10 - Operation Rainbow
werden vom Hubschrauber aus von staatlichen Jägern gejagt. Man jagt sie. Wir Russen lieben die Wölfe nicht so wie Sie in Amerika. Es gibt viele Geschichten vom bösen Wolf, der die Kinder frißt und so weiter. Ammenmärchen zumeist, nehme ich an.«
Brightling nickte. »Das ist hier ähnlich. Dabei sind Wölfe eigentlich bloß große Hunde. Man kann sie als Schoßtiere halten, wenn man will. Einige tun es.«
»Wölfe sind sehr zutraulich«, fügte Bill hinzu. Er hatte sich oft einen als Haustier gewünscht, aber dafür brauchte man ein großes Grundstück. Vielleicht, wenn das Projekt begonnen hatte...
Worum, zum Teufel, ging es hier überhaupt? fragte sich Dmitrij, der das Spiel nach wie vor mitspielte. »Ich wollte immer mal auf einen Bären treffen, aber im Moskauer Umland gibt es keine mehr. Nur im Zoo sind welche zu sehen. Ich liebe Bären«, log er. In Wahrheit hatte er eine Heidenangst vor ihnen. Den russischen Kindern wurden meist gräßliche Legenden von wilden Bären erzählt, obwohl sie manchmal auch mit etwas Gutem in Zusammenhang gebracht wurden - anders als bei den Wolfsmärchen. Große Hunde? Wölfe töteten Menschen, die sich in der Tundra v erliefen. Bauern und Bürger haßten die verdammten Räuber gleichermaßen und freuten sich, wenn die Jäger mit Hubschrauber und Maschinengewehren kamen, um sie aus den Verstecken zu treiben und abzuknallen.
»John und ich sind große Naturfreunde, wissen Sie!« strahlte Bill und winkte dem Kellner, noch eine Flasche zu öffnen. »Waren wir schon immer. Seit damals, bei den Pfadfindern - wohl was ganz Ähnliches wie eure Jungen Pioniere, nehme ich an.«
»Der sowjetische Staat ging mit der Natur sehr stiefmütterlich um. Unsere Umweltschäden sind noch weit schlimmer als eure hier. Amerikaner sind sogar nach Rußland gekommen, um die Schäden zu besichtigen und Vorschläge zu machen, wie man die Umweltverschmutzung reduzieren könnte...« Besonders am Kaspischen Meer, wo die meisten Störe im Dreck umkamen, bevor ihre Eier als Kaviar serviert, beziehungsweise wie seit jeher gegen harte Devisen ins Ausland verschoben werden konnten.
»Ja, das war kriminell«, versetzte Brightling nüchtern.
»Aber das ist ein globales Problem. Die Menschen respektieren die Umwelt nicht so, wie sie es sollten!« Damit holte Brightling zu einem längeren Vortrag aus, dem Dmitrij höflich lauschte, bevor er wieder das Wort ergriff.
»In Amerika gibt es eine große Umweltbewegung, stimmt's?«
»Sie ist aber nicht so einflußreich, wie man sich wünschen würde«, wandte Bill ein. »Aber einigen von uns liegt die Natur sehr am Herzen.«
»Eine solche Bewegung könnte in Rußland sehr nützlich sein. Schade, daß so vieles sinnlos zerstört wurde«, sinnierte Popov und meinte es zum Teil ehrlich. Der Staat sollte die Rohstoffe schonen, schon um sie besser ausbeuten zu können. Der wilde Raubbau rührte daher, daß die lokalen politischen Größen keine Ahnung hatten. Andererseits war die UdSSR in allem, was sie unternahm, entsetzlich ineffizient geblieben - abgesehen von der Spionage, korrigierte sich Popov selbst. Amerika dagegen war immer vorneweg. Die Straßen waren viel sauberer als die in Rußland, selbst hier in New York, und nur eine Wegstunde von jeder größeren Stadt entfernt konnte man grüne Wälder und Wiesen, ertragreiche Ländereien bewundern. Doch was ihn im Moment mehr quälte, war die Frage, wie ein Gespräch über einen terroristischen Anschlag zu diesem Thema führen konnte? Hatte er das Gespräch unwissentlich darauf gelenkt? Nein, sein Auftraggeber hatte unversehens diese Richtung angesteuert - aber welche? Das übliche ökologische Geschwafel? Er nahm einen Schluck Wein und starrte seine Tischnachbarn an. »Wissen Sie, eigentlich hatte ich nie die Chance, mich in Amerika umzusehen. Dabei sehne ich mich schon nach den Nationalparks! Wie heißt noch der mit den Geysiren - Goldstone?«
»Yellowstone. Der liegt in Wyoming. Vielleicht die schönste Landschaft auf dem Kontinent«, erläuterte Henriksen dem Russen.
»Nein, das ist Yosemite!« widersprach Brightling. »In Kalifornien. Es ist das schönste Tal der Welt. Heute trampeln dort Touristen in gottverdammten Scharen herum, aber das wird sich bald ändern.«
»Im Yellowstone-Park ist es ähnlich, John. Und auch da wird sich etwas ändern - eines Tages«, schloß Bill Henriksen.
Was künftige Veränderungen betraf, waren sie offenbar ganz zuversichtlich. Aber die Nationalparks wurden doch von
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