Andersrum durch die USA - Teil 1 - Florida: Ein schwules Roadmovie führt durch Florida und Kalifornien
Mai 1997
Mit einem Handschlag nach einem weiteren Southern Comfort mit Ginger Ale, war es beschlossene Sache. Am nächsten Tag würden wir ins Reisebüro gehen und einen USA Trip buchen.
Mit leicht angetrunkenem Blick schaute André mich freudig an.
„Wir fahren nach US, wir fahren nach US“, grölten wir quer durch die Kneipe und zogen, wie so oft, alle Blicke auf uns. Das störte uns allerdings nicht weiter, denn das waren wir bereits gewohnt. Nicht nur durch unser selbstbewusstes und forsches Auftreten fielen wir immer und überall auf, auch unser Aussehen zog die Männer beinahe magisch an. André mit seinen eins Sechsundachtzig, dem blonden Haar und den tiefbraunen Augen. Ich, leider etwas kleiner geraten mit meinen eins zweiundsiebzig, nicht ganz so blonden Haaren, dafür aber strahlend blauen Augen. Beide waren wir von schlankem Wuchs und wussten – jedenfalls meistens - wie und wo man die Waffen eines Mannes richtig einsetzte.
Am nächsten Tag im Reisebüro ließen wir uns ausgiebig darüber beraten, wie wir am besten und günstigsten unseren USA Trip gestalten könnten.
„Ich könnte Ihnen ein Gutscheinbuch der Motel-Kette ‚Motel6’ empfehlen. Die gibt es überall in den Staaten verteilt und sie sind auch recht preisgünstig.“ Unser Berater blätterte durch ein kleines Büchlein und zeigte uns die Vorteile dieser Motel-Kette. „Hier zum Beispiel, mitten in Las Vegas. Die erste Person zahlt 20$ pro Nacht, die zweite Person hingegen nur 5$. Oder in Los Angeles wären es 25$ und für die zweite Person 3$.“
„Klingt gut, oder? Was meinst du Micha?“, fragte André mich.
Ich stimmte zu. „Klar, nehmen wir.“
Unser Berater nickte zufrieden, bevor er weitersprach: „Gut, dann wollen wir mal sehen. Wie lange möchten Sie denn eigentlich unterwegs sein? Und wo soll’s hingehen?“
„Ostküste“, sagte ich eilig.
„Westküste“, vermeldete André zeitgleich.
Wir schauten uns an und lachten.
„Alles klar. Jeder von Ihnen woanders hin, oder wollen Sie beide Küsten in die Reise einbinden?“
„Beide“, kam es da, wie aus einem Mund.
Der Mann lächelte. Ja, wir traten meist so auf, als wären wir Zwillinge. Wussten immer, was der andere wollte, dabei waren wir einfach nur die besten Freunde. Beide standen wir auf Männer, machten daraus kein Geheimnis, doch zwischen uns war noch nie etwas gelaufen. Wir waren der Ansicht, dass es unsere Freundschaft gefährden könnte und dieses Risiko wollte wohl keiner von uns eingehen.
Nachdem wir eine ganze Stunde in dem stickigen Reisebüro verbracht hatten, kamen wir freudestrahlend heraus. Alles war unter Dach und Fach.
Vom 03. Juni bis zum 23. Juni 1997 würden wir den Amis ordentlich auf die Nerven gehen. Eine Woche war für die Ostküste eingeplant und die restliche Zeit würden wir, nach einem Innlandsflug, an der Westküste verbringen. Einzig dieses Zwischenstück hatten wir auf Anraten des Reiseverkehrskaufmanns nicht gebucht. Den Flug würden wir vor Ort wesentlich günstiger bekommen, informierte er uns. Um noch zusätzlich zu sparen, ging der Flug nicht ab Franfurt oder Düsseldorf, sondern ab Amsterdam. Knapp Fünfhundert Mark pro Person günstiger. Na, die könnten wir in den USA ja direkt mal in neue Klamotten umsetzen.
Ankunft
Am 03. Juni ging es los. Wir saßen im Zug nach Amsterdam und freuten uns, wie die Schneekönige auf die Reise. Mir war noch ein wenig mulmig zumute, da ich das Privileg hatte, die ganzen drei Wochen den Fahrer spielen zu dürfen. Und das in den USA! Wo ich doch noch nie im Ausland großartig selbst gefahren war. Das dumme an der Sache war nur leider, dass André mit seinen zwanzig Jahren noch zu jung war, um einen Mietwagen in den Staaten steuern zu dürfen. Somit oblag diese Freude mir allein, denn ich hatte die einundzwanzig bereits erreicht.
Wir trafen rechtzeitig in Amsterdam ein, klar, waren ja auch vorsichtshalber schon mitten in der Nacht losgedüst, checkten ein, ließen uns mit gemischten Gefühlen von den Sicherheitsmännern abtasten und stiegen ins Flugzeug.
Um 14:15 Uhr rollte die riesige Maschine der Koninklijke Luchtvaart Maatschappij - kurz KLM - auf die Startbahn und der Urlaub ging endlich los.
Nach einiger Zeit zeigten sich dann auch das Personal an Bord und versorgte die Fluggäste mit all den nötigen und unnötigen Informationen und einem ausgiebigen Frühstück.
Auch in der Maschine gerieten wir direkt in den Fokus. Das störte uns jedoch wenig, denn der Steward,
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