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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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mich nicht geirrt habe. Dieser Steinseifer lebt.“
    Ich erinnerte mich an Willies Worte vom Vorabend und sagte interessiert: „Gut daß Sie das zur Sprache bringen. Ich wollte deshalb mit Ihnen reden. Wer ist dieser Mann?“
    „Na, der alte Mann am Altar, der sich erhängte“, erwiderte er.
    „Aber dann ist er doch tot“, wandte ich ein.
    „Ja, jetzt. Aber nicht vor zwei Jahren, wie unsere Todesanzeige angab. Er wurde vor zwei Jahren als verstorben gemeldet. Geburten, Todesfälle, Heiraten und so weiter, müssen nämlich an die Plangauer Gemeinde gemeldet werden. Dann erhalten wir die Meldung zur Veröffentlichung. Außerdem erinnere ich mich an ihn so genau, weil er einmal bei uns in der Redaktion war. Ich hab ihn sofort wiedererkannt.“
    „Also gut“, sagte ich, „ich glaube, daß Sie recht haben. Wenn es stimmt, was Sie sagen, was würden Sie daraus schließen?“
    Verzweifelt stammelte er: „Das weiß ich nicht. Warum sagen Sie es mir nicht, verdammt noch mal!“
    „Meine Erklärung wird Ihnen nicht gefallen“, erwiderte ich.
    „Kümmern Sie sich nicht darum. Spucken Sie es aus!“
    „Sie haben es heute nacht selbst miterlebt. Die Menschen hier haben, so scheint es, einen Weg gefunden, ihr Leben zu verlängern – auf Kosten anderer. Überlegen Sie einmal, welche Konsequenzen sich daraus ergeben.“
    Er starrte mich an. „Das habe ich schon“, stieß er hervor.
    „Und?“
    „Wer waren die Opfer?“ fragte er. „Es müßten viele gewesen sein, nicht wahr?“
    Ich nickte zustimmend.
    „Aber wer? Es müßte doch auffallen, wenn so viele Menschen verschwinden.“
    „Diese ungewöhnlich hohe Anzahl von Selbstmorden in Gehrdorf könnte passen“, dachte ich laut.
    „Ja und nein“, erwiderte er. „Von den meisten dieser Selbstmorde gibt es Polizeiberichte der Plangauer Polizei. Ich habe sie mir angesehen, schon vor einigen Tagen. Aber darin stand nichts Ungewöhnliches. Ich meine, hätten sie ausgesehen wie die Kleine, Julia Bergen, dann wäre das irgendwie vermerkt worden, ungewöhnliche Alterserscheinungen oder dergleichen. Aber ich stieß auf nichts dergleichen.“
    „Damals wußten Sie noch nicht, wonach Sie suchen sollten“, gab ich zu bedenken.
    „Trotzdem“, beharrte er. „Es wäre mir aufgefallen. Und da ist noch etwas, das mich brennend interessiert. Haben Sie den Friedhof draußen gesehen?“
    „Im Vorbeifahren.“
    „Ich war drin. Ich hab mir alles genau angesehen. Da liegen eine Menge begraben. Auch Steinseifer, der heute nacht noch so quicklebendig war. Dämmert es Ihnen, worauf ich hinaus will?“
    Er fuhr fort: „Wenn sie wirklich ihr Leben verlängern können, und niemand es wissen soll, dann müssen sie alles gut verschleiern, mit falschen Dokumenten und Scheinbeerdigungen. Ich sage Ihnen, in diesen Gräbern liegt nichts. Sie sind leer, wenn unsere Theorie stimmt. Und ich will es mir heute nacht ansehen. Versuchen Sie den Inspektor für den Gedanken zu gewinnen. Aber es muß geheim bleiben. Ganz Gehrdorf steht zwar unter Beobachtung, und keiner kann das Tal verlassen, aber wenn sie uns auf dem Friedhof herum buddeln sehen, und es stimmt, was wir vermuten, dann ist der Teufel los.“
    „Gut“, stimmte ich zu. „Aber machen Sie sich keine großen Hoffnungen. Berger ist der sachliche Typ, der ignoriert, was er nicht glaubt.“
    Schwaber entgegnete: „Wie ich, nicht wahr? Aber mich hat es gepackt. Mit oder ohne Inspektor werde ich mir heute ein Grab ansehen.“
    „Aber seien Sie vorsichtig. Wenn nichts drin ist, wird Sie ganz Gehrdorf der Grabschändung und Grabräuberei bezichtigen.“
    „Kann mir nur recht sein“, erklärte er. „Dann lasse ich diesen Friedhof umgraben.“ Er wollte zur Tür hinaus.
    „Warten Sie, Schwaber. Wo wollen Sie hin?“
    „Herausfinden, welche Freiheiten man uns hier läßt.“
    „Ich bitte Sie, unternehmen Sie nichts allein.“
    Er nickte. „Ich halte Sie auf dem laufenden.“
     

     
    Er hatte offenbar mehr Erfolg, als ich, denn ich sah ihn vorerst nicht mehr, während ich selbst größte Schwierigkeiten hatte, Eintritt in das Zimmer zu erhalten, in dem Klara und Julia untergebracht waren. Schwaber hatte wohl mit seiner Zeitung aufgetrumpft, während mein Ruf als Geister Jäger mich von vornherein suspekt machte. Jedenfalls konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, daß wir mehr als Gefangene denn als Zeugen hier festgehalten wurden.
    Ich schluckte meinen Ärger, soweit es mir möglich war. Berger wollte nicht mit sich reden

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