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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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mehr zu beunruhigen als die Lage, in der er sich befunden hatte. Er sah recht aufgewühlt aus.“
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht ganz verbeißen. „Was er auch gesehen hat, es hat seinen Verstand erschüttert, wie mir scheint. Kann nicht schaden. Er begann mir auf die Nerven zu fallen mit seinem Spott. Ich bin sicher, daß es interessant ist, was er uns erzählen wird. Und es paßt gut ins übrige. Wenn die Gehrdorfer wirklich eine Möglichkeit gefunden haben, Leben zu übertragen, wie das immer auch geschehen mag, dann haben sie einige Mühe, ihre Unsterblichkeit nach außen hin zu verschleiern in unserem bürokratischen Staat.“
    „Unsterblich?“ Sie starrten mich an.
    „Das wäre die Konsequenz, nicht wahr?“ Mir schien das alles gar nicht mehr so irrsinnig. Das Gespräch zwischen dem Doktor und Egger deutete darauf hin, daß sie den natürlichen Tod hinauszögern konnten, während sie Verletzungen wie denen Gaissers machtlos gegenüberstanden.
    „Was ist mit Leo Gaisser?“ fragte ich.
    „Tot“, erklärte Willie. „Die Polizei hat noch nicht geklärt, wie.“
    „Was es auch war, es galt mir“, stellte ich fest. „Was ist mit Ernst? Wohlauf?“
    „Ja. Er rauft sich mit der Polizei herum, daß er seine Apparate wiederkriegt.“
    „Sie sind ganz?“ fragte ich überrascht.
    „Der Großteil. Die Bänder haben unter der Hitze gelitten, und die Batterien natürlich. Dem Keller ist nicht viel geschehen. Die Feuerwehr hat gute Arbeit geleistet, sonst wäre jetzt halb Gehrdorf in Flammen. Es tut mir leid, daß wir nicht früher kamen, aber ich hatte Schwierigkeiten, eine Nachricht nach Plangau durchzubringen. An den Fernsprecher in der Post war nicht heranzukommen, ohne Aufsehen zu erregen. Ich mußte an die Bundesstraße und mich fast vor ein Auto werfen, bevor einer hielt. Danach mußte ich die zuständigen Polizeistellen aus dem Schlummer und, was schlimmer war, aus dem Unglauben reißen. Du kannst mir glauben, ich habe nicht weniger Stoßgebete gesprochen als ihr.“
    Klara lächelte, „Sie haben geholfen, Willie.“
    Er schüttelte den Kopf. Er beugte sich zu Julia hinab und berührte mit der Hand leicht ihr Gesicht. „Nur für unsere kleine Freundin war es nicht rechtzeitig genug“, sagte er traurig.
    Sie musterte ihn, dann uns. „Ihr wollt uns helfen, nicht wahr? Mir und meiner Mama?“
    Wir nickten stumm.
    „Ich möchte gern bei euch bleiben.“
    Wir waren sehr froh darüber, daß sie uns vertraute. Mit ihrer Hilfe würden wir leichter an Anna Bergen herankommen, die noch immer in Klara schlummerte, dessen war ich gewiß. Und es gab ein paar Dinge, die wohl nur durch Anna Bergen ans Licht kommen würden. Und niemand außer mir wußte, daß sich der Geist der Toten in Klara eingenistet hatte – abgesehen von Klara selbst natürlich.
    Was mich quälte, war die Frage: Wie lange würde das so bleiben?
     

     
    Wie alle anderen wurde ich ebenfalls vernommen. Ein Oberinspektor Berger leitete die Untersuchungen. Er war ein Mittvierziger und sah nicht aus, als ob er genügend Phantasie für den Fall hätte. Er hatte von mir und meiner Tätigkeit gehört und hütete sich offenbar, mir Fragen zu stellen, deren Antworten seine Phantasie strapazieren mochten. Er hielt wohl nicht allzu viel von dem, was er bisher erfahren hatte. Er wirkte unausgeschlafen, und das war wohl das größte Übel. Ich hütete mich, mehr anzudeuten, als er hören wollte, und ich konnte sehen, daß er zufrieden mit mir war, erleichtert, endlich auf einen Zeugen gestoßen zu sein, der keine Schauermärchen berichtete. Ich fragte mich, was die anderen ausgesagt hatten. Er bat mich wie die anderen, vorerst in Gehrdorf zu seiner Verfügung zu bleiben und deutete an, daß wir uns für den Einbruch in das Bergen-Haus zu verantworten haben würden. Er gedachte die Untersuchungen möglichst rasch abzuschließen. Aber ein paar Tage würde es wohl dauern.
    Wir bekamen Zimmer im Rathausgebäude angewiesen. Notbetten wurden aufgestellt. Man versprach uns besseres Quartier für die kommenden Nächte.
    Unsere Müdigkeit war so groß, daß wir auch auf dem nackten Boden geschlafen hätten. Schließlich hatten wir einen kilometerlangen nächtlichen Waldmarsch hinter uns.
     

     

Das erste, das am Morgen geschah, war, daß mich Schwaber aufgeregt zur Seite zog.
    „Hören Sie, Feller. Was halten Sie davon?“ Er sah aus, als ob er die ganze Nacht kein Auge zugetan hätte. „Der Inspektor hält mich für verrückt, aber ich weiß, daß ich

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