10 - Operation Rainbow
ließ sich auch leichter nachprüfen. Er hob den Telefonhörer ab, tippte die 9 für Auswärtsgespräche und wählte seine New Yorker Nummer. Der Anruf kam glatt durch. Er ließ das Telefon viermal klingeln, dann setzte der Anrufbeantworter ein. Er konnte also ungestört nach draußen telefonieren. Noch war er in Sicherheit, aber er begriff bis jetzt noch nicht, was der schwerreiche Geschäftsmann im Schilde führte seit ihrer ersten Besprechung in Frankreich, als er mit dem Ex-Spion ins Gespräch kam und sich Anekdötchen aus guten alten KGB-Zeiten erzählen ließ. Jetzt saß er hier in Kansas, USA, trank Wodka und sah fern, mit über sechs Millionen US-Dollar auf geheimen Schweizer Konten. Ein Ziel hatte er erreicht. Das nächste Problem, das sich stellte, mußte auch noch gelöst werden. Worauf lief das alles hinaus, zum Teufel? Würde er es hier draußen erfahren? Hoffentlich ja.
***
Sämtliche Flüge waren komplett ausgebucht, und alle waren unterwegs zum Flughafen Kingsford Smith bei Sydney. Eine Maschine nach der anderen glitt auf die Landebahn, die wie ein Finger in die Botany Bay hineinragte. Dort waren Jahrhunderte zuvor Sträflinge und ähnliches Gesindel von England her auf hölzernen Windjammern eingetroffen, um den fünften Kontinent zu zivilisieren. Es war ihnen bemerkenswert gut gelungen, wie heute selbst jene zugeben mußten, die sie damals ausgestoßen hatten. Manche der Einreisenden waren junge, kraftstrotzende Athleten, der ganze Stolz ihrer Vaterländer, die sie mit ihren Landesfarben auf der Kleidung entsandt hatten. Doch die meisten waren Touristen mit Pauschalpaketen - Flug, Hotel und Eintrittskarten - die sie für teures Geld von Reisebüros gekauft oder von Politikern ihrer Heimatländer als Werbegeschenk erhalten hatten. Viele trugen Miniaturflaggen. Die wenigen Geschäftsreisenden mußten sich anhören, welch enthusiastische Hoffnungen auf olympisches Gold für ihre Heimat ihre Mitreisenden hegten; dabei sollte das Weltereignis erst in ein paar Tagen beginnen.
Bei der Ankunft wurden die Athleten wie Staatsgäste empfangen und zu Bussen begleitet. Unter Polizeischutz wurden sie über den Highway 64 in die Stadt und von dort ins Olympische Dorf gebracht, das die australische Regierung als luxuriöse Unterkunft für sie errichtet hatte. Daneben ragte das großartige Stadion empor, dessen Anblick die Athleten mulmig werden ließ - würden sie hier Ruhm, Ehre und Medaillen ernten?
***
»Was halten Sie davon, Oberst?«
»Dies ist ein Wunderwerk moderner Baukunst, soviel steht fest«, erwiderte Oberst a. D. Wilson Gearing, ehemals US-Army-Chemiewaffenkorps, »aber wird es hier im Sommer nicht furchtbar heiß?«
»Das hängt wieder mal mit El Nino zusammen. Die Golfströme vor der südamerikanischen Küste haben wieder die Richtung gewechselt, und das geht hierzulande mit ungewöhnlich heißen Temperaturen einher. Wir erwarten fünfunddreißig Grad Celsius und mehr - nach der Fahrenheitskala um die neunzig - während der gesamten Spiele.«
»Dann will ich hoffen, daß euer Nebelklimasystem funktioniert. Wenn nicht, ist mit zahlreichen Herzinfa rkten zu rechnen, mein Lieber!«
»Es funktioniert einwandfrei«, versicherte der australische Polizeichef. »Wir haben es gründlich erprobt!«
»Kann ich mir das jetzt einmal ansehen? Bill Henriksen will, daß ich überprüfe, ob es gegebenenfalls von Terroristen als Verteilersystem für chemische Kampfstoffe benutzt werden kann.«
»Bitte sehr. Hier entlang!« Fünf Minuten später standen sie in der Zentrale. Die Wasserpumpe war in einer eigenen, abschließbaren Naßzelle untergebracht. Der Polizist hatte natürlich den Schlüssel und nahm den Oberst mit hinein.
»Ach, hier erst wird das Wasser mit Chlor gereinigt?« fragte Gearing und tat überrascht. Das Wasser kam doch schließlich aus der normalen Wasserversorgung von Sydney, oder etwa nicht?
»Genau. Schließlich wollen wir nicht irgendwelche Keime zusammen mit dem Wasser versprühen...«
»Gott bewahre!« Oberst Gearing nickte und musterte den Plastikbehälter mit Chlor, der vor der eigentlichen Pumpe über dem Verteilerstutzen hing. Hier wurde das Wasser gefiltert, bevor es sich in nebligen Dunst verwandelte, der über allen Korridoren und Tribünen der Arena hing. Man würde das System zuvor mit ungechlortem Wasser spülen müssen, um die Viren effektiv zu verbreiten, aber das ließ sich im Handumdrehen bewerkstelligen. Der falsche Chlorbehälter in seinem Hotelzimmer war
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