100 Prozent Anders
Wohnungstür. „Hallo, Thomas, ich bin Wolfgang, komm rein. Ich war heute Morgen schon im Mittelmeer schwimmen. Ich glaub, ich hab mich erkältet. Komm doch rein! Geh schon mal in die Küche. Edwiiin, Eeeeedwiiiin, Thomas ist da. Mach ihm mal einen Tee. Ich geh mal ins Bad und wisch mir die Maske ab. Eeeeeeddwiiiiin, wo bleibst du denn? Ach, ich weiß auch nicht, wo er ist. Er kommt gleich. Dieter ist noch nicht da. Geh doch schon mal in die Küche.“
Weg war er! Wolfgang! Und er hustete! Und ich hatte innerhalb von sieben Sekunden eine Blitzinfo über seinen kompletten Vormittag erhalten.
Ich lernte Edwin kennen, Wolfgang Joops Lebensgefährten, und er zeigte mir kurz die Wohnung. Groß, sehr groß und überall mit Kunst geschmückt. In Erinnerung habe ich noch deutlich die Bilder der polnischen Malerin Tamara de Lempicka und die drei Hunde. Es waren, glaube ich, Zwergspitze, die neugierig umherwuselten. „Ding Dong.“ Es klingelte, und in der Tür standen Dieter und Naddel. Hereinspaziert! „Hallo Dieter, ich bin Edwin. Hallo Naddel. Wolfgang ist noch im Bad, und Thomas ist auch schon in der Küche. Geht ruhig vor!“
„Ding Dong.“ Es klingelte schon wieder. Edwin schritt zur Tür und öffnete Sybille Weischenberg. Sie war Autorin bei der Bunten und sollte das Interview führen. Das übliche „Hallo“ und „Bussi, Bussi“ fand statt, dann klingelte an der Tür auch schon der Fotograf. Es ging zu wie im Taubenschlag. Zwischendurch rannte die Haushälterin um uns herum, Wolfgang rief aus dem Bad, die Hunde, Dieter, Naddel, Frau Weischenberg, Edwin und ich. Ahhhh, ich war müde und fasziniert zugleich.
Wir gingen hoch auf die Dachterrasse, und Wolfgang sprudelte und erzählte von seinen Entwürfen, seinen Aufenthalten in New York und Potsdam. Mittendrin fragte er: „Dieter, warum hast du eigentlich so eine komische Frisur? Ich meine, es sieht immer aus wie ein aufgeplatztes Sofakissen. Ich würde dich ja komplett neu stylen.“ Stille. Betretenes Schweigen. Dieter sagte keinen Piep. Themenwechsel! Wir bekamen ein leichtes Mittagessen serviert, dann führten wir unser Interview. Anschließend hatten wir unsere Fotosession auf der Dachterrasse des Joopschen Penthouses in Monaco. Zwischendurch wurde natürlich immer geredet, und ehrlich gesagt hatten wir sehr viel Spaß. Auf die Bemerkung von Dieter, dass Wolfgang Joop neben Karl Lagerfeld und Rudolph Moshammer der einzige berühmte Designer sei, bekam er von Wolfgang einen angesäuerten Blick zugeworfen, mit der Bemerkung: versehen: „Moshammer?? Du meinst doch wohl nicht diese dicke Münchner Boutiquebesitzerin?“
Die Fotos auf der Dachterrasse mit Blick über Monaco waren ein voller Erfolg. Mal waren Wolfgang, Dieter und ich das Motiv, mal wir beide allein, mal waren auch die Joop-Hunde mit auf dem Bild. Einmal, als Dieter und ich es uns für den Fotografen auf Wolfgangs Bett gemütlich gemacht hatten, die Hunde lümmelten zwischen uns, dachte ich mir: „Hmmm, was riecht denn hier so komisch?“ Ganz so, als sei einem der Anwesenden ein gewisser Darmwind entwichen. Der Geruch hing mir ziemlich intensiv in der Nase. Ich konzentrierte mich dennoch und lächelte in die Kamera. Während der Fotograf den Film wechselte, blickte ich auf einen der Hunde, der vor mir mit dem Schwanz wedelte. Ich wusste sofort, woher der strenge Duft kam – der Hund hatte noch die Reste von seinem letzten größeren Geschäft im Fell kleben.
Abends trafen wir uns alle im Lieblingslokal von Wolfgang und Edwin, und nach diversen Flaschen Champagner und Weißwein gingen Dieter, Naddel und ich zum „Hotel de Paris“, in dem wir übernachteten. Es war ein unglaublich witziger, amüsanter und ereignisreicher Tag gewesen. Ich fiel todmüde ins Bett. Am nächsten Tag flog ich früh nach Hause, da ich mich auf ein paar freie Tage mit Claudia freute. Dieter und Naddel verbrachten ihre Freizeit an der Côte.
***
Modern Talking brach alle Rekorde, im Inland wie im Ausland. Das Album „Back for Good“ stand in über 30 Ländern auf Platz 1. Ich fragte mich manchmal, wo eigentlich die vergangenen elf Jahre, in denen zwischen Dieter und mir Funkstille geherrscht hatte, geblieben waren. Es war so, als hätte die Pause nie stattgefunden, als wären unsere Erfolge nahtlos ineinander übergegangen.
Trotzdem war es nun anders. Ich war älter und erfahrener.
Ich hatte während der vergangenen zwei Jahrzehnte im Showbiz meine Erfahrungen gesammelt, Höhen und Tiefen erlebt.
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