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10 - Operation Rainbow

10 - Operation Rainbow

Titel: 10 - Operation Rainbow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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seine Jugendlichkeit. Gute Freunde waren sie geworden mit der Zeit. Stanley stellte bei der Analyse von Geheimdienstinformationen großen Scharfsinn unter Beweis und war in seiner britischen, besonnenen Art ein Meisterspion. John verglich ihn oft mit einer Spinne im Netz; nach außen machte er nicht viel her, wenn man ihm nicht gerade in die Augen schaute, und selbst dann fiel es manchen nicht auf - er sah gut aus, etwas verwegen, hatte noch immer blondes Haar und ein breites Lächeln. Wie John hatte er in vielen Einsätzen getötet, und es bereitete auch ihm keine Alpträume. Eigentlich hatte Alistair noch mehr Talent zum Befehlshaber als er selbst, wie Clark insgeheim zugeben mußte. Beide Männer standen, als wären sie noch immer Anfang Zwanzig, in heimlicher Konkurrenz zueinander, und freiwillig hätten sie sich gegenseitig nicht mit Lobsprüchen überhäuft.
    Nach seiner Dusche ging Clark ins Büro, setzte sich an den Schreibtisch und ging zunächst die Post durch. All den Papierkram haßte er, weil er soviel Zeit in Anspruch nahm und er sein ganzes Gehirnschmalz auf sinnlose Budgetfragen verschwenden mußte. Rechts in der Schublade bewahrte er seine .45er Beretta auf, wie zum Beweis, daß er kein popeliger Zivilbeamter war, doch heute fand sich keine Gelegenheit, seine kriegerischen Künste am Schießstand zu erproben, die ihn zum Rainbow-Kommandanten gemacht hatten - eine Position, die ihn jene Künste mit grausamer Ironie verlernen ließ. Mrs. Foorgate kam kurz nach acht, warf einen Blick ins Büro ihres Chefs und entdeckte die gewohnte Falte auf der Stirn, die immer dort erschien, wenn er Verwaltungsarbeit erledigte. Ganz anders war es beim Studium von Geheimakten oder Einsatzberichten, die ihn wenigstens an bessere Zeiten erinnerten. Sie setzte Kaffee in der Maschine auf, hörte seinen unartikulierten Guten-Morgen-Gruß und wandte sich ihrem eigenen Schreibtisch zu. Als erstes sah sie im Sicherheits-Faxgerät nach, ob etwas Dringendes gekommen war, das sofort zum Chef sollte. Heute war nichts los. Ein neuer Tag dämmerte über Hereford.

    ***

    Auch Grady und seine Leute waren keine Langschläfer. Sie nahmen ihr Frühstück ein: Tee, Eier, Schinken und Toast, denn das irische Frühstück unterschied sich kaum vom englischen. Eigentlich waren die Lebensgewohnheiten beider Länder gar nicht so unterschiedlich, was Gradys Männern allerdings kaum auffiel. Für sie zählten die politischen, gesellschaftlichen Unterschiede, und sie profitierten allenfalls davon, daß be ide Länder sehr gastfreundlich waren. Die Bürger beider Länder lächelten einander zu, wenn sie sich trafen, arbeiteten hart in ihren jeweiligen Berufen, sahen meist dasselbe Fernsehprogramm, lasen dieselben Sportnachrichten und begeisterten sich mit großem Nationalstolz für ein und dieselben Sportarten. Und sie tranken entsprechend viel Bier in Pubs, die hier wie dort gleich aussahen, bis hin zu den bemalten Gasthausschildern, an denen man sie erkannte.
    Was sie unterschied, war vor allem das religiöse Bekenntnis und der Akzent - der Ausländern gar nicht so andersartig, den Iren und Engländern selbst aber jeweils wie eine Fremdsprache vorkam. Ein feines Ohr für Differenzen zu haben gehörte ebenfalls zum Selbstverständnis, auch wenn sie allmählich durch die weltweit gleichartigen Fernsehprogramme eingeebnet wurden. Ein Zeitreisender, der über ein halbes Jahrhundert hinweg urplötzlich hier eingetroffen wäre, hätte sich über die vielen Amerikanismen gewundert, die sich in die Alltagssprache eingeschlichen hatten, aber dieser Prozeß vollzog sich so langsam, daß er denjenigen, die ihn durchlebt hatten, kaum auffiel. Die Situation erinnerte an Länder, die revolutionäre Umbrüche durchmachten. Außenseitern kamen die Neuerungen geringfügig vor, doch jene, die für Veränderungen eintraten, nahmen sie sehr wichtig. Deshalb nutzten Gradys Leute die Ähnlichkeiten des englischen mit dem irischen Alltag nur als Tarnung, die ihrer Aktion zugute kam, nicht als Einladung zu Verständigung und Brüderlichkeit. Leute, mit denen sie unter anderen Umständen ein Bier getrunken oder über ein spannendes Fußballspiel diskutiert hätten, kamen ihnen fremder vor als Marsmenschen und konnten umstandslos getötet werden. Sie waren Objekte, keine »Kumpel«, und so verrückt sich diese Auffassung aus neutraler Sicht ausnahm, ihnen war sie so wohlvertraut wie das Atmen der klaren, frischen Morgenluft, als sie die LKWs und Personenkraftwagen

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