10 - Operation Rainbow
die sich der Kinder bedienten und sie anschließend häufig umbrachten. Auf nichts reagierte das FBI mit größerer Schlagkraft als darauf. Der Fall Bannister, wie man ihn bereits nannte, würde mit allen zur Verfügung stehenden Kräften in jedem davon betroffenen Büro vorangetrieben werden. Seinetwegen wurden sogar Ermittlungen gegen große Verbrechersyndikate zurückgestellt. Das gehörte sozusagen zum ethischen Selbstverständnis des FBI.
***
Vier Stunden nach Skip Bannisters Ankunft im FBI-Büro von Gary klopften zwei Agenten des zuständigen New Yorker Büros im Jacob-Javits-Hochhaus in Downtown beim Hauptmieter von Mary Bannisters Apartment an. Er gab ihnen den Schlüssel zu Marys Wohnung und zeigte ihnen, wo sie lag. Die beiden Agenten traten ein und begannen sofort mit der Durchsuchung: Notizen, Fotos, Briefe, alles, was ihnen weiterhelfen könnte. Sie waren schon eine Stunde bei der Arbeit, als ein Detective von der New Yorker Wache eintraf, die das FBI-Büro um Amtshilfe gebeten hatte. Es gab 30000 Polizeibeamte in der Stadt, und bei einer Entführung konnte jeder von ihnen abkommandiert werden, um bei den Ermittlungen der Bundespolizei mitzuwirken.
»Haben Sie ein Foto von ihr?« fragte der Detective.
»Hier.« Der FBI-Mann reichte ihm das aus Gary gefaxte Bild.
»Wissen Sie, vor ein paar Wochen hat mich jemand in ähnlicher Sache aus Des Moines angerufen. Das Mädchen hieß... Pretloe, glaube ich. Genau, Anne Pretloe, Mitte Zwanzig, Anwaltssekretärin. Wohnte nicht weit von hier, nur ein paar Häuserblocks entfernt. Einfach verschwunden. Kam eines Morgens nicht zur Arbeit und ist nie wieder aufgetaucht. Ungefähr das gleiche Alter - und weiblich«, betonte der Detective. »Könnte da eine Verbindung sein?«
»Haben Sie die Liste der unbekannten Toten überprüft?« fragte der jüngere der FBI-Leute. Ihr erster Gedanke war der naheliegendste: Trieb ein Serienmörder in New York City sein Unwesen? Diese Sorte Verbrecher hatte es gewöhnlich auf junge Frauen zwischen achtzehn und dreißig Jahren abgesehen.
»Schon, aber nichts paßte zur Beschreibung der Pretloe, oder auch zu der hier.« Er gab das Foto zurück. »Dieser Fall wird uns noch viel Kopfzerbrechen bereiten, das sage ich euch. Irgendeinen Hinweis gefunden?«
»Noch nicht«, gab der Agent zurück. »Ihr Tagebuch ist nicht aufschlußreich. Keine Fotos von Männern. Nur Kleider, Kosmetika und was ein Mädchen in diesem Alter so braucht.«
»Fingerabdrücke?«
Der FBI-Mann nickte. »Das kommt als nächstes dran. Unsere Spurensicherung ist schon unterwegs.« Alle wußten jedoch, daß dies nur eine hauchdünne Chance war, nachdem das Apartment einen Monat leergestanden hatte. Die Fettspuren, aus denen Fingerabdrücke bestehen, lösten sich mit der Zeit auf, auch wenn hier dank Klimaanlage und verschlossener Türen und Fenster noch Hoffnung bestand.
»Es wird nicht leicht werden«, bemerkte der Detective als nächstes.
»Ist es doch nie!« versetzte der ältere FBI-Mann.
»Und was, wenn es mehr als zwei sind?« fragte der jüngere.
»Eine Menge Leute werden hier in der Stadt vermißt«, murmelte der Detective. »Aber ich werde mal den Computer anschmeißen!«
***
Versuchsperson F-5 war eine heiße Mieze, wie Killgore erkannte. Und Chip konnte sie auch gut leiden. Das war allerdings sein Pech, denn Chip Smitton hatte Shiva nicht über Injektion, Impftests oder die Dampfnebelkabine bekommen. Statt dessen sollte das Virus bei ihm ausschließlich über Geschlechtsverkehr übertragen werden - was auch geklappt hatte, denn sein Blut zeigte bereits Antikörperchen. Auch dieser Übertragungsweg funktionierte also einwandfrei und, besser noch, von Frau zu Mann, nicht nur von Mann zu Frau. Shiva bot alle Möglichkeiten, die sie sich bei der Entwicklung erträumt hatten.
Dr. Killgore fand es geschmacklos, den Versuchspersonen beim Liebesspiel zuzusehen. Es erregte ihn kein bißchen, den unfreiwilligen Voyeur zu spielen. Anne Pretloe, F-5, würde in zwei Tagen die Symptome zeigen, nach ihren Blutwerten zu schließen. Aber noch aß und trank sie und freute sich ihres Lebens, wie man auf dem Schwarz-Weiß-Monitor betrachten konnte. Die Tranquilizer senkten die Hemmschwelle aller Versuchsteilnehmer, vor allem in sexueller Hinsicht. Wie sie sich im wirklichen Leben verhielt, war schwer zu sagen, aber die üblichen Stellungen waren ihr wohlbekannt.
Merkwürdigerweise hatte Killgore in Tierversuchen nie auf solche Dinge geachtet. Ratten
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