100 Bauernregeln
Schlechtwetterfront, werden meist zunehmend feuchte Luft und damit mehr und mehr die Sonne verdeckende Wolken herangeführt. In feuchter Luft ist der atmosphärische Verdunstungshunger nur gering, sodass der Pflanze nun neben dem Strahlungsstress auch der enorme Stress genommen wird, Feuchtigkeit an die Luft abgeben zu müssen.
Da sich die Pflanze nun wohler fühlt, vermag sie ihre Zweigspitzen wieder aufzurichten, bevor sich regenbedingt das Bodenfeuchteangebot für die Fichte verbessert. Für viele Bewohner der sibirischen Taiga gelten noch heute die Fichte und der Wacholder als wichtige Wetterpropheten.
Die Eigenschaft der Fichtenzweige kann man nutzen, um sich ein Fichten-Hygrometer zu bauen. Dazu benötigt man einen entasteten, frischen Fichtenzweig. Mit dem dickeren Ende nach oben wird der Zweig an einem vor Regen geschützten Ort an der Haus- oder Scheunenwand befestigt. In Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit krümmt sich nun das dünnere Ende entweder nach links oder nach rechts. Zur Verschönerung kann man an der Wand noch eine senkrecht zum Astende orientierte Skala mit Wettersymbolen anbringen. Das Fichten-Hygrometer funktioniert auch noch, wenn das Holz bereits vertrocknet ist. Auch zusammengesetzte Holzbretter arbeiten bei Luftfeuchtigkeitsänderungen. Leider hat durch den Klimawandel die Bedrohung der heimischen Fichtenbestände stark zugenommen. Wegen der für die Fichten ungünstigeren Umweltbedingungen wird dem Borkenkäfer als gefürchtetem Waldschädling in Gestalt des »Buchdruckers« und »Kupferstechers« sein zerstörerisches Werk erleichtert, dem ganze Waldpartien zum Opfer fallen. So werden die durch die Zunahme von schweren Unwettern vorgeschädigten und geschwächten Bäume mit Vorliebe von Borkenkäfern befallen. Dann ist von einer Zusammenbruchswelle der Fichtenforste die Rede.
Regel-Variation
»Der Fichtenzweig, der zeigt dir an, mit welchem Wetter man rechnen kann.«
»Wenn der Ahorn Tränen weint, die Sonne nicht mehr lange scheint; dann rechne mit baldigem Regen, der Pfützen füllt auf allen Wegen.«
Eine Reihe von Bäumen wie beispielsweise Ahorn, Rosskastanie, Espe und Erle kündigen Regenwetter schon Tage oder mehrere Stunden zuvor durch Tränen an den Blatträndern und Blattstielen an. Als Ursache dieses Phänomens kommt nur der Abbau überschüssigen Wassers infrage. Sind die hier angeführten Laubbaumarten bei zunehmender Luftfeuchtigkeit nicht mehr in der Lage, in ausreichendem Maße Wasser zu verdunsten, so scheiden sie das von den Wurzeln aufgenommene Wasser in Tropfenform ab. Da dieser Vorgang sich tagsüber nur bei Zufuhr von Luft mit einem hohen Wasserdampfgehalt vollzieht, die bei nahenden Niederschlägen einströmt, trifft die Regel den Nagel auf den Kopf. Die dabei abgegebenen Tröpfchen (Großpflanzenguttation) glitzern dann im Sonnenlicht, sofern nicht schon längst Wolken den Himmel bedecken.
Im zeitigen Frühjahr kann es bei verschiedenen Baumarten im Bereich von Rindenverletzungen oder an den aus Schnittmaßnahmen resultierenden Wunden auch zum Austritt von Wasser kommen. Das ist aber durch die im Frühjahr aufsteigenden Säfte bedingt. In diesem Falle sind Rückschlüsse auf bevorstehendes Regenwetter natürlich nicht möglich. Den Sommer über bieten die abgesonderten Tropfen unseren Singvögeln, aber auch Bienen und Hummeln, die Möglichkeit, ihren Durst zu löschen. Dass nach Einsetzen der herbstlichen Laubverfärbung als Folge der Einschränkung der Wasser- und Nährstoffzufuhr zu den Blättern Guttationsvorgänge nicht mehr stattfinden, leuchtet ein.
Regel-Variationen
»Wenn Ahorn- und Espenblätter ein Geschmeide tragen, kannst du tags drauf dich nur mit dem Schirm hinauswagen.«
»Glitzern Tränen am Ahornblatt im Sonnenlicht, an Regen in der Nacht es nicht gebricht.«
»Sind des Blauen Lattichs Blüten verschlossen, hoff’ auf Schönwetter unverdrossen; doch öffnen sich des Lattichs Blüten, musst du dich vor Nässe hüten.«
Pflanzliche Hygrometer reagieren mitunter in einer Art und Weise, wie man es eigentlich nicht erwartet. Schließen viele Gewächse wie beispielsweise Gänseblümchen, Löwenzahn, Gold- und Silberdistel ihre Blüten, so gibt es auch Pflanzen, die sich genau umgekehrt verhalten. Dazu zählen der Blaue Lattich, der Große Wiesenknopf und das Fünffingerkraut. Diese Pflanzen reduzieren tagsüber die Wasserabgabe an die Atmosphäre, indem sie durch Verkleinerung der verdunstungswirksamen Oberfläche ihre Blütenköpfe
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