10 - Operation Rainbow
die Satellitenverbindung verstummte.
»Gar nicht so schlecht, sich gerade jetzt zu absentieren, Boß«, bemerkte Mike Pierce, der ein paar Meter weiter saß. »Die ersten zwei Wochen sind ein ganz schöner Schlauch. Auf diese Weise wird der Kleine, wenn du wiederkommst, vier bis fünf Stunden durchschlafen. Vielleicht auch mehr, wenn du Glück hast!« prophezeite der Vater von drei Söhnen.
»Kannst du hier irgendeine Sicherheitslücke erkennen, Mike?«
»Wie du schon zu Six gesagt hast, die Aussies haben alles im Griff. Kommen mir wie gute Kämpfer vor. Daß wir hier rumhängen, ist reine Zeitverschwendung, aber was soll's, immerhin kriegen wir was von der Olympiade mit!«
»Wollen's hoffen. Sonst noch Fragen?«
»Was schleppen wir mit?«
»Pistolen werden reichen, und legere Kleidung. Mit eurem Passierschein dürfte das kein Problem sein. Wir teilen uns in Zweiergruppen - du gehst mit mir, Homer mit George. Der Sprechfunk muß natürlich auch mit, aber sonst nichts.«
»Ja, Sir. Scheint mir ausreichend. Was macht dein Jetlag?«
»Und wie fühlst du dich, Mike?«
»Wie in einem Sack verschnürt und mit dem Basenballschläger bearbeitet.« Pierce grinste. »Aber morgen wird's wohl besser sein. Schöne Scheiße, daß es einem nichts hilft, sich heute tagsüber aufs Ohr zu legen. Übrigens, morgen können wir mit den Aussies trainieren und auf der olympischen Sandbahn rennen. Was hältst du davon, Chef?«
»Gute Idee!«
»War doch 'ne Wucht, einen dieser abgewichsten Sportler zu treffen und zu sehen, wie schnell sie mit Seitengewehr und Panzerweste sind!« Bei voller Bewaffnung brauchte Pierce für die Meile mindestens viereinhalb Minuten, unter die magische Vier-Minuten-Grenze war er selbst in Turnhose und Rennschuhen nie gekommen. Louis Loiselle behauptete, sie einmal unterschritten zu haben, und Chavez glaubte ihm. Der gertenschlanke Franzose hatte genau das richtige Format für einen Wettsprinter; Pierce war dafür zu bullig und breitschultrig; eher Wohnmobil als Sportflitzer.
»Bleib auf der Hut, Mike. Wir müssen sie alle vor den Bösewichten schützen. Wenn wir das schaffen, wissen wir, wer die Besten sind!« bemerkte Chavez im Jetlag-Dämmer.
»Alles klar, Sir.« Das würde sich Pierce hinter die Ohren schreiben.
***
Popov war ohne ersichtlichen Grund hochgeschreckt, und - siehe da, ein neuer Gulfstream war gelandet. Er stellte sich vor, daß jetzt die wirklichen Anführer dieser Projektgeschichte eintrafen. Die Angestellten, die mit Frau und Familie kamen, fuhren mit dem eigenen PKW oder nahmen Charter-flüge. Der Firmenjet stand da zwischen den Lichtern, die Treppe wurde herangerollt, die Passagiere liefen hinunter in die bereitgestellten Wagen, die sie zum Wohnturm brachten. Popov fragte sich, wer sie waren, doch Gesichter waren auf diese Entfernung nicht zu erkennen. Vermutlich würde er sie morgen in der Cafeteria kennenlernen. Dmitrij Arkadejewitsch trank im Bad einen Schluck Wasser und ging wieder ins Bett. Die Anlage füllte sich rasch, doch wußte er noch immer nicht, weshalb.
***
Oberst Wilson Gearing wohnte im selben Hotel, ein paar Stockwerke über der Rainbow-Truppe. Seine großen Koffer standen auf der Ablage; die Kleider hatte er in den Schrank gehängt. Zimmermädchen und andere Angestellte, die sich um sein Zimmer kümmerten, hatten nichts angerührt, nur den Schrank kurz geöffnet, die Betten gemacht und das Badezimmer gründlich geputzt. In die Koffer hatten sie nicht geschaut; Gearing hatte Fäden ausgelegt, die noch unversehrt waren - sonst hätten sie einen Plastikkanister mit der Aufschrift »Chlor« entdeckt. Er glich äußerlich genau dem in der Befeuchtungsanlage des Stadions, war sogar von derselben Firma gekauft, gründlich ausgespült und mit den Viruskapseln gefüllt worden. Er hatte auch die für den Austausch benötigten Werkzeuge mitgebracht und in Kansas stundenlang geübt, wo eine identische Anlage stand. Er schloß die Augen und sah sich, wie er wieder und wieder dieselben Handgriffe probte und die Abschaltzeit für die Klimaanlage immer weiter reduzierte. Der Inhalt des Behälters ging ihm nicht aus dem Kopf. Nie hatte man soviel potentiellen Tod auf so kleinem Raum konzentriert, weit mehr als in einer Atombombe steckte - denn anders als diese konnte sich hier die Bedrohung selbsttätig ausbreiten, statt mit einer Detonation zu verpuffen. Durch die Sprühnebelanlage würde es nur dreißig Minuten dauern, bis sich die Viruskapseln vollständig in das
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