100 Prozent Anders
einfach schön. Am Ostersamstag fuhr ich mit Nora in die Koblenzer City zum Einkaufen.
Im Schaufenster eines Autohauses entdeckten wir einen neuen Alfa Spider. Ein kleines Cabriolet für 38 000 Mark. Ich wollte es unbedingt haben. Nach den Strapazen der vergangenen Wochen wollte ich Nora und mir etwas Besonderes gönnen. Ich schloss die Augen und träumte davon, mit meiner Frau in einem offenen Wagen an der Mosel entlangzufahren und meine Heimat zu genießen.
Das Autohaus hatte leider schon geschlossen. Aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Ich kannte den Geschäftsführer und fand seine private Telefonnummer heraus. Ich rief ihn an. „Hallo, Herr Schneider, hier ist Thomas Anders.“ – „Hallo, Herr Anders, wie geht es Ihnen? Schön, dass Sie anrufen.“ – „Herr Schneider, ich stehe gerade vor Ihrem Schaufenster und sehe dieses wunderschöne Alfa-Spider-Cabrio.“ – „Ja, das ist wirklich toll. Auch die Ausstattung mit dem Leder ist etwas ganz Besonderes.“ – „Jaja, ich weiß“, sagte ich, „ich würde den Wagen gerne kaufen.“ – „Das ist ja klasse. Kommen Sie doch nach Ostern vorbei. Ich bereite alles vor.“ – „Nein, Herr Schneider, Sie haben mich falsch verstanden“, warf ich ein, „ich möchte den Spider jetzt kaufen. Nicht am Dienstag! Da bin ich schon längst wieder auf Tournee.“ – „Oh“, kam es aus der Leitung, „das ist aber kompliziert. Wir haben schon geschlossen.“ – „Das weiß ich, Herr Schneider. Aber wenn Sie das Auto verkaufen wollen, lassen Sie sich halt etwas einfallen. Ich bin in zwei Stunden am Autohaus. Entweder sind Sie da, und ich kriege das Auto, oder der Kauf hat sich erledigt.“ – „Ich tue, was ich kann“, lautete Herrn Schneiders Antwort.
Zwei Stunden später war ich stolzer Besitzer eines neuen Alfa-Spider-Cabriolets, das ich nach sechs Monaten und 900 gefahrenen Kilometern wieder verkaufte.
Die Tournee durch Polen war übrigens genauso erfolgreich wie die in Russland. Überall ausverkaufte Häuser und glückliche Menschen. Nora und ich hatten eine gute, aber auch anstrengende Zeit miteinander. In den Pausen zwischen einzelnen Tourneen waren wir in Koblenz oder flogen nach Los Angeles.
Wir hatten seit ein paar Jahren immer wieder eine Hausdame, die wir für unser Wohl eingestellt hatten. Es mag zwar irgendwie komisch klingen, dass ein junges Pärchen ohne Kinder eine Haushälterin beschäftigte, aber es ging nicht anders.
Nach dem plötzlichen Erfolg von Modern Talking und den damit verbundenen Reisen brauchten wir eine Person, die sich regelmäßig und verlässlich um unseren Haushalt kümmerte. Wir konnten nicht so einfach an einem Tag nach Hause kommen und am nächsten Tag schon wieder abreisen. Es gab ganz banale Dinge, die gemacht werden mussten: Wäsche waschen, den Briefkasten leeren, die Handwerker beaufsichtigen oder ganz einfach im Supermarkt die Grundnahrungsmittel einkaufen.
Eine unserer „Perlen“, wie wir sie nannten, die unser Zuhause pflegen sollten, war Frau Hornemann. Sie hatte ihre festgelegten Aufgaben und ging nach kurzer Zeit bei uns ein und aus. Sie war eine ganz spezielle Type. Von ihrer Art und vom Aussehen her. Sie war Ende 50, von Aussehen und Dialekt her eindeutig norddeutscher Herkunft, groß und füllig und erschien stets gepflegt zur Arbeit. Frau Hornemann war wirklich eine Perle, und im Laufe der Zeit genoss sie unser vollstes Vertrauen. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass Frau Hornemann ihre ganz eigene Moral und Vorstellung von ihren Arbeitgebern (also Nora und mir) sowie von deren Besitz hatte.
Im Hauptwohnraum hatten wir drei große Fensterfronten mit sechs gleichen Gardinenschals. Die Gardinen mussten nun auch von Zeit zu Zeit gewaschen beziehungsweise gereinigt werden. Nora gab also unserer Haushälterin den Auftrag, während unserer nächsten Reise die Gardinen zur Reinigung zu bringen, da es sich um ein hochwertiges Gewebe handelte, das nur chemisch gereinigt werden durfte. Als wir einige Tage später wieder zurück waren, fiel uns das Malheur gar nicht gleich auf. Man kommt ja nicht nach Hause und kontrolliert sofort seine Gardinen.
Am nächsten Tag jedoch sah Nora, dass die einst bodenlangen Gardinenschals an dem einen Fenster mindestens fünfzehn Zentimeter über dem Boden endeten. „Frau Hoooorrrrneeemaaaann“, brüllte Nora, „was haben Sie mit den Gardinen gemacht?“ „Ich hab sie gewaschen“, lautete ihre Antwort. „Sie sollten sie nicht waschen, Sie sollten sie in
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