10 - Operation Rainbow
resigniert zurück.
»Wenn ich irgendwas höre, melde ich mich sofort bei dir.«
»Aye-aye, Sir!« gab Clark mit navy-üblichem Gruß zurück, der lange Zeit sein Leben begleitet hatte. Jetzt sparte er ihn sich für Gespräche auf, die ihm absolut gegen den Strich gingen.
***
Der diensthabende Special-Agent-Vertreter des FBI-Ortsbüros in Gary, Indiana, war ein vornehmer farbiger Mann namens Chuck Ussery. Mit vierundvierzig Jahren erst kürzlich in dieses Amt gekommen, hatte er dem FBI seit siebzehn Jahren gedient. Zuvor war er Polizeibeamter in Chicago gewesen. Der Anruf war rasch zu ihm durchgestellt worden, und nachdem er eine Zeitlang zugehört hatte, bestellte er Skip Bannister augenblicklich zu sich. Fünfundzwanzig Minuten später trat er ein: ein untersetzter Mittfünfziger, dem offenbar die Angst im Nacken saß. Als erstes bot der Agent ihm einen Stuhl an und bestellte Kaffee, den Bannister jedoch ablehnte. Dann begann er mit der Befragung - zunächst eher allgemein, später immer mehr ins Detail gehend.
»Haben Sie die e-Mail ausgedruckt, von der Sie mir erzählten, Mr. Bannister?«
James Bannister zog ein Stück Papier aus der Jackentasche und schob es über den Schreibtisch.
Drei Absätze, wie Ussery feststellte, zusammenhanglos und voller orthographischer Fehler. Verwirrt. Sein erster Eindruck war...
»Sagen Sie, Mr. Bannister, haben Sie Grund zur Annahme, daß Ihre Tochter je etwas mit Drogen zu tun hatte?«
»Aber doch nicht Mary!« fuhr der Mann empört hoch. »Niemals! Na schön, sie trinkt mal gern einen über den Durst, Bier oder Wein, aber Drogen? Das würde meine Tochter nie tun.«
Ussery hob beschwichtigend die Hand. »Ich begreife sehr gut, was Sie meinen. Wir hatten schon öfter mit Entführungen zu tun, und...
»Glauben Sie, das Kind ist entführt worden?« Skip Bannister war entsetzt. Seine schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bestätigen. Das war für ihn viel schlimmer als die Unterstellung, seine Tochter wäre eine Fixerin.
»Nach diesem Brief zu schließen, müssen wir die Möglichkeit wohl in Betracht ziehen. Wir werden wegen Entführung ermitteln.« Ussery nahm den Telefonhörer ab. »Schicken Sie mir Pat O'Connor herein, ja?« bat er die Sekretärin.
Special Agent Patrick D. O'Connor war einer der Inspektoren im FBI-Büro von Gary: achtunddreißig Jahre alt, rothaarig, hellhäutig und strotzend vor Kraft. Er leitete die Abteilung Entführungen. »Was gibt's, Chuck?« fragte er beim Eintreten,.
»Das hier ist Mr. James Bannister. Er vermißt seine Tochter, sechsundzwanzig Jahre alt und vor etwa einem Monat in New York verschwunden. Gestern hat er diese e-Mail bekommen.« Ussery reichte sie ihm.
O'Connor überflog das Blatt und nickte. »Okay, Chuck.«
»Ein Fall für dich, Pat. Du hast freie Hand!«
»Alles klar, Chuck. Mr. Bannister, würden Sie bitte mitkommen?«
»Pat ist für solche Sachen zuständig«, erläuterte Ussery. »Er wird die Ermittlungen aufnehmen und mir jeden Tag Bericht erstatten. Entführungen werden beim FBI als eines der schwersten Verbrechen behandelt, Mr. Bannister. Dieser Fall bekommt absolute Prioriät, bis wir ihn aufgeklärt haben. Zehn Männer, wird das reichen, Pat?«
»Für den Anfang schon. In New York brauche ich mehr«, gab der Inspektor zu bedenken. Dann wandte er sich an ihren Gast. »Wir alle haben Kinder, Sir. Wir können nachfühlen, wie es Ihnen geht. Wenn es einen Weg gibt, Ihre Tochter zu finden, werden wir sie finden. Jetzt muß ich Ihnen noch eine Menge Fragen stellen, damit wir loslegen können, okay?«
»Einverstanden.« Der Mann stand auf und folgte O'Connor in dessen Büroraum. Drei Stunden würde es mindestens dauern, bis er ihm und den anderen Agenten alles über seine Tochter und ihr Leben in New York erzählt hatte. Als erstes übergab er ihm ein neueres Foto von ihr. O'Connor sah die junge Frau genau an. Das Foto kam zuoberst in die Ermittlungsakte. O'Connor und seine Männer hatten seit mehreren Jahren keine Entführung mehr bearbeiten müssen. Es war ein Verbrechen, das vom FBI in den Vereinigten Staaten fast völlig zurückgedrängt worden war - jedenfalls, wenn es um Kindesraub mit Erpressung ging. Es gab keine ungelösten Fälle mehr - das FBI hatte alle Fälle aufgeklärt. Wie der Zorn Gottes brach es über die Gangster herein. Heutzutage fielen vor allem Kinder Entführungen zum Opfer. Dabei handelte es sich meist - von zerstrittenen Elternpaaren einmal abgesehen - um perverse Triebtäter,
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