10 - Operation Rainbow
Und wenn sie's wußten, war es ihnen völlig egal. Schlimmer noch, ihre Vorstellungen entsprachen nicht der Wahrheit, und er würde seine liebe Not haben, ihnen diese Illusionen zu nehmen.
Schließlich klingelte das Telefon doch noch. Die Frau bedeutete ihm dranzugehen.
»Ostermann hier«, meldete er sich, als er den Hörer abnahm. Sein Besucher griff nach dem Zweithörer.
»Herr Ostermann, ich bin Hauptwachtmeister Wilhelm Altmark von der Staatspolizei . Soviel ich weiß, haben Sie ungebetene Gäste.«
»Ganz recht, Hauptwachtmeister«, bestätigte Ostermann.
»Könnte ich bitte mit ihnen sprechen?« Ostermann starrte Hans Fürchtner ängstlich an.
»Sie haben sich Zeit gelassen, Altmark«, erklärte Hans. »Nun sagen Sie bloß, wie Sie's rausgefunden haben?«
»Ich frage Sie nicht nach Ihren Geheimnissen, wenn Sie mich nicht nach meinen fragen«, gab der Polizist kühl zurück. »Ich möchte gern wissen, wer Sie sind und was Sie mit Ihrer Tat bezwecken.«
»Ich bin Kommandant Wolfgang von der Roten Arbeiter-Fraktion.«
»Und was wollen Sie?«
»Wir möchten mehrere Freunde aus verschiedenen Gefängnissen befreien und zum Schwechat-Terminal hinausfliegen. Dort verlangen wir ein Flugzeug mit einer Reichweite von fünftausend Kilometern und eine internationale Pilotencrew. Unser Ziel geben wir erst bekannt, wenn wir das Flugzeug besteigen. Wenn wir bis Mitternacht keins kriegen, werden wir damit anfangen, einige unserer - unserer Gäste in Schloß Ostermann zu töten.«
»Ich verstehe. Haben Sie eine Liste der Gefangenen, die Sie befreien wollen?«
Hans legte eine Hand über den Hörer und streckte die andere aus. » Petra, die Liste.« Sie trat heran und reichte sie ihm. Niemand erwartete ernsthaft, daß über diesen Punkt Einigkeit erzielt wurde, aber das gehörte zu den Spielregeln, denen man gehorchen mußte. Unterwegs hatten sie beschlossen, daß sie eine der Geiseln töten mußten, vielleicht auch zwei, bis sie's zum Flughafen schafften. Gerhardt Dengler kam als erster dran, dachte Hans, anschließend eine der Sekretärinnen. Weder er noch Petra hätten die ersten Opfer aus dem Hauspersonal gewählt - das waren wenigstens echte Arbeiter, keine kapitalistischen Lakaien wie die im Büro. »Ich gebe jetzt die Namen durch, Altmark...«
***
»Alles klar«, erklärte Price, »jetzt haben wir eine Liste derer, die wir unseren Freunden zuliebe aus dem Knast lassen sollen.« Er drehte den Laptop, damit Chavez den Bildschirm sehen konnte.
»Die üblichen Verdächtigen. Sagt uns das irgendwas, Eddie?«
Price schüttelte den Kopf. »Eher nicht. Diese Namen könnte jeder aus der Zeitung kennen.«
»Weshalb kriegen wir sie dann?«
»Dr. Bellow würde sagen, daß es sein muß, daß sie Solidarität mit ihren Genossen zeigen, obwohl sie samt und sonders Soziopathen sind, die einander schnurzegal sind!« Price zuckte die Achseln. »Beim Cricket gibt es Regeln. Beim Terrorismus genauso, und...« In diesem Augenblick unterbrach der Flugkapitän den Meinungsaustausch und bat darum, sich anzuschnallen und die Tischchen hochzuklappen, weil die Ankunft kurz bevorstünde.
»Jetzt geht's aufs Ganze, Eddie.«
»Stimmt, Ding.«
»Ist das hier bloß der Solidaritätsscheiß?« Ding tippte auf den Bildschirm.
»Mit aller Wahrscheinlichkeit, ja.« Price unterbrach die Telefonverbindung seines Computers, speicherte die Dateien und klappte den Laptop zusammen. Zwölf Reihen weiter vorn machte Tim Noonan dasselbe. Die Team-2-Mitglieder s etzten ihre geschäftsmäßigen Gesichter auf, während die British Airways 737 zur Landung in Wien ansetzte. Jemand hatte vorgesorgt; die Maschine brachte sie rasch zu ihrem Flugsteig, und durch das Fenster sah Chavez, daß der Gepäcklaster vor dem Terminal bereitstand, von Uniformierten bewacht.
***
Ihre Ankunft blieb nicht unbeobachtet. Einem Fluglotsen im Tower fiel sie auf, der schon vorher bemerkt hatte, wie ein Sabena-Flug, der vor dem englischen Flugzeug eingetroffen war, eine extra Warteschleife drehen mußte und daß ein hochrangiger Polizeivertreter im Tower anwesend war, der sich besonders für den British-Airways-Flug zu interessieren schien. Außerdem gab es einen zweiten, eigentlich ganz überflüssigen Gepäckwagen mit zwei Streifenwagen am A-4-Flugsteig. Was sollte das heißen? fragte er sich. Er brauchte nur auf Posten zu bleiben, um mehr zu erfahren. Schließlich hatte er sein Fernglas.
***
Die Stewardeß hatte keine besonderen Instruktionen
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