10 - Operation Rainbow
hielt und die ihr Martyrium wortlos und ohne erkennbare Reaktion ertrugen. Die meisten ihrer Quälgeister verstanden nichts von Tieren und kümmerten sich ebenso wenig darum, aus was die Hamburger im McDonald's ihres Stadtviertels bestanden. Aus reiner Gedankenlosigkeit trugen sie dazu bei, die Erde zu zerstören, weil es ihnen egal war und sie das Wichtigste nicht einmal erkennen konnten, wenn man sie mit der Nase darauf stieß... sie mußten sterben. Sie waren eine Spezies, die ihr eigenes Todesurteil unterschrieben hatte. Mochte der Wind ihre Gebeine davontragen! Sie dachten nicht wie er, überlegte Gearing. Und wie ein Tier das andere ersetzt, würden er und die Seinen dieses Pack ersetzen. Er war schließlich nichts anderes als natürliche Selektion.
***
Der Jetlag war allmählich geschwunden, wie Chavez feststellte. Das Morgentraining war ihnen gut bekommen; Euphorie und Schweiß brachen aus, besonders nach dem Lauf auf der olympischen Bahn. Er und Mike Pierce hatten sich extra Mühe gegeben; ohne die Zeit zu stoppen, waren sie so schnell drauflos gerast, wie sie konnten. Beim Aufblicken zu den menschenleeren Tribünen hatten sie sich den Beifall der Menge vorgestellt und die Sprechchöre, als wären sie selbst die Helden des Tages. Dann gingen sie duschen und klopften sich grinsend auf die Schultern, kleideten sich wieder an, steckten sich ihre Pistolen unters Hemd, Funksprechgeräte in die Tasche und Passierscheine ans Revers.
Einige Stunden später ertönten die Fanfaren, als die erste Mannschaft, die Griechen, unter klingendem Spiel aus dem Tunnel traten. Unter tosendem Applaus der Zuschauer erklärte ein Sprecher die Olympiade von Sydney für eröffnet. Als Sicherheitsbeauftragter nahm sich Chavez vor, die Menge im Auge zu behalten, doch ohne einen konkreten Anlaß fiel es ihm schwer, und er ließ sich immer wieder vom Geschehen auf dem Platz ablenken. Die jungen Athleten marschierten fast so schneidig wie Soldaten, als sie ihren Flaggen und Funktionären auf der Bahn folgten. Für sie mußte es, dachte Ding, ein unvergeßliches Erlebnis sein, vor den anderen Nationen der Welt das eigene Vaterland repräsentieren zu dürfen. Über Monate und Jahre hinweg hatten sie trainiert, um dieser Ehre würdig zu sein, Beifall einzuheimsen und sich berechtigte Hoffnung auf olympisches Gold zu machen. Solch öffentliche Ehrung wurde niemandem zuteil, der beim CIA tätig war, erst recht nicht einem Teamchef bei Operation Rainbow. Hier ging es nur um den Sport, das reine, zweckfreie Kräftemessen. Jede Sportart war von Bedeutung, wenn sie nur ernsthaft betrieben und von den Zuschauern ernstgenommen wurde, und manche hatten ja geradezu militärischen Charakter. Wettlauf - war nicht die wichtigste Kriegskunst die Schnelligkeit, um in die Schlacht zu stürmen oder ihr zu entrinnen? Speerwerfen - den Feind zielsicher mit der Lanze treffen. Diskuswerfen - eine taktische Waffe mit Fernwirkung schleudern. Hürdenlauf - eine Mauer überspringen und in die feindlichen Schanzen eindringen. Weitsprung - den Graben überqueren, den der Feind zu seiner Verteidigung angelegt hatte. All diese Disziplinen entstammten dem Soldatenhandwerk der Antike, und die modernen Spiele hatten noch Gewehr- und Pistolenschießen hinzugenommen. Der moderne Fünfkampf beruhte auf Fertigkeiten, die ein Meldegänger in den Armeen des späten 19. Jahrhundert vorweisen mußte: Reiten, Laufen, sich den Weg zum Ziel freischießen, um dem Heerführer rechtzeitig zu berichten, was er wissen mußte, wenn er die Truppen wirkungsvoll einsetzen wollte.
Diese Männer und Frauen waren Krieger von besonderer Art. Was sie erringen wollten, war der Ruhm für sich selbst und für die Fahne, unter der sie angetreten waren. Den Gegner ohne Blutvergießen zu überwinden, war der reinste aller Siege auf dem Feld der Ehre. Das, dachte Chavez, war ein würdiges Ziel für alle. Allerdings fühlte er sich zu alt und zu verbraucht, um hier noch mitzuhalten. Er tastete nach der Beretta unter seinem Hemd. Dies, und die Fähigkeit, damit umzugehen, machte ihn fit genug, um die Sportler gegen jeden in Schutz zu nehmen, der ihnen ans Leder wollte. Das mußte reichen, selbst für einen Domingo Chavez.
»Sagenhaft, Boß«, staunte Pierce, als er die Griechen an sich vorbeiziehen sah.
»Wirklich, Mike. Ein unvergeßliches Erlebnis!«
34 - DIE SPIELE GEHEN WEITER
Wie es im Leben zu gehen pflegt, stellte sich nach einiger Zeit die Routine ein. Chavez und sein Team
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