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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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Kultusministerkonferenz darauf reagiert – jene Versammlung in der die Bildungs- und Kultusminister aller Bundesländer zusammenkommen? Sie versuchte, der OECD-Schelte mit dem Rezept »Mehr vom Gleichen – das aber schneller!« zu begegnen. Mehr Deutsch, Mathematik und Lesen. In der Folge wurde lediglich der Leistungsdruck erhöht, aber keineswegs die Struktur verändert. Die beiden fatalsten Beispiele sind die Verordnung des Zentralabiturs und des Turboabiturs – die Reduzierung auf 12 Schuljahre, bei gleichbleibender Menge des Unterrichtsstoffs. Der Erziehungswissenschaftler Dieter Lenzen etwa schloss aus dem erschreckenden Pisa-Ergebnis fürDeutschland, das Bildungssystem müsse effizienter werden: »Künftig werden Kinder früher zur Schule gehen, mit spätestens 17 ihr Abitur machen und mit 21 ihr Studium abschließen.« Und, möchte man sarkastisch anfügen, mit 22 arbeitslos sein.
    Seit einiger Zeit kursiert ein treffender Ausdruck, der unser Bildungssystem mit dem Krankheitsbild der Bulimie vergleicht: Wissen reinstopfen und in Klassenarbeiten ausspucken. Bekanntlich bleibt dabei für Leib und Seele nichts zurück.
    Kinder und Jugendliche werden sich in ihrem Leben ständig neu erfinden müssen. Die Arbeitswelt verändert sich so rasant, dass es die Arbeitsplätze, für die sie heute ausgebildet werden, morgen schon nicht mehr geben wird. Auf diese unsichereren Zeiten müssen Jugendliche vorbereitet werden. Im Rahmen einer Bildung, die ihre ästhetische Dimension nicht vergisst – und der Wahrnehmung und Gestaltung von Welt Raum gibt. Dennoch schreitet die Politik unbeirrt auf den Pfaden der veralteten Bildung voran, bei sinkenden Investitionen; bei den Bildungsausgaben liegt Deutschland unter dem OECD-Durchschnitt (laut OECD Studie September 2009) und, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, sogar noch unter den Ausgaben von 1995. Das schlechte Abschneiden im OECD-Vergleich hat hierzulande nicht nur Erschütterung ausgelöst, sondern auch zu aktivem Handeln geführt. Zwar nicht bei der Politik, aber beim Volk: Wer es sich irgendwie leisten kann, entzieht sein Kind den staatlichen Schulen. Zwischen 1995 und 2006 hat die Zahl der Kinder in freien Schulen um ein Viertel zugenommen, und die Entwicklung schreitet voran. Bei Grundschulen beträgt die Steigerung sogar sechzig Prozent. Achtzig (!) Prozent aller Eltern, und zwar quer durch alleBildungsstände und Einkommensgruppen, würden ihre Kinder in eine Privat- oder freie Schule geben und der staatlichen Regelschule entziehen, wenn sie denn könnten. Das ist sozusagen eine Abstimmung mit den Füßen – für mehr Aufmerksamkeit und mehr individuelles Eingehen auf die Fähigkeiten ihrer Kinder. Eltern wollen sich einmischen, Schule und Kindergärten mitgestalten, aber auch von den Schülern und Schülerinnen selbst gehen unzählige Impulse aus, Schule zu einem Ort kreativen Lernens zu machen – wovon etwa die Filme »Treibhäuser der Zukunft« eindrucksvoll zeugen. Sie handeln von Schulen, die an den Koordinaten von Raum und Zeit arbeiten, die dem Ort große Bedeutung geben, ihn aufladen: »Es sind Schulen, die die Zeit rhythmisieren und diesen industriellen 45-Minuten-Takt verlassen. Es sind Schulen, die auch aus den Kleinkriegen gegenseitiger Beschämung aussteigen und die die Feindschaft zwischen Schülern und Lehrern aufgekündigt haben«, so der Regisseur der »Treibhäuser« Reinhard Kahl. Seit einigen Jahren zeichnet zudem die Robert-Bosch-Stiftung Schulen aus, die sich selbst neu erfinden. Das Spektrum der freien Schulen, die häufig Ganztagsschulen sind, umfasst nicht nur Gymnasien, sondern zunehmend auch Kindergärten, Haupt- und Grundschulen und geht von konfessionellen Schulen über zweisprachige, antiautoritäre zu privaten, elitären Einrichtungen. Dabei räumt die Bildungsökonomin Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschafsforschung (DIW) mit dem Klischee auf, es handle sich bei denjenigen, die dem staatlichen Bildungsauftrag misstrauen, vor allem um Besserverdienende und ehrgeizige Akademikereltern. Sie kommt nach einer Befragung von 12000 Haushalten zu dem Schluss, dass das Haushaltseinkommen nicht entscheidend sei, wohl aber der Bildungsgrad. Der Boom seivon Eltern ausgelöst worden, die selbst Abitur haben. Und ja, sie nehmen für ein stärkeres Eingehen auf die jeweiligen Fähigkeiten und Neigungen ihrer Kinder und eigene Mitwirkungsmöglichkeiten in Kauf, Schulgeld zahlen zu müssen. So beunruhigend diese Entwicklung im

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