100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
ein laichreifer, ausgewachsener Kabeljau, der von der Barentssee zu den Lofoten schwimmt. Fünf Jahre sind diese Fische alt und wiegen zwischen drei und fünf Kilo. Das Fleisch so eines Skreis schimmert wirklich schneeweiß. In Norwegen wird der Fisch gern pochiert, man kann ihn jedoch auch im Dampf garen oder braten.
Alexandre Dumas empfahl unter anderem »panierten Kabeljau«, mariniert mit Salz, Pfeffer, Petersilie, Schalotten, Knoblauch, Thymian, Lorbeer, Schnittlauch und Basilikum, dem Saft zweier Zitronen und geschmolzener Butter. Beim »Kabeljau nach Art von Hamburg« sollten die Franzosen dem deutschen Vorbild nachkochen und ihr Tellertier mit sechs Dutzend Austern und einer Béchamel, zu der auch das Austernwasser gehört, panieren und mit einer buttrigen Hummersauce servieren. In seiner italienischen Variante wird er mit Anchovis und Merlan gefüllt, mit Brotkrumen und Parmesan überhäuft und mit Weißwein angefeuchtet. Zumindest die beiden letzten Rezepte klingen so wuchtig und mächtig, dass man hier um das feine Aroma des Kabeljaus ernsthaft fürchten muss.
In der Küche des Spitzenrestaurants »Le Louis XV.-Alain Ducasse« in Monaco gibt es hingegen oft besonders naturbelassenen Kabeljau: Dazu werden dicke Scheiben aus einem Fisch von nicht weniger als sechs Kilo zuerst fünf Minuten in Kokosmilch und Zitronensaft mariniert, dann mit Olivenöl kurz angebraten, gepfeffert und gesalzen. Dazu gibt es »Rougail«, eine curryartige Würzmischung aus Réunion, hier in der Cuisine-Version mit roten Zwiebeln, Knoblauchzehen, eingemachten Tomaten, reifer und grüner Mango, Chili, Tomatensaft und Olivenöl. Allein daran zu denken, macht spontan Lust auf Fisch.
Kaktusfeige
Sie ist ein wenig umständlich zu essen, weil man sie pellen muss wie eine Weißwurst, damit sich einem die haarfeinen Stacheln nicht überall in die Haut bohren. Zudem habe ich beim ersten Probieren wohl eine unreife Kakteenfeige erwischt – sie war ziemlich sauer.Auf jeden Fall war meine erste Begegnung mit der Frucht nicht dazu angetan, mich ihr erneut zuzuwenden.
Auf unseren Märkten und in Obstläden habe ich bisher nur gelbgrüne Varianten gesehen, dabei sollen die roten, die aus dem Ursprungsland Mexiko stammen, sehr viel wohlschmeckender sein, als die zum Teil wild wachsenden aus dem Mittelmeerraum. Stimmt es eigentlich, dass die Kakteenfeige Wirt für eine besondere Sorte von Läusen ist, aus denen rote Farbe gewonnen wird? Isst man die Tierchen dann womöglich mit, ohne es zu merken?
Man isst sie. Wenn auch als unfreiwillige Beigabe in anderen Lebensmitteln als der Kaktusfeige. Und man könnte es merken, wenn man denn das Etikett lesen würde. »Lausextrakt« ist unter dem Namen »echtes Karmin« oder »Cochenille« und der Kennziffer E 120 selbstverständlich als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Der rote, wasserlösliche Farbstoff wurde angeblich schon von den Azteken genutzt. Wenn auch wohl nicht zum Essen. Er wird aus den befruchteten, getrockneten Weibchen einer Schildlausart gewonnen. Ein Kilo entspricht gut 140 000 gesammelten Läusen. Diese Tiere tötet man im Wasserdampf, trocknet sie an der Sonne, und aus dem Kilo werden dabei 300 g. Die zermahlenen Läuse färben tradi tionell Textilien, dienen als Pigmente in der Malerei oder für Lippenstifte. Und natürlich in modernen Lebensmitteln, in Milchprodukten, Bonbons, Alkoholika und wo sonst auch immer gleißendes Rot benötigt wird. Zwischenzeitlich stieg die Food-Industrie mehr und mehr auf sogenannte Azofarbstoffe um, doch seit Anfang 2010 kehrt die Cochenille verstärkt zurück, auch in Backwaren.
Cochenille kann in seltenen Fällen allergische Reaktionen ähnlich Asthmaanfällen oder Nesselsucht auslösen. Besonders in den USA sind Fälle von schweren allergischen, sogenannten anaphylaktischen Schocks bekanntgeworden.
Die Notwendigkeit, unsere Lebensmittel mit Farbstoffen anzureichern, hat sich mir bisher nicht erschlossen. Irgendeine Farbe wird das Zeug, was da aus Glas und Tüte kullert, doch wohl haben? Vielleicht aber verkauft man ja wirklich signifikant mehr, wenn Lebensmittel auf einmal in schönem Rot schimmern.
Nun kann der Kaktus ja nichts dafür, wenn die Laus auf ihm nistet. Kaktusfeigen sollten jedenfalls ohne diese unfreiwillige Fleischbeilage verzehrt werden. Sie sind Früchte der Kaktusart Opuntia ficus-indica. Die stammt ursprünglich aus Mexiko, man nennt sie dort auch Nopal. Und sie wurde schon im 16. Jahrhundert in Nordafrika, z. B. in
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