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100 Stunden Todesangst

100 Stunden Todesangst

Titel: 100 Stunden Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Bescheid. Elisabeth schreibt mir
alles. Auch, daß ihr beide manchmal sehr wagemutig seid. Das geht aber nicht,
Nina. Die Welt ist voller Gefahren.“
    „Wir sind
unternehmungslustig“, lächelte Locke. „Tom ist tollkühn. Aber das merkt er gar
nicht, weil er Nerven wie Schiffstaue hat und enormen Mumm. Außerdem ist er
verläßlich wie kein zweiter. Sein einziger Fehler: Er hat zwei verschiedene
Augen. Ein blaues und ein grünes.“
    „Ich habe
es schon bemerkt. Behindert ihn das? Ich meine, ist ein Auge schwächer?“
    „Überhaupt
nicht. Nur ein Schönheitsfehler. Ich ärgere ihn, indem ich behaupte, daß ich
mich auf den Sommer freue, weil er dann seine Sonnenbrille trägt, hihih!“
    Tom, mit
zwei mittelschweren Koffern bepackt, holte sie ein.
    „Am besten,
wir gehen zum Nordausgang“, meinte er. „Dort sind jetzt die meisten Taxis.“ Er
marschierte voraus.
    „Weißt du,
ob er ein Taschenmesser hat?“ wurde Locke flüsternd von Eugenie gefragt.
    „Ich
glaube, ja.“ Dann begriff sie, was hinter der Frage steckte, und fügte schnell
hinzu: „Aber kein gutes. Es tauge nichts, hat er neulich erst gesagt.“
    Eugenie
atmete auf. „Dann habe ich ihm das richtige Geschenk mitgebracht. Schließlich
will ich mich gut einführen, nicht wahr? Es ist ein ganz tolles Taschenmesser
mit zwölf Teilen.“
    „Da wird er
sich freuen.“
    Tom, der
ein Dutzend Schritte vor ihnen war, ahnte noch nichts von der Freude.

9. Zwei Taxis auf
der Großen Schleife
     
    Eisiger
Wind pfiff durch den Nordausgang.
    Bevor Tom
ihn erreichte, bemerkte er den Typ.
    Er kam aus
dem Wachlokal der Bahnpolizei, fest in seinen blauen Kamelhaarmantel gehüllt.
Einen mittelgroßen Koffer hielt er in der linken Hand.
    Ach, der!
dachte Tom. Er erkannte den Mann, der Locke angerempelt — und sich entschuldigt
hatte.
    Jetzt
geht’s ihm wohl besser, stellte Tom fest. Vorhin stand der völlig auf dem
Schlauch. Aber unsere Ordnungshüter haben ihn offenbar ins Gleichgewicht
gebracht.
    Weiter
achtete er nicht auf ihn, sondern blieb stehen, um auf Locke und Eugenie zu
warten.
    „Es ist
abgemacht, daß wir Sie mit dem Taxi nach Birkenrode bringen, Frau von Hauch“,
sagte er. „Wir fahren dann wieder hierher zurück.“
    Eugenie
lächelte und nickte. Sie war jetzt etwas kurzatmig und machte kleine Schritte.
    Sie traten
hinaus in den dunklen Abend.
    Ein Dutzend
Taxis wartete.

    Tom
steuerte auf das erste zu.
    Aber in
diesem Moment stieg dort ein anderer ein: der Mann mit dem Koffer.
    Also nahmen
sie das zweite Taxi.
    Der Fahrer,
ein gemütlicher Typ, verstaute das Gepäck im Kofferraum. Die Damen hatten
bereits im Fond Platz genommen. Tom setzte sich neben den Fahrer.
     
    *
     
    Leopold
Schächt, der Mann mit dem Koffer, atmete auf. Er ließ sich in die Polster
fallen, drehte sofort den Kopf nach hinten und starrte zur Bahnhofshalle.
    Nein,
niemand folgte ihm. Kein Polyp war zu sehen.
    „Zum
Flughafen!“ gab er dem Fahrer als Ziel an.
    Der nickte,
legte den Gurt um und ließ den Motor an.
    Bernd
Stackl war ziemlich jung und fuhr nur aushilfsweise. Damit verdiente er sich
sein Studium. Er wollte Lehrer werden und stand kurz vor dem ersten
Staatsexamen. Leider hatte er wenig Hoffnung, später eine Anstellung zu finden.
Es gab zu viele Lehrer; und die Schülerzahlen sanken von Jahr zu Jahr.
Sicherlich war’s ein Fehler gewesen, daß er sich für diesen Beruf — seinen
Traumberuf — entschieden hatte. Er rechnete damit, daß er noch ziemlich lange
Taxi fahren würde. Schließlich mußte er von irgendwas leben.
    „Zum
Flughafen!“ wiederholte Schächt und atmete mit geöffnetem Mund.
    Diese
blöden Bullen! Zum ersten Mal seit mehreren Stunden glitt ein Grinsen über sein
Gesicht. Diese Uniformträger konnten 900 000 Mark nicht von 1,2 Millionen
unterscheiden. Naja, einen großen Haufen Geld hatten die noch nie gesehen. Was
Marga und Jutta betraf, waren sie entschuldigt. Frau und Tochter hatte er aus
dem Stegreif erfunden. Das konnten die Bullen nicht wissen. Aber ansonsten! Wie
schnell er die hatte einwickeln können. Und dabei hatte alles auf des Messers
Schneide gestanden. Aber jetzt lag’s hinter ihm. Sein Flug nach Paris war
gebucht. Nachher würde er dort landen — und untertauchen. Familie hatte er zum
Glück nicht. Und sein Job als Chefbuchhalter einer Großfirma hing ihm seit
Jahren zum Halse heraus. Deshalb hatte er alles gut vorbereitet. Heute war
Freitag. Nicht vor Montag früh würde man feststellen, daß der Tresor nichts
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