1.000 Euro für jeden
dem PC. Surfe nach Alternativen, um die Angst zu besiegen. Ein »Work and Travel« in Australien wäre nicht schlecht. Stellen sich aber gleich mehrere Hindernisse in den 16100 Kilometer langen Weg: Der Flug kostet ca. tausend Euro, 2400 Euro muss man auf seinem Konto als Rücklage nachweisen können. Wieder mal das liebe Geld, das diese Idee zerplatzen lässt.«
Lena hat als Reporterin, Autorin und Fotografin gearbeitet, als Tonfrau für den NDR, als Redakteurin für RTL 2, als Videocodiererin für die deutsche Post AG, als Geschäftsführerin eines Fitnessclubs. Sie hat sich engagiert für Aktion Sühnezeichen, die Menschenrechtsorganisation Memorial International und die Hilfsorganisation Kinderhilfe Brasilien. Sie spricht Englisch, Russisch und Französisch und hat einen Führerschein in vier verschiedenen Klassen. »High Potential« nennt man so eine.
Lena beschreibt eindrücklich, wie ihre Talente, Erfahrungen und ihre offenbar hohe Flexibilität durch lähmende Existenzangst blockiert sind. Es braucht nur wenig Phantasie, um sich vorzustellen, wie sie mit 1000 Euro bedingungslosem Grundeinkommen Boden unter ihre Füße, Luft unter ihre Flügel bekommen könnte. Denn sie hat gewiss kein Motivations- und kein Qualifizierungsproblem, sie leidet schlicht unter zerstörerischer finanzieller Not.
Seit einiger Zeit wird in der europäischen Kommission unter dem Schlagwort »Flexicurity« (eine Wortschöpfung, die sich aus »flexibility« und »security« zusammensetzt) über die Herausforderung unserer Zeit beraten, wie Flexibilität auf denArbeitsmärkten und Beschäftigungssicherheit, die zurzeit erkennbar in Widerspruch zueinander stehen, in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden können. Ende 2010 will die EU-Kommission auf Basis der Entscheidungen der Mitgliedsländer ein Konzept vorlegen. In Deutschland steckt die Diskussion noch in den Anfängen. Andere Länder, wie unsere beschäftigungspolitisch erfolgreichen Nachbarn Dänemark und die Niederlande, praktizieren bereits erste Ansätze der Flexicurity.
Es springt ins Auge, wie sehr die Einführung eines Grundeinkommens dieses Dilemma lösen könnte. Ganz konkret müsste sich Lena etwa weniger über Krankenkassenbeiträge und Rentenversicherung sorgen, könnte vielleicht auch eine Auszeit nehmen, um sich klarzuwerden, welche Arbeit sie wirklich ausüben will. Um sich dann umso produktiver für die gesellschaftlichen Belange einzusetzen, um die es ihr ganz entschieden geht.
Da das Grundeinkommen ja allen zur Verfügung stehen soll – 1000 Euro für jeden –, würden davon auch »Leistungsträger« und Führungskräfte profitieren. Die FAZ berichtete im Sommer 2009 davon, dass Manager durch die Wirtschaftskrise doppelt unter Druck geraten sind. Sie gelten in Politik, Medien und Öffentlichkeit als Verursacher der Krise und sind zum Feindbild geworden. Gleichzeitig kämpfen viele von ihnen ums betriebliche Überleben, um ihren Job, ihr Gehalt und ihr aufwendiges Leben. In einer Umfrage unter tausend Führungskräften gaben achtzig Prozent an, dass der Leistungsdruck seit Beginn der Krise gestiegen sei. Bei jedem Dritten habe die Krise das Privatleben negativ beeinflusst. Es herrscht die Furcht vor dem freien Fall. Psychologische Ratgeber melden sich auf dem Buchmarkt und in den tagesaktuellenMedien zu Wort – auf diese spezielle Gruppe zugeschnitten.
Wie bei George Clooney in »Up in the Air« sind prinzipielle Einsichten vonnöten, dass Kraft und Selbstbestätigung auch aus anderen Dingen als der Arbeit zu ziehen sind. Manager müssen häufig erst lernen, Selbstbewusstsein und Souveränität mit Sinnstiftung zu verbinden – und Familie, Freundschaften und gesellschaftlich relevante Tätigkeiten als deren Quelle zu begreifen.
Das Grundeinkommen bietet selbst denjenigen, die mit starken Ängsten geschlagen sind, eine Basis, sich anders zu verstehen als unter dem Diktat »Ich werde bezahlt, also bin ich«. Denn es bedeutet eben nicht nur einen monatlichen Scheck, den die Besserverdienenden lächelnd einstecken, sondern eine Verschiebung der Werte, die die gesamte Gesellschaft ergreift: Mit ihm würde die Akzeptanz für Lebensentwürfe fern der Stromlinienförmigkeit und Selbstausbeutung steigen.
Das moderne Arbeits-Los:
Jobnomaden
Die Schere zwischen Arm und Reich geht weltweit, aber auch in der Bundesrepublik weiter auseinander. Gleichzeitig sind wir mitten in einer Phase der heraufziehenden Spaltung der Weltbevölkerung in »globalisierte
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