundenkilometern ein, rund sechzig Meter über dem Erdboden, näherte sich dem Reihenhaus von Süden, gegen den Wind, unbeirrt und ruhig vorwärtsstrebend, durchaus nicht wie zur Vorbereitung eines taktischen Abseilmanövers. Doch unter dem Hubschrauber hing ein dunkles, fünfundvierzig Meter langes Nylonseil herab, kaum erkennbar selbst mit den besten Nachtsichtgeräten. Am Ende der Leine hingen Peter Covington, Mike Chin und ein weiteres Team-1-Mitglied. In ihren schwarzen Ninja-Kampfanzügen baumelten sie tief unter dem schwarzen Sikorsky. Der Hubschrauber flog sanft und
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