100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
gaumenschmeichlerischen – Blütenseidigkeit.
Zwei Ausnahmen kenne ich allerdings aus meiner Kindheit: Kapuzinerkresseblüten für den Salat: Die schmeckten sehr gut und hatten ein unverwechselbares Aroma! Und gebackene Holunderblüten. Deren Blütendolden wurden in schaumigen, also leichten Pfannkuchenteig getaucht und in Fett gebacken. Mit Puderzucker bestreut serviert – einfach köstlich. Auch Holunder-»Kracherl« (Limonade) wurde mit Hollerblüten angesetzt. Manchmal explodierten die Flaschen im Keller während der (Flaschen-)Gärung – das gab immer eine Riesenschweinerei. Aber ich muss gestehen, dass der fein-süße, irgendwie altmodische Duft von blühendem Holunder sich nicht nur in der Nase, sondern auch auf der Zunge spüren lässt. Und dann habe ich irgendwann kandierte Veilchen entdeckt und probiert. Schmeckt tatsächlich so wie Veilchen riechen …
Sieht so aus, als wäre ich in Sachen Blüten schon wieder mal einem Vorurteil aufgesessen. Aber Chrysanthemen?
Stiefmütterchen wurden mir mal im Hummersalat serviert, einer recht großzügigen Portion mit einem halben Hummer und einem ganzen Stiefmütterchen. Es hinterließ einen bitter-blumigen Geschmack, der nicht wirklich gut zum Krustentier passte. Begeistert war ich nicht. Doch wahrscheinlich essen wir mehr Blumen, als wir uns vorstellen.
Schließlich blühen auch unsere essbaren Kräuter wie Borretsch. Salbei, Lavendel, Schnittlauch, Thymian … Essbare Blüten ziehen sich jedenfalls durch das gesamte Alphabet: Begonie (Begonia), Borretsch (Borago officinalis), Chrysantheme (Chrysanthemum morifolium), Dahlien (Dahlia), Flieder (Syringa vulgaris), Fuchsien (Fuchsia), Gänseblümchen (Bellis perennis), Gladiolen (Gladiolus), Knoblauch (Allium sativum – auch der hat Blüten), Lavendel (Lavandula officinalis), Löwenzahn (Taraxacum officinalis), Magnolie (Magnolia), Malve (Malva), Nelke (Dianthus) , Petunien (Petunia hybrida), Rosen (Rosa), Veilchen (Viola), Vergissmeinnicht (Myosotis), Ysop (Hyssopus officinalis), Zucchini (Cucurbita pepo) und viele mehr.
Viele bei uns verfügbare Blumen wurden schon im Mittelalter gegessen oder wanderten in Kräuterliköre; alte Kräuterbücher bieten entsprechend detaillierte Beschreibungen. Dazu zählt etwa das »Antidotarium Mesue«, eigentlich ein medizinisches Fachbuch aus dem 12., 13. Jahrhundert, dessen viertes Kapitel mit Namen »Conditis« Rezepte für Rosen und Veilchen ebenso wie für Zitronenschalen und Ingwer enthält. Als Autor des Antidotariums gilt ein italienischer Arzt, der sich als Pseudonym den Nachnamen seines arabischen Berufskollegen Yuhanna Ibn Masawayh (777–857) ausborgte.
Doch Achtung: Essbar ist manchmal nur die Blüte, nicht die gesamte Pflanze. Akazienblüten können wir verzehren, den Rest sollten wir besser nicht anknabbern. Es ist sozusagen genau umgekehrt wie bei der Kartoffel, deren Blätter ja giftig sind, während die Knollen im Boden zum Grundnahrungsmittel avancierten.
Bitte jetzt nicht zum Blumenladen rennen, um ein paar Gaumenschmeichler zu kaufen! Unsere Zierblumen wurden mit allerlei Pestiziden traktiert und sind damit zum Verzehr ungeeignet. Auch selbst gesuchte Blumen möchte ich nicht empfehlen: Man muss sie nämlich fehlerlos einer bestimmten – essbaren – Art zuordnen können.
Sicher werden viele Blumen und Blüten höchstens als Zierde eingesetzt. Blumen bieten für uns eher ungewohnte Geschmacksnoten. Die alte Regel, dass etwas so schmeckt, wie es riecht, gilt hier nur selten. Einige verfügen über ein vollkommen neutrales Aroma, andere schmecken leicht süß, wieder andere ein wenig »grasig« – das mag nicht jeder.
Einige Blüten verfügen über echte kulinarische Qualitäten: Einmal habe ich einen Couscous mit getrockneten Rosenblüten gekostet. Zugegeben, die süße, fast marmeladenartige Sauce hatte der Rose ein wenig geholfen. Aber Rosen lassen sich auch als Tee nutzen oder als »Rosenzucker« mit im Mörser zermahlenen Blüten.
Das Veilchen (Viola odorata) war fester Bestandteil mittelalterlicher Küchen und wird heute, mit Eiweiß bestrichen und mit Zucker bestreut, kandiert. Auch auf Blattsalaten machen sie sich gut.
Dahlien werden ebenso wie Malven als Salat serviert. Die frischen Blüten der Taglilie sorgen für Farbtupfer, sind knackig und schmecken ein wenig nach Nüssen. Geöffnete Gänseblümchen schmecken recht bitter. Sie können jedoch sauer eingelegt werden und dann Kapern ersetzen. Wir können einen ganzen Garten auf dem Teller
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