100 Prozent Anders
bejahte und meinte, es habe überhaupt keine Probleme gegeben. Wunderbar! Ich war beruhigt.
Zwei Wochen später kam ich nach Deutschland zurück. Als ich auf dem Bauernhof eintraf, war es schon spät in der Nacht. Ich ging direkt ins Bad und danach ins Bett. Nach einer langen Reise in seinem eigenen Bett aufzuwachen und endlich mal wieder zuhause zu sein, war ein beruhigendes und wunderschönes Gefühl. Ich stand auf, zog meinen Hausanzug an und ging in die Küche. Ich machte mir einen Tee und beschloss, meine Freundin Rosi anzurufen. Mit dem Telefon in der einen und der Tasse Tee in der anderen Hand, wandelte ich noch etwas schlaftrunken ins Wohnzimmer und machte es mir auf der großen Couch gemütlich. Während des Gesprächs ließ ich meine Blicke durch den Raum schweifen. Mitten im Satz sagte ich: „Rosi, ich ruf dich später noch mal an.“ Ich legte den Hörer auf und saß wie schockgefroren auf meinem Sofa. Ich traute meinen Augen nicht. Ein großer Teil der Bauernhofmöbel war durch das Inventar aus der Berliner Wohnung ersetzt worden. Neue Schränke, neue Lampen, neue Bilder. Ich lief durchs Haus. Wohnzimmer, Esszimmer und Diele waren komplett umgestaltet worden. Um es auf den Punkt zu bringen: Es war nicht schöner geworden!
Ich schnappte nach Luft und schrie: „Frau Hooooooorrrneemaaaaann!“ Mit Unschuldsmiene trat sie aus dem Wäscheraum. Nachdem ich sie zur Rede gestellt hatte, erklärte sie mir, dass es ihr so viel besser gefalle. Die Möbelpacker seien ja auch so nett gewesen und hätten ihr alles aufgebaut – und alles für nur 2 000 Mark extra. „Liebe Frau Hornemann“, sagte ich, und versuchte Fassung zu bewahren, „es interessiert mich einen Scheißdreck, was Sie schöner finden oder nicht. Es ist MEIN Haus und MEIN Geld. Sorgen Sie dafür, dass nach meiner nächsten Reise alles wieder so an seinem Platz steht wie vorher!“
Frau Hornemann verstand die Welt nicht mehr. Sie habe es sich doch nur schön machen wollen, da sie mittlerweile ja mehr Zeit in dem Haus verbringe als seine Besitzer. „Das mag ja sein, Frau Hornemann, aber das Haus gehört uns, nicht Ihnen.“
Ende der Ansage!
***
Nora verbrachte zwischenzeitlich die meiste Zeit des Jahres in unserem Haus in Los Angeles und kam nur noch wochenweise nach Deutschland. Ich pendelte zwischen meinen Terminen hin und her. Der Bauernhof war zu groß für mich allein und kostete ein Vermögen. Für Nora war es undenkbar, wieder nach Deutschland zurück und auf unser Anwesen zu ziehen. Deshalb entschlossen wir uns, den Hof zu verkaufen.
Durch die große Entfernung hatten Nora und ich uns voneinander entfremdet. Es ist schwierig, eine Ehe aufrechtzuerhalten, wenn man sich manchmal zwei Monate lang nicht sieht. Ist man dann zusammen, dauert es wieder Tage, bis man sich aneinander gewöhnt hat, weil jeder sein eigenes Leben lebt und jeder seine Gewohnheiten pflegt. Nora und ich haben es nie ausgesprochen, aber durch den Verkauf des Hauses gaben wir auch unsere Ehe auf. Wir beide begannen, jeder für sich, einen neuen Lebensabschnitt.
Ich war so viel unterwegs, dass ich mir in Koblenz nur vorübergehend eine Wohnung mieten wollte. Ich wusste nicht, wohin mein Weg mich führen würde. Meine musikalischen Erfolge hielten sich in Deutschland in Grenzen. Ich war zwar immer im Fernsehen präsent, aber der kommerzielle Erfolg meiner Alben blieb aus. Im Ausland hatte ich zwar meine Shows, aber Deutschland verweigerte sich mir gegenüber hartnäckig.
Ich zog in ein auf zwei Etagen aufgeteiltes, 200 Quadratmeter großes Penthouse in der Koblenzer Innenstadt. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, es sei allein meine Wohnung, allein mein Zuhause. Ich besaß nie eine klassische Studentenbude. Und nach meinem Auszug bei meinen Eltern war ich direkt zu Nora gezogen. Jetzt hatte ich endlich ein „Reich“ nur für mich allein. Im Nachhinein ist es interessant und vielsagend: Nora kam nur ein einziges Mal von Los Angeles in diese Wohnung. Sie verbrachte dort genau zehn Tage, und wir schliefen in getrennten Zimmern. Es war ein entscheidender Schritt im Rahmen des Abnabelungsprozesses von meiner Frau und auf dem Weg hin zum Ende unserer Ehe.
Unsere Wohnung in Los Angeles hatten wir in der Zwischenzeit gegen ein Haus eingetauscht, und Nora fühlte sich längst mehr als Amerikanerin denn als Deutsche. Sie kam für ein paar Tage aus Los Angeles nach Deutschland gereist, um ihre Geschwister und mich zu besuchen. Es waren immer kurze Trips. Irgendwie freute
Weitere Kostenlose Bücher