10 - Operation Rainbow
wurden saisonwe ise trächtig, und wenn es soweit war, war ja wohl auch zwischen männlichen und weiblichen Tieren der Geschlechtsverkehr fällig. Aber irgendwie hatte er nie etwas davon bemerkt. Er respektierte die Ratte als Lebensform, aber ihr Sexualverhalten interessierte ihn kein bißchen, während er hier, wie er selbst zugeben mußte, alle paar Sekunden den Blick zum Monitor schweifen ließ. Naja, Nummer F-5 war immerhin das hübscheste Balg in der Bande, und hätte er sie in einer Single-Kneipe getroffen, hätte er sie angesprochen, ihr ein Bier spendiert und - die Dinge ihren Lauf nehmen lassen. Aber nun schwebte auch über ihr das Verhängnis, nicht anders als über den weißen, eigens dafür gezüchteten Laborratten. Diese kleinen süßen knopfäugigen Kreaturen mit rosa Schnäuzchen wurden in aller Welt für diesen Zweck gebraucht, weil sie genetisch identisch waren und weltweit vergleichbare Testergebnisse lieferten. In der freien Natur hätten sie womöglich gar keine Überlebenschance. Schon die weiße Farbe wirkte sich fatal aus: Katzen und Hunde konnten sie schon von weitem erkennen, und das war in der Wildnis kein Vorteil. Außerdem waren sie sowieso Kunstwesen, die der Mensch geschaffen hatte, kein Teil des großen Schöpfungsplans und daher unwertes Leben. Schade nur, daß sie so süß aussahen, aber das war nur ein subjektiver Eindruck, kein ernstzunehmender objektiver Bewertungsmaßstab, und Killgore wußte zwischen beidem wohl zu unterscheiden. Süß war schließlich auch Anne Pretloe, Nummer F-5, und sein Mitgefühl für sie nur ein atavistischer, überkommener Triebrest, der einem Projektteilnehmer nicht gut anstand. Und doch gab ihm seine Reaktion zu denken, als er sah, wie Chip Smitton in Anne Pretloe eindrang. Hatten die Nazis mit ihren Opfern nicht das Gleiche getan, eine kleine Anzahl Gefangener reserviert für grausame, tödliche Menschenversuche, so wie man Crash-Test-Dummies in aufeinanderprallende Autos setzt? Und war er deshalb ein Nazi? Dummes Zeug, dachte Killgore. Sie benutzten F-5 und M-7 natürlich auch für Versuche, aber... Nein, die wurden schließlich nicht wegen ihrer Rasse oder ihres Glaubens oder ihrer Herkunft ausgewählt. Mit Politik hatte das nun wirklich gar nichts zu tun - naja, kam vielleicht drauf an, wie man den Begriff definierte, aber nicht in der Weise, wie er ihn definierte. Hier ging es schließlich um Wissenschaft. Das gesamte Projekt hatte mit naturwissenschaftlicher Forschung und liebevollem Bewahren der Schöpfung zu tun. Die Teilnehmer kamen aus allen möglichen Bevölkerungskreisen, allerdings nicht so sehr aus religiösen, es sei denn, man wolle die Liebe zur Natur als Religion begreifen. Was ja gewissermaßen auch zutraf, sagte sich der Doktor. Doch. Durchaus.
Was sich da auf dem Fernsehmonitor abspielte, war ebenfalls ein natürlicher Vorgang - zumindest beinahe, immerhin war er von Psychopharmaka und Antidepressiva inspiriert -, doch das Verhalten der Beteiligten folgte Naturgesetzen. Sein Trieb war es, männlichen Samen möglichst weit zu verbreiten, und ihrer, ihn zu empfangen. Und sein eigener Trieb, folgerte Dr. Killgore, war der eines Raubtiers, das dem Vorgang interesselos folgte und nur noch auswählen mußte, welches Exemplar dieser Spezies überleben sollte und welches nicht.
Diese beiden würden sterben müssen, so attraktiv sie auch waren... ebenso wie die Laborratten, mit ihrem weichen, geschmeidigen Fell und den Knopfaugen und den zitternden Schnurrhaaren. All das würde es nicht mehr lange geben, oder? Das war zwar bedauerlich, doch angesichts der glänzenden, verlockenden Zukunft, die ihm bevorstand, durchaus zu verschmerzen.
22 - GEGENMASSNAHMEN
»Von unserem russischen Freund gibt's also noch immer nichts Neues?« erkundigte sich Bill Tawney.
»Keine Silbe«, bestätigte Cyril Holt. »Die Bandaufnahmen zeigen Kirilenko jeden Tag auf demselben Weg zur Arbeit, und an vier von fünf Abenden läuft er immer um die gleiche Zeit durch die belebten Straßen in seine Kneipe, wo er alle möglichen Leute trifft. Doch braucht es bloß minimale Tarnung und ein bißchen handwerkliches Geschick, um uns auszutricksen - es sei denn, wir verstärken unsere Überwachung erheblich, und dann fällt es Iwan Petrowitsch auf. Er wäre vorgewarnt und würde sich nur noch mehr vorsehen. Dieses Risiko möchte ich lieber nicht eingehen.«
»Verständlich«, mußte Tawney trotz aller Enttäuschung zugeben. »Und aus anderer Quelle ergibt sich
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