10 - Operation Rainbow
ob einer die Granate schmeißt und diese Barbiepuppen zu Klump sprengt! Nein, Sir. Ich hab mir genau überlegt, ob ich von hinten hineingehe oder einen Zangenangriff wage. Aber die Entfernung und der Zeitfaktor schienen dagegen zu sprechen. Soll das heißen, ich habe mich geirrt, Sir?«
»In diesem Fall schon.«
Scheiß der Hund drauf, dachte Chavez. »Na schön. Zeigen Sie mir, was Sie meinen.«
Es war mindestens so sehr eine Frage des persönlichen Stils als des Falsch-oder-richtig, und Alistair Stanley hatte, wie Ding wußte, ebensoviel Erfahrung auf dem Buckel wie alle anderen. Also setzte er sich brav hin und lauschte. Ding nahm aus den Augenwinkeln wahr, daß Clark dasselbe tat.
»Mir gefällt das nicht«, murmelte Noonan, als Stanley seine Darlegungen beendet hatte. »Einen Kracher am Türknauf zu montieren, wäre kinderleicht. Diese Dinger kosten höchstens zehn Dollar, und man kriegt sie in jedem Flughafenshop. Werden viel von Hotelgästen benutzt, die ihre Tür damit absichern gegen unwillkommene Eindringlinge. Wir hatten einen Fall im FBI, wo der Täter so ein Ding einsetzte - hätte uns fast den gesamten Einsatz vermasselt, wenn die Leuchtgranaten am Außenfenster den Lärm nicht übertönt hätten.«
»Und was, wenn Ihre Kameras nicht die Position aller Subjekte erfassen?«
»Haben sie aber, Sir!« widersprach Noonan. »Wir hatten Zeit genug, sie alle aufzufinden.« In Wahrheit war zu Übungszwecken die Zeit zehnfach verkürzt worden, aber das war bei Computersimulationen die Regel. »Das Computerzeugs ist prima, wenn man den Befreiungsschlag plant, aber bei anderen Sachen fällt es ein bißchen ab. Ich finde, wir haben unsere Sache gut gemacht.« Sein Schlußsatz ließ nach Dings Eindruck zugleich durchblicken, daß Noonan vollgültiges Mitglied von Team-2 sein wollte, nicht bloß der Technofreak. Tim hatte viel Zeit im Schießstand verbracht und war jetzt auf gleicher Höhe mit allen anderen. Schließlich war er unter GUS Werner beim Geiselrettungsteam des FBI gewesen. Er hatte Empfehlungen für die Hohe Schule. Werner war als Six für Operation Rainbow im Gespräch gewesen; Stanley allerdings auch.
»Okay«, meldete sich Clark zu Wort. »Dann laßt das Band laufen.«
Es brachte eine unangenehme Überraschung für alle. Terrorist Nummer 2 war, laut Computerprotokoll, beim Kopfschuß herumgewirbelt und hatte den Finger am Abzug seiner AK-74 verkrampft, wobei eine seiner Kugeln Chavez direkt in die Stirn traf. Chavez war mausetot, meldete der Cray-Rechner, weil die hypothetische Kugel unter dem Rand seines Schutzhelms einschlug und direkt ins Hirn drang. Der Schock, mit dem Chavez darauf reagierte, ging bemerkenswert tief. Das zufällige, nur aus der Logik des Programms abgeleitete Geschehnis war zugleich höchst real, denn solche Zufälle ereignen sich auch im wirklichen Leben. Da hatten sie lang und breit diskutiert, ob die Helme mit Plexiglasvisieren ausgestattet sein sollten, eine Kugel abfangen konnten oder auch nicht; letztlich wurde dagegen entschieden wegen der Sichtbehinderung beim Zielen... Dies mußte eventuell noch einmal überdacht werden. Die Folgerung des Rechners war ganz einfach: Wenn es möglich war, konnte es passieren, und was passieren konnte, geschah dann auch früher oder später. Dann müßten sie zu einem von ihnen nach Hause und seiner Frau erklären, sie sei soeben Witwe geworden. Nur eines Zufalls, einer unglücklichen Verkettung der Umstände wegen. Angehörige davon zu unterrichten, war eine schauerliche Pflicht: Todesursache - Pech gehabt. Chavez erschauerte bei dieser Vorstellung. Wie würde Patsy es aufnehmen? Dann straffte er sich. Die Wahrscheinlichkeit war außerordentlich gering, mathematisch ungefähr so, wie beim Golfspielen vom Blitz erschlagen zu werden oder bei einem Flugzeugzusammenstoß umzukommen. Das Leben war ein Risiko, das sich nur durch den Tod vermeiden ließ. Oder so ähnlich. Er wandte sich zu Eddie Price um.
»Des Schicksals Würfel sind gnadenlos«, bemerkte der Hauptfeldwebel trocken. »Aber ich hab Ihren Mörder erwischt, Ding.«
»Danke, Eddie. Muntert mich ganz schön auf. Schießen wir nächstes Mal schneller?«
»Kopf hoch, Ding«, tröstete Stanley, der den Wortwechsel mit anhörte. »Hätte schlimmer kommen können. An einem Elektron in der Birne ist noch keiner gestorben.«
Und aus dem Training soll man was lernen , fügte Ding im Stillen hinzu. Aber welche Lektion war hier fällig? Daß man unversehens in die Scheiße gerät?
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