100 Bauernregeln
schließen. Nähert sich aber zunehmend feuchte Luft mit niederschlagsträchtigen Wolken, so breiten sich die Blütenköpfe förmlich breit aus, findet doch bei solchem Wetter keine nennenswerte Verdunstung statt. Der Blaue Lattich zählt zu den Korbblütlern und blüht von Mai bis Juni. Ein ähnliches Phänomen lässt sich beim Blattapparat des Strandhafers wahrnehmen, der bei warmem und freundlichem Wetter seine Blätter einrollt. Wenn aber Regen naht, werden diese wieder mit voller Fläche zur Schau gestellt.
Regel-Variation
»Steh’n die Blüten des Blaulattichs offen, darfst du zunächst auf Schönwetter nicht hoffen.«
»Fließt im Spätherbst noch der Birkensaft, dann kriegt der Winter keine Kraft.«
Solange Saft fließt, ist der Boden im Wurzelbereich der Birke verhältnismäßig warm. Erst wenn eine bestimmte Temperaturschwelle unterschritten wird, stellt der Baum die Aufnahme von Wasser, in dem viele Nährstoffe gelöst sind, ein. Dann wird der Blattapparat nicht mehr versorgt und die Blätter verfärben sich, bevor sie vom Baum fallen. Das Fließen des Saftes hängt natürlich auch vom Feuchtigkeitsgehalt des Erdreichs ab, in dem die Birke wurzelt. Ist dieser sehr hoch, nimmt die Birke noch Wasser auf, zumal der weißstämmige Baum in raueren Gefilden zu Hause ist, was auch seine große Frosthärte erklärt.
Bevor die Blätter fallen, kommt es zunächst zu einem Abbau des in ihnen vorhandenen Chlorophylls. Es wird bei den verschiedenen Baumarten schneller abgebaut als die Carotinoidfarbstoffe. Da die gelbroten Carotinoide nicht mehr vom grünen Chlorophyll überdeckt werden, beschert uns die Natur ein wunderbares Farbenspiel.
Strömt in den Lebensadern der Birke im Spätherbst noch der Saft, hat dies meist seine Ursache in einem wolkenarmen und sonnenscheinreichen November, der sich durch überdurchschnittliche Tagestemperaturen auszeichnet. Die Sonne kann noch verhältnismäßig stark den Boden erwärmen und damit dem naturgegebenen Auskühlungsprozess entgegenwirken. Einem derartigen November folgt in sieben von zehn Jahren ein überdurchschnittlich warmer Januar. Fällt dann auch noch das erste Dezemberdrittel zu mild aus, sodass weiterhin Saftbewegungen in der Birke erfolgen, ist die Wahrscheinlichkeit eines milden Hochwinters noch größer. Wirft die Birke im Spätherbst ihre Blätter ab, weist das darauf hin, dass der Baum die Wasserlieferung zum Blattwerk infolge schon sehr niedriger Bodentemperaturen eingestellt oder reduziert hat.
Die meist flachwurzelnde Birke, die in Mitteleuropa wohl am häufigsten durch die Arten Hängebirke und Moorbirke vertreten ist, galt bei unseren Altvorderen als ein heiliger Baum und Frühlingsbaum, welcher der Göttin Freya geweiht war. Von der Hängebirke existieren zahlreiche Gartenformen wie die Trauerbirke, Blutbirke und Schlitzblättrige Birke. Das Wurzelsystem der Birke, dessen Ausbildung stark auf das Wasser- und Nährstoffangebot reagiert, entwickelt im Falle verdichteten Bodens, bei Basenarmut und bei älteren Bäumen zahlreiche Senker. Der Hauptwurzelhorizont der anmutigen Birke liegt im Bereich von 50 bis 60 Zentimeter Bodentiefe. Dessen ungeachtet dringen einzelne Wurzeln bis in eine Tiefe von 120 Zentimeter vor. Horizontal erstreckt sich die Hauptwurzelzone in einem Radius von drei bis vier Metern um den Birkenstamm.
Regel-Variationen
»Kann Nikolaus (06.12.) noch Birkensaft zapfen, um guten Birkenwein zu trinken, brauchst du durch Schnee im Eismond (Januar) nicht stapfen, da milde Luft statt Hochwinter winken.«
»Findest du die Birke ohne Saft, kommt bald der Winter mit voller Kraft.«
Aus der geringen Tiefe des Hauptwurzelhorizonts erklärt sich im Falle sonnigen und warmen Spätherbstwetters und der damit verbundenen raschen Bodendurchwärmung die längere Feuchte- und Nährstoffnachlieferung über die Wurzeln in das Birkenholz. Kalte Witterung im Spätherbst und in den Wochen zuvor führt dann allerdings auch zu einer raschen Einstellung der Wurzelfunktionen. Übrigens wird der Saft der Birke noch heute für die Herstellung von Birkenwein genutzt, der wichtige Stoffe für die Gesundheit enthält. Übrigens stellt die weiße Rinde der Birke eine Anpassung an sehr niedrige Temperaturen dar.
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