10 - Operation Rainbow
Röntgenaufnahme und stellte fest, daß Fionas Unterarmknochen heilgeblieben war. Eine halbe Stunde später kehrte sie in die Ambulanz zurück, wo alle schon Mittag machten. Patsy setzte sich schwerfällig hinter ihren Schreibtisch und blätterte in der neuesten Ausgabe des Lancet, während ihre Mutter hinter der Empfangstheke stand und mit einer Kollegin plauderte. Beide lechzten geradezu nach mehr Arbeit - nicht, daß sie den Leuten wünschten, Krank zu werden, aber Sandy Clark erzählte ihrer britischen Freundin gerade, daß sie noch keine einzige Schußwunde behandelt hatte, seit sie in England war. Im Krankenhaus ihrer Heimatstadt Williamsburg, Virginia, kam das beinahe täglich vor, was ihre Kollegin kopfschüttelnd zur Kenntnis nahm, doch für eine amerikanische Notschwester war das der ganz normale Alltag.
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Man konnte Hereford nicht als ein verschlafenes Kuhdorf bezeichnen, aber das Verkehrsaufkommen ließ den Ort auch nicht gerade als hektische Metropole erscheinen. Grady hielt sich in seinem Mietwagen äußerst links und folgte den LKWs, die das Objekt beinahe im Schritttempo ansteuerten, weil er ursprünglich mehr Verkehr und daher eine längere Anfahrtszeit einkalkuliert hatte. Er hätte auf die Schnellspur ausweichen und überholen können. Aber dann mußte auch ihre Aktion früher als 13.00 Uhr starten, und wenn ein Plan einmal ausgearbeitet war, pflegte er sich fast sklavisch daran zu halten. Ein taktischer Vorteil war, daß auf diese Weise jedermann wußte, was zu geschehen hatte und wann. Bei Unregelmäßigkeiten konnten sie sich über ihre Handys verständigen, von denen jeder seiner Männer eines mit Schnellwahltaste mitführte. Grady bildete sich ein, die Geräte seien fast so leistungsstark wie die, mit denen Soldaten herumliefen.
Endlich tauchte das Krankenhaus vor ihnen auf. Es lag am Fuß eines flachen Hanges. Der Parkplatz wirkte nicht gerade überfüllt. Vielleicht waren nur wenige Patienten dort, oder die Besucher machten Mittagspause, um den Besuch bei ihren kranken Angehörigen später fortzusetzen.
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Dmitrij lenkte den Mietwagen an den Rand der Durchfahrtstraße und hielt. Bis zum Krankenhaus war es noch ein halber Kilometer, und vom Hügel aus konnte er das Gebäude überblicken, die Vorderfront und den Seiteneingang für die Notaufnahme. Er stellte den Motor ab, nachdem er die Fenster elektrisch heruntergelassen hatte, und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Auf dem Rücksitz befand sich ein einfaches Fernglas, das er am Flughafenkiosk erworben hatte und das er jetzt aus dem Etui nahm. Neben ihm lag ein Handy griffbereit für den Notfall. Er sah zu, wie drei große Speditionslaster vorfuhren und in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses hielten, an einer Stelle, wo Vorderfront und Seiteneingang ebensogut erkennbar waren wie von hier aus.
Erst jetzt kam Popov ein verrückter Einfall. Und wenn er Clark in Hereford anrief und vorwarnte? Er , Popov, hatte kein Interesse daran, daß diese Leute den Nachmittag überlebten, oder? Wenn die Aktion fehlschlug, gehörten die fünf Millionen Dollar und ein paar zerquetschten ihm, und damit konnte er sich dann problemlos aus dem Staub machen. Auf den karibischen Inseln gefiel es ihm; er kannte sie von Reiseprospekten. Es gab dort einige Annehmlichkeiten der Zivilisation - eine Polizei, die nicht korrupt war, Restaurants und Kneipen, gastfreundliche Einwohner - ein Leben in Ruhe und Frieden, nicht allzuweit entfernt von den USA, wohin er gelegentlich fliegen und seine Investitionen tätigen würde, um sein Vermögen zu vermehren...
Aber - nein. Immerhin war es nicht ganz auszuschließen, daß Grady ungeschoren davonkam, und diesen fanatischen, tückischen Iren wollte er nicht auf den Fersen haben. Da war es besser, die Nerven zu behalten und sich nicht einzumischen. So blieb er im Wagen sitzen, das Fernglas auf dem Schoß, und lauschte klassischer Musik, die eines der staatlichen BBC-Rundfunkprogramme spielte.
***
Grady kletterte aus seinem Jaguar. Er öffnete den Kofferraum, zog sein Päckchen heraus und steckte den Wagenschlüssel ein. Timothy CXNeil stieg ebenfalls aus dem kleinen Lieferwagen, den er gemietet hatte, und blieb stehen, bis die anderen fünf sich zu ihm gesellten. Nach ein paar Minuten waren sie vollzählig versammelt. Ein paar hundert Meter weiter fing Gradys Mobiltelefon an zu klingeln.
»Ja?«
»Wir sind jetzt soweit, Sean.«
»Dann los. Wir bleiben hier auf Posten. Viel Guck,
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