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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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anrichten: Die Tagetes-Sorte »Orange Gem« lockt mit Orangenaroma, Heliotrope schmecken ein wenig nach Vanille. Und die Salatchrysantheme (Chrysanthemum coronarium)? Die Blätter werden mit der Zeit immer bitterer und haben oft einen recht scharfen Geschmack. Blüten können in Teig eingetaucht und dann ausgebacken werden.
    Genau wie Kräuter können Blumen getrocknet werden. Oder blanchiert oder gekocht oder kandiert oder frittiert. Leider haben sich in den letzten Jahrzehnten nur wenige gestandene Köche an Blumen versucht. Viele hingegen versuchten – mit großem Erfolg in den Medien – Zusatzstoffe der Lebensmittelindustrie in ihre Gerichte zu integrieren. Die gibt es fertig samt Rezepten zu kaufen, und niemand muss groß experimentieren, um scheinbar spektakuläre Gerichte auftischen zu können. Inzwischen will die Parfumindustrie der kochenden Zunft auch Blumen erschließen. Ratlos roch ich im letzten Herbst an einem Begonienspray aus der Fabrik, »für den Einsatz in der modernen Küche« zum Aufsprühen auf Fisch, Fleisch und Krustentiere. Brauchen wir Genießer jetzt solche Hilfsmittel aus dem Chemiewerk?

Bottarga
    Als mir das erste Mal Bottarga über meine Pasta gehobelt wurde, war ich misstrauisch. Und die Erklärung unserer italienischen Freunde, dass es sich um »sardischen Kaviar« handle, beruhigte mich nicht wirklich. Von getrocknetem und gepresstem Kaviar hatte ich noch nie gehört. Heute, mit diesem konservierten Fischrogen geschmacklich vertraut, möchte ich dieses »Erweckungserlebnis« nicht missen. Und kann nur jedem raten, es ebenfalls zu versuchen. Zumal es Bottarga inzwischen auch in Supermärkten mit exklusiven Fischabteilungen zu kaufen gibt. Man kann damit umgehen wie mit der weißen Trüffel, also als gehobelter »Drüberstreuer«, aber auch als hauchdünn geschabte, carpaccio-ähnliche Vorspeise mit Olivenöl, Zitrone und Tomaten angerichtet, oder auf Toast. Dieser Geschmack nach frischem, leicht rauchigem Fisch ist unverwechselbar und unvergesslich.
    Wie der Fischrogen –von der Meeräsche, aber auch von Thunfisch und je nach Region auch von anderen Meeresfischen – in diese wachsüberzogene, trockenfleischähnliche Konsistenz kommt, weiß ich bis heute nicht. Wahrscheinlich gibt es wohlgehütete Betriebsgeheimnisse – sowohl in Italien wie auch in Frankreich und in Japan?
    Der Bottarga ist wirklich eine fast mythische Zutat. Schon zur Zeit der Pharaonen soll er verzehrt worden sein, die Phönizier, so heißt es, hätten seine Herstellung im Mittelmeerraum verbreitet. André Castelot, ein 2004 verstorbener, französischer Autor und anerkannter Biograf Napoleons II., ortete ihn sowohl in den Aufzeichnungen des Geschmacksphilosophen Curnonsky als auch in den Erinnerungen Casanovas: Der legendäre Liebhaber soll ihn in Venedig genossen haben, dank eines Albaners, dem er einen Dienst erwiesen habe. Ganze zwölf Bottargas und »zwei Pfund exzellenten türkischen Tabaks« hätte er dafür erhalten. Für Curnonsky, den bekanntesten Schlemmer der Belle Epoque, soll Bottarga vom Thunfisch mit in Öl getunktem Brot ein Aphrodisiakum gewesen sein. Freilich gehörten in das Öl noch ein Glas Weißwein und eine Spitze Cayenne-Pfeffer.
    Rabelais lässt 1534 seine Figur Grandgousier im »Gargantua« auch Bottarga verspeisen. In seinem »Quart livre« schließlich verzehrt Pantagruel wahre Hundertschaften der Delikatesse.
    Pierre Jean Baptiste Legrand D’Aussy, ein Historiker, beschrieb 1782 in seiner »Histoire de la vie privée des Français depuis l’origine de la nation jusqu’à nos jours« (Geschichte des Privatlebens der Franzosen vom Ursprung der Nation bis in unsere Tage) »eine der besten Einkommensquellen« provenzalischer Fischer: »Die Art von Komposition, die sie Botargue oder Poutargue nennen. Um diese herzustellen, nutzen sie Eier der Meeräsche, die in der Sonne ausgebreitet und mit weißem, zerdrücktem Salz bestreut werden.« Danach wurde eine Holzplanke laut Legrand D’Aussy mit Steinen beschwert, bevor der Bottarga nochmals sonnengetrocknet wurde. Ein Autor namens Escard erwähnt 1886, dass Bottarga von den Fischern im provenzalischen Martigues schon morgens um acht auf Brot zu Kaffee mit gezuckerter Milch genossen wurde. Was kein Grund war, mittags auf den Bottarga zu verzichten, da wurde er nämlich mit Käse und Oliven gereicht.
    Bottarga von der Großkopfmeeräsche wird u. a. auf Sardinien, in der Toskana, in Spanien, Griechenland, Tunesien sowie in Martigues und

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