10 - Operation Rainbow
Nachtsichtgeräte.«
Johnston grunzte und tastete nach der Tasche, die neben dem Futteral seines 10000-Dollar-Gewehrs lag. Wieder suchte er das Gebäude ab, planmäßig und geduldig, wie auf der Pirsch nach Bergwild... Ein angenehmes Gefühl für einen, der zeitlebens gejagt hatte, den Vorgeschmack von Wildbret auf der Zunge, das am Lagerfeuer im Freien geröstet wurde...
***
Auf der anderen Seite des Gebäudes steckte sich Eddie Price die Pfeife an. Nicht so groß wie Kensington Palace, überlegte er, aber viel schöner. Der Vergleich irritierte ihn. Sie hatten schon während seiner Zeit beim SAS ausführlich besprochen, was passieren konnte, wenn Terroristen - damals beispielsweise die irische PIRA oder INLA - eine der Residenzen Ihrer Majestät überfiel? Oder gar Westminster Palace? Der SAS hatte fast alle in Frage kommenden Gebäude besichtigt, um den Grundriß zu prüfen, das Alarmsystem, die möglichen Probleme - besonders, nachdem 1980 ein Verrückter in den Buckingham Palace vorgedrungen war, bis in die Schlafgemächer der Queen! Noch immer überlief es ihn eiskalt, wenn er daran dachte.
Er riß sich zusammen und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Jetzt mußte er sich um >Schloß Ostermann< kümmern. Wieder und wieder blätterte er in den Lageplänen.
»Von innen ist es ein Labyrinth, Ding«, erklärte Price schließlich. »Grauenhaft.«
»Recht hast du. Überall Holzdielen, die bestimmt knarzen, jeder Erker bietet einen Hinterhalt, um uns in aller Ruhe abzuknallen. Wir brauchten selbst einen Hubschrauber, um die Festung einzunehmen!« Wieder ein Thema, auf das er Clark ansprechen mußte. Operation Rainbow war noch zuwenig durchdacht. Alles hatte viel zu schnell gehen müssen. Nicht allein der Hubschrauber war es, den er vermißte, sondern eine gute Pilotencrew, die mehr als einen Flugzeugtyp steuern konnte - schon weil man vor Ort nie wissen konnte, welche Maschinen der Gegner benutzen würde. Chavez wandte sich um. »Doc?«
Bellow trat hinzu. »Ja, Ding?«
»Ich überlege schon, ob wir sie nicht einfach rauslassen, statt einzudringen. Dann erledigen wir sie auf dem Weg zum Hubschrauber.«
»Noch ein bißchen früh, oder?«
Chavez nickte. »Stimmt. Aber wir wollen keine Geisel verlieren, und um Mitternacht müssen wir, wie Sie vorhin meinten, ernsthaft damit rechnen.«
»Mit ein bißchen Glück könnten wir etwas Zeit schinden. Das Telefonat übernehme ich.«
»Verstehe, aber wenn wir zuschlagen, sollte es vollständig dunkel sein. Das heißt, noch im Laufe der Nacht. Die Typen zur Aufgabe zu überreden, erscheint aussichtslos, es sei denn, Sie glauben...?«
»Möglich ist es, aber unwahrscheinlich«, mußte Bellow einräumen. Nicht einmal für das Hinausschieben des Ultimatums hätte er seine Hand ins Feuer gelegt.
»Sollten wir einen Lauschangriff machen?«
Noonan meldete sich zu Wort. »War aber ein schwerer Brocken, Sir.«
»Ist es zu schaffen?«
»Ich könnte mich unbemerkt herantasten. Aber es sind über hundert Fenster, und wie zum Teufel soll ich in den zweiten und dritten Stock kommen? Es sei denn, ich lasse mich vom Hubschrauber aufs Dach hinunter...« Aber dann mußten die Fernsehreporter, die sich mit tödlicher Sicherheit einfinden würden, ihre Kameras abschalten und sich von der Aktion fernhalten. Das Risiko war zu groß, die Terroristen erst recht vorzuwarnen, wenn das Schloß gar nicht im Fernsehbericht auftauchte. Einen Hubschrauber, der zehn Meter über dem Dach flog, mußten sie ohnehin bemerken. Womöglich hatten die Besetzer schon jemanden aufs Dach geschickt, um Wache zu halten.
»Das wird kein Kinderspiel«, murmelte Chavez.
»Wenigstens ist es dunkel und kalt genug, daß die Infrarot-Sichtgeräte funktionieren«, suchte Noonan ihn zu trösten.
»Das ist es.« Chavez nahm das Funkmikrophon auf. »Team, hier Chavez. Geht auf Infrarot. Wiederhole, Infrarot einschalten.« Dann drehte er sich um. »Was ist mit den Handys?«
Noonan zuckte die Achseln. Inzwischen hatten sich vor dem Ostermann-Anwesen rund dreihundert Zivilisten angesammelt. Die Polizei hielt sie vom Grundstück fern, aber sie hatten Aussicht auf Schloß und Gärten. Wenn auch nur einer von denen ein Handy besaß und die im Inneren auch, brauchten sie sich nur anzurufen, und der Unbekannte konnte seinen Kumpels haarklein erzählen, was draußen vor sich ging. Auch die Wunder der modernen Kommunikationstechnologie hatten ihre Kehrseite. Es gab über fünfhundert Handy-Frequenzen; sie alle zu
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