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100 Prozent Anders

100 Prozent Anders

Titel: 100 Prozent Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Anders
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Grundsätzlich bin ich auf Harmonie bedacht. Jeder Tag, an dem ich mich streite, ist für mich ein verlorener Tag. Allerdings nur mit Blick auf Menschen, die ich mag, bei allen anderen ist es mir vollkommen egal.
    Als Schüler war ich sieben Jahre lang Klassensprecher. Wegen meiner ruhigen, bedächtigen Art strahlte ich auf meine Mitschüler anscheinend Führungsqualitäten aus. Ich war ihr Problemlöser. Sie wussten, wenn ich mich um etwas kümmerte, klappte das meist. Bis heute werde ich weder laut noch hysterisch, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Wozu auch? Wer rumschreit, löst keine Probleme. Es kommt immer auf den Ton und die Gestik an, wenn man persönliche Kritik übt. Das habe ich von meinen Eltern gelernt. Sie waren nie wirklich streng mit uns, sondern eher, wie man heutzutage erziehungstechnisch sagt, „liebevoll-konsequent“. Das ist auch nötig, wenn man drei Kinder hat. Dazu noch jede Menge Freunde, die ständig bei uns zu Besuch waren. Ohne eine klare Linie in der Erziehung, wäre es bei uns wie in einem Taubenschlag zugegangen.
    Meine Mutter besitzt ein ganz ruhiges, ausgeglichenes Wesen. Aber wehe, jemand sagt etwas Schlechtes über ihre Lieben, dann wird sie zur Löwin. Mama ist gelernte Dekorateurin. Von ihr habe ich die Liebe fürs Detail und alles Schöne geerbt. Solange ich denken kann, hat sie zu allen möglichen Jahreszeiten und Anlässen unser Haus umgestaltet und liebevoll geschmückt. Mein Vater baute seiner Familie ein Nest, meine Mutter richtete es ein und machte es uns gemütlich. Charakterlich habe ich mir – als Kind sicher unbewusst – vieles von meinen Eltern abgeschaut. Papa und ich sind total pragmatisch veranlagt. Haben wir uns mal für etwas entschieden, wird es auch durchgezogen. Nach dem Motto, jetzt haben wir A gesagt, dann sagen wir auch B, und dann gucken wir mal, was kommt.
    Papas Motto lautet, seit ich denken kann: Durch das Zerreden von Dingen ist noch niemand weitergekommen, durch das Anpacken schon. Das ist unsere Mentalität. Immer geradeheraus und dabei ehrlich sein. Man hat mir schon als Teenager nachgesagt, ich würde eine sehr ausgeprägte Form von Diplomatie besitzen. Meine Freunde meinten, ich könne Menschen ins Gesicht sagen, sie seien Arschlöcher, und dennoch fänden sie mich nett. Nur bei Dieter Bohlen hat das nicht funktioniert. Ihm habe ich ins Gesicht gesagt, was ich von ihm halte, und komischerweise redet er heute nicht mehr mit mir. Doch dazu später.
    Diese direkte, ehrliche Art habe ich nun mal von meinen Eltern gelernt. Vor allem von meiner Mutter, die für uns Kinder die Hauptbezugsperson war.
    ***
    Aufgrund meines südländischen Aussehens werde ich immer wieder gefragt, ob meine Familie mütterlicherseits französische Wurzeln habe. Ich ließ das mal zurückverfolgen bis ins 17. Jahrhundert. Allerdings konnte bei uns keine familiäre Linie nachgewiesen werden, die aus Südeuropa stammt. Aber wer weiß das schon. Mein Vater hatte sechs Geschwister, die sich in sämtliche Himmelsrichtungen verteilten. Auch meine Mutter besaß drei ältere Geschwister, wobei ihr ältester Bruder im Zweiten Weltkrieg gefallen ist. Ihre Lieblings-Schwester lebt in Frankreich. Koblenz war ja nach dem Krieg französische Besatzungszone. Meine Tante Marianne verliebte sich 1943 in einen französischen Soldaten und ging 1947 mit ihm nach Paris. Aus Marianne wurde ein weiches Marian, wie die Franzosen sagen. Nur meine Mutter sagt weiterhin Marianne zu ihr. „So einen Quatsch mache ich nicht mit“, meint sie. Meine Tante redet eigentlich hochdeutsch mit französischem Akzent. Doch wehe, sie ärgert sich über etwas, dann kommt ihr rheinischer Singsang-Dialekt voll durch. Das ist zum Totlachen. Erst kürzlich war sie bei uns in Koblenz zu Besuch.
    Tante Marianne ist mittlerweile 85, sieht aber noch extrem schick und rüstig aus und legt größten Wert auf ein gepflegtes Aussehen. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Unikum, eine wunderbare Mischung aus französischem Esprit und deutschen Tugenden. Sie trägt wenig Schmuck, aber jedes Teil ist etwas Besonderes. Zu jeder Hermès-Tasche kombiniert sie das passende Halstuch. Wie eine richtige Französin eben. Mir kommt ihr Kleidungsstil sehr entgegen. Wahrscheinlich habe ich vieles an ihr bereits als Kind unbewusst in mir aufgenommen.
    Die Ferien bei Tante Marianne und Onkel Robert waren jedes Mal etwas ganz Besonderes. Sie besaßen eine traumhafte Eigentumswohnung in Paris, Parterre, mit einem wunderschönen Garten.

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