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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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materielle und politische Teilhabe aller. Denn wenn jeder Mensch – unabhängig von seinen Tätigkeiten, egal ob kreativ-schöpferisch oder gesellschaftlich-politisch – tausend Euro im Monat bekäme und davon nicht nur existieren, sondern auch am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnte, dann hätten wir die Chance, die traditionellen Vermögensverteilungen neu auszuverhandeln. Dann gäbe es auch die Chance, zu erledigende Arbeit zu tun, unabhängig von ihrer Bezahlung.
    Selbständig – mit allen
Konsequenzen
    Es muss davon ausgegangen werden, dass künftig immer mehr Menschen Übergangsphasen ihres beruflichen Lebens durch Unterstützung vom Jobcenter finanzieren müssen, weil zunehmend temporäre Arbeitsverhältnisse die lebenslange Arbeit ersetzen. Im Wissenschafts- und Kulturbetrieb, in den Medien, also Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Fernsehen, wird dies seit Jahren praktiziert. Eine Studie der Sozialwissenschaftler Carroll Haak und Günther Schmid am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) zum deutschen Arbeitsmarkt kommt zu dem Schluss, dass alle Arbeitsplätze in Zukunft zunehmend »künstlerisch geprägt« sein werden, und zwar »selbstbestimmter, kompetitiv, wechselhaft in Art und Umfang des Beschäftigungsverhältnisses, in stärkerem Maße projekt- und teamorientiert, zunehmend in Netzwerke und weniger in Betriebe integriert, mit vielfältigen und wechselnden Arbeitsaufgaben, schwankender Entlohnung oder Vergütung und kombiniert mit anderen Einkommensquellen oder unbezahlter Eigenarbeit«.
    Zahlen des Instituts für Freie Berufe in Nürnberg bestätigen diesen Trend: In Deutschland gibt es derzeit über eine Million Selbständige mit seit Jahren wachsender Tendenz. Sie erwirtschaften inzwischen mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In den klassisch selbständigen Berufen, wie den Anwaltskanzleien oder Architekturbüros, stagniert die Entwicklung bzw. werden die Leute auch nur noch projektbezogen eingestellt. Die Zahl der sogenannten Solo-Selbständigen, die ihr Unternehmen ohne Angestellte betreiben, hat sich seit 1991 auf rund 2,3 Millionen verdoppelt, und sie wird immer größer. Immer häufiger arbeiten sie einfach von zu Hause aus, um nicht auch noch teure Gewerberäume anmieten zu müssen. Auch in der Verwaltung versuchen sich viele Fachleute, die im Zuge der Wirtschaftskrise ihren Job verloren haben, nun als Berater oder Controller. Die Existenzgründungen folgen nicht immer dem inneren Antrieb, selbständig Entwicklungen gestalten zu wollen oder nicht mehr fremden Vorgaben unterstellt zu sein. Oft sind es Entscheidungen aus purer Not. Bevor die Menschen sich arbeitslos melden, machen sie sich selbständig.
    Doch besonders in den Kulturberufen kann sich ein Großteil der Selbständigen durch ihre eigene Arbeit nicht ernähren. Am prekärsten ist die Situation der Selbständigen in Kulturberufen, die von der Künstlersozialversicherung nicht anerkanntwerden, weil sie nicht als künstlerisch tätig aufgefasst werden. Das gilt zum Beispiel für alle KuratorInnen, in allen Sparten der Kunst. Vermittlung, also konkrete Arbeit mit den KünstlerInnen, Präsentation, wird nicht als schöpferisch gewertet. Anders als das Schreiben allgemein, auch über Kunst.
    Die früher festangestellte Pressesprecherin Annette K. etwa hatte nach ihrem Studium bei drei verschiedenen Arbeitgebern jeweils für zwei Jahre befristete Anstellungen, zuletzt als Halbtagskraft an einem öffentlich geförderten Forschungsprojekt, das keine Fortsetzung gewilligt bekam. Deshalb wurde ihr Vertrag nicht verlängert, und Annette beschloss, ihre Fähigkeiten als Selbständige anzubieten. Das erste Jahr bekam sie Existenzgründungsförderung durch die Arbeitsagentur, was ihr den Start erleichterte, danach jedoch musste sie auf eigenen Beinen stehen, was ihr nur schwer gelang. Sie bewegte sich zusammen mit vielen Schicksalsgenossinnen in einem hart umkämpften Markt: Als Auftraggeber fungierten fast ausschließlich ihre früheren Chefs. Obwohl sie Texte verfasste, verlangten ihre Kunden, dass sie ihre Dienstleistung auf den Rechnungen als »Beratung« betitelte, da sie nur Fördergelder für Beratung beziehen durften, nicht aber für Textarbeit. Doch genau diese Betitelung wurde ihr bei der KSK zum Verhängnis; die verweigerte ihr nämlich die Aufnahme, weil sie als Beraterin keine künstlerische Leistung erbringe. Textarbeit hingegen wäre KSK-tauglich gewesen.
    Annette K. musste sich daher privat krankenversichern. Von

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