1.000 Euro für jeden
Zeitalter der flexiblen und sich ändernden Projektstrukturen. Hier liegt die Arbeitsform der Zukunft, sie orientiert sich am Rollenmodell der künstlerischen und publizistischen Arbeitsformen, wie eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin belegt. Nach ihr wird flexible, in Netzwerken organisierte Beschäftigung mit schwankender Entlohnung bald keine Ausnahme mehr sein. Mit dem Grundeinkommen ließe sich die Arbeit in Projekten anders gestalten, denn heute ist diese Arbeit immer begleitet von angstbesetzten Hängepartien: Was passiert, wenn das Projekt vorbei ist? Wie ernähre ich mich in der Zwischenzeit, bis ich ein neues Projekt habe?
In unseren Veranstaltungen ist genau dieses verunsichernde »Dazwischen« oft Thema. Ein Grundeinkommen würde die Freiheit erhöhen, zu einem unsinnigen Auftrag, einem überflüssigen Design, einem ökologisch schädlichen Produkt nein zusagen. Und die Freiheit, sich die Zeit dafür zu nehmen, dass Ideen reifen können. Das Grundeinkommen würde also auch die Qualität der Produktion steigern, weil mehr Zeit für sie zur Verfügung stünde. Vom Rande der Existenzfähigkeit befreit, könnte man konsequent den Abbau des einzigen verbleibenden – nachhaltig nutzbaren – Rohstoffs des 21. Jahrhunderts vorantreiben: der Kreativität.
Ermächtigung zur Selbstermächtigung
Der Begriff »Empowerment« stammt eigentlich aus der Sozialarbeit. Das englische Wort ist nur schwer ins Deutsche zu übertragen: »Ermächtigung«, »Selbstbefähigung«, »Stärkung von Autonomie und Eigenmacht« wären Übersetzungen, die der englischen Bedeutung nahe kämen. Mit der Idee des Empowerments verbindet sich das Ziel, Menschen zur Entdeckung eigener Stärken zu ermutigen und mit ihnen zusammen herauszufinden, wie sie ihr Leben selbstbestimmt und unabhängig gestalten. Auf eine kurze Formel gebracht, geht es um »die Ermächtigung zur Selbstermächtigung«.
Leider müssen sich heute alle, die von der Norm abweichen, und zunehmend auch Menschen, die im Sinne des Produktionsprozesses nicht »verwertbar« sind, als Last empfinden, da es ihnen permanent gespiegelt wird. Doch es gibt überall auch Beispiele dafür, dass sich im Arbeits- und Lebenszusammenhang auf die vorhandenen Fähigkeiten einer Person, also auf das, was sie kann , bezogen wird und nicht auf das, was sie nicht kann .
Das Konzept des Empowerments bedeutet eine grundsätzliche Umkehr im Denken. Es geht eben nicht um Anpassung an Norm und Normalität, ob körperlicher, geistiger oder kultureller Art. Auch nicht um ihre Kehrseite, die Wahrnehmung des Abweichenden als störend und defizitär. Empowerment meint: die Erstarrung des Denkens aufbrechen und stattdessen eine – Adrienne Goehler sagt dazu »verflüssigte« – offene Wahrnehmung der Vielfalt an Lebensformen und Lebensweisen zulassen.
Das Grundeinkommen ist die gesellschaftliche Basis für das individuelle Empowerment. Es ist eine (gesellschaftliche) Ermächtigung zur (individuellen) Selbstermächtigung: Indem die Gemeinschaft jedem Einzelnen die Existenz sichert, gibt sie ihnen allen das Startkapital, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen. Das ist also ein gedanklicher Paradigmenwechsel, dessen Tragweite weit über das Finanzielle hinausgeht.
Ein Staat, der seinen Einwohnerinnen ein bedingungsloses Grundeinkommen zahlt, sorgt nicht mehr nur für die Bedürftigen, denkt nicht in Kategorien von Transferleistungen, sondern er sorgt für alle – und damit auch dafür, dass alle für sich selbst sorgen können. Aus einer Gesellschaft von Siegern und Verlierern könnte so eine Gesellschaft möglicher Gewinner werden. Dabei helfen die herkömmlichen Kategorien von autonom und abhängig nicht weiter, denn wir sind alle aufeinander angewiesen, uns in unserem Wissen, Können und unserer Empathie zu verbinden, da wir nicht wie Robinson Crusoe auf einer Insel leben.
9. Kapitel:
Bildung – unsere Zukunft!
Der Pisa-Schock und die freien Schulen
Der erste Pisa-Schock im Jahr 2000 weckte noch Hoffnung auf politische Veränderungen. Bei Eltern, Kindern und den Lehrenden war die produktive Unruhe spürbar. Ihr Gefühl, dass es nicht zum Besten mit der Schule steht, hatte endlich einen öffentlichen Ausdruck gefunden. Dabei ist Pisa im Grunde nur der Name für etwas Tieferliegendes. Die Studie markiert Bruchstellen zwischen einer Industriegesellschaft und dem, wofür wir nur so unzureichende Namen wie Wissens- oder Ideengesellschaft haben. Doch wie hat die
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