10 - Operation Rainbow
in fleckiggrüher Uniform sahen. Um als Pilot seinen Lebensunterhalt zu verdienen, mußte man sich für den Besten halten, was in Malloys Fall natürlich zutraf, wie er selbst meinte. Und dieser Harrison war ein vielversprechender Pilot, falls er in Uniform blieb und nicht als Stauberater in Hinterposemuckel endete. Fünf Minuten später landete er, ließ die Turbomotoren auskühlen, und zwanzig Minuten später lag er im Bett.
***
»Er wird den Auftrag annehmen«, berichtete Popov. Sie saßen in einem Eck-Abteil, und die Hintergrundmusik des Restaurants schützte die Unterhaltung vor unliebsamen Zuhörern. »Er hat es noch nicht bestätigt, wird's aber sicher tun.«
»Was ist das für einer?« wollte Henriksen wissen.
»Sean Grady. Kennen Sie den Namen?«
»PIRA... hat meist in Londonderry gearbeitet, stimmf s?«
»Den größten Teil seiner Zeit, ja. Er hat drei SAS-Kämpfer geschnappt und... sich ihrer entledigt. Bei zwei getrennten Gelegenheiten. Der SAS war hinter ihm her, bei drei Aktionen. Einmal kamen sie ganz nahe an ihn heran und töteten rund zehn seiner engsten Vertrauten. Er hat daraufhin mit potentiellen Informanten in seiner Organisation kurzen Prozeß gemacht. Ziemlich skrupellos«, versicherte Popov seinen Auftraggebern.
»Das stimmt«, bestätigte Henriksen. »Ich weiß noch, was er den SAS-Burschen angetan hat. Gar nicht schön. Grady ist ein widerliches kleines Ekel. Hat er ausreichend Mitstreiter, die seine Aktion unterstützen?«
»Ich glaube schon«, gab Dmitrij Arkadejewitsch zurück. »Und mit dem Geld hält er uns noch hin. Fünf habe ich angeboten, er will sechs Millionen - und Drogen dazu.«
»Drogen?« Henriksen war ehrlich verblüfft.
»Ich dachte immer, die IRA ist gegen den Drogenhandel?« wandte Brightling ein.
»Die Welt hat sich gewandelt. Jahrelang hat die IRA Drogenhändler in ganz Irland zu eliminieren versucht - hauptsächlich durch Knieschüsse, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Seinerzeit war das ein Teil seiner politischen und psychologischen Taktik; jetzt sucht Gary vermutlich nach einer ständigen Einnahmequelle für seine Gruppe«, erläuterte Dmitrij. Die moralischen Implikationen schienen niemanden hier am Tisch zu interessieren.
»Wir könnten diese Forderung vermutlich erfüllen«, erwiderte Brightling mit leichtem Abscheu. »Knieschüsse? Was soll das heißen?«
»Man nimmt eine Pistole«, schilderte Bill, »hält sie hinter die Kniebeuge und drückt ab. Die Kniescheibe wird in tausend Splitter geschossen. Sehr schmerzhaft, und man bleibt lebenslang Krüppel. So sind sie mit Verrätern und anderen verfahren, die ihnen nicht paßten. Die protestantischen Terroristen haben für den gleichen Zweck den Schlagbohrer bevorzugt. Anschließend spricht sich schnell herum, daß man sich besser nicht mehr mit den Tätern einläßt«, schloß Henriksen.
»Ekelhaft«, kommentierte der studierte Mediziner Brightling.
»Deshalb nennt man sie ja Terroristen.« Henriksen zuckte die Achseln. »Heutzutage würden sie ihre Gegner einfach töten. Grady ist für seine Skrupellosigkeit berüchtigt, nicht wahr?«
»Allerdings«, bestätigte Popov. »Ich zweifle nicht daran, daß er die Aktion übernimmt, Bill. Das Konzept und Ihr Vorschlag, wie man es durchführen sollte, gefallen ihm. Es schmeichelt seinem Ego.« Popov nippte an seinem Wein. »Schließlich möchte er die politische Führung in der IRA übernehmen, dafür muß er sich profilieren.«
»Irland, wie es leibt und lebt - das Land mit dem traurigsten Liebesleben und den glücklichsten Kriegen.«
»Wird es ihm gelingen?« fragte Brightling.
»Das Konzept ist raffiniert. Aber vergessen Sie nicht, daß für ihn der Erfolg darin besteht, die Primärziele auszuschalten, die beiden Frauen zu töten, ferner ein paar Soldaten aus der Einheit, die den Gegenschlag führt. Anschließend wird er gewiß flüchten und nach Irland zurückkehren wollen, wo er Unterschlupf findet. Eine solche Aktion zu überleben, bedeutet schon genug Erfolg, um sich anschließend politisch durchzusetzen. Ein großangelegter militärischer Kampf wäre vermessen, und Grady ist nicht verrückt«, setzte Dmitrij hinzu, ohne seiner Sache ganz sicher zu sein. Waren nicht alle Revolutionäre verrückt? Es fiel ihm schwer, zu verstehen, wie jemand sein Leben von einer vagen Utopie bestimmen lassen konnte. Die erfolgreichen unter ihnen, Lenin, Mao, und vielleicht noch Gandhi, hatten ihre Visionen in diesem Jahrhundert durchsetzen können
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