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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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Einschreibung, also meistens unmittelbar nach dem Abschluss ihrer eigenen Schulzeit, entscheiden müssen zwischen »Lehramt« und »freier« forschender Tätigkeit. Und häufig fügen sich die Lehramtsstudierenden diesen Erwartungen, reduzieren ihre Art der Wissensaufnahme auf konkret Verwertbares. Bildung im umfassenden Sinn ist etwas anderes.
    Hier liegt eines der Grundprobleme unseres Schul- und Bildungssystems. Aus den pragmatischen, teils eingeschüchterten Studierenden werden LehrerInnen. Solche, die das Bildungssystem in ihrem Leben nie verlassen, nie über Schule und Hochschule hinausgehende Erfahrung gemacht haben – auch der Anteil der Lehramtstudierenden, die ein Erasmus-Jahr im Ausland verbringen, ist deutlich geringer als etwa bei ihren diplomierenden Kollegen. Sie sind zur Schule gegangen, von der Schule an die Uni und von dort übers Referendariat wieder zurück an die Schule. So entwickelt man sich nicht zum Weltbürger. Wie kann es sein, dass unsere Kinder und Jugendlichen fürs Leben lernen sollen und in den Bildungsanstalten vorwiegend von Menschen unterrichtet werden, die das Leben »draußen« gar nicht kennen?
    Sechzig Prozent der Lehrer stehen kurz vor dem psychischen und physischen Kollaps, ergab eine breitangelegte Studie, die der Deutsche Beamtenbund und die ihm angeschlossenen Lehrerverbände 2006 publizierten. Die Hälfte der überlasteten Pädagogen neigt der Studie zufolge dazu, sich »exzessiv zu verausgaben«, kann sich aber gleichzeitig nicht mehr ausreichend erholen. Von einer wachsenden Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter kann nicht die Rede sein.
    Wir brauchen andere Modelle, die ein Rein- und Rausgehen aus Schule ermöglichen. Das meint etwas anderes als Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung einer lebenslangen Verpflichtung. Zum Beispiel sechs Jahre Schule, drei Jahre etwas anderes, dann wieder Schule; ein weiteres Modell wäre, dass manche Lehrer nebenbei einen zweiten Beruf ausüben und nur ein Fach unterrichten – und zwar das, in dem sie neben der Schule tätig sind: der Verlagslektor unterrichtet Deutsch, die Botanikerin Biologie. Solch ein Umdenken wäre zum Nutzen aller und ließe sich mühelos für sehr viele Berufsfelder vorstellen. Nebenbei könnte das auch zu ökonomisch interessanten Modellen für Mischexistenzen führen, die ja, wie gezeigt, zunehmen.
    Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen vor allem dahingehend verändern, dass es ganz von selbst weniger »Lebenslängliche« gäbe. Forschung und Lehre würden freier, der universitäre Betrieb lebendiger, durchlässiger.
    Bologna – die Industrialisierung
des Wissens
    Der sogenannte Bologna-Prozess wurde 1999 von 29 europäischen Staaten beschlossen. Sein Ziel ist es, europaweit ein einheitliches Hochschulwesen zu installieren und (angeblich) mehr Praxisorientierung zu gewährleisten. Dafür werden Bildungseinheiten in Module zerlegt, die dann nach einem komplizierten Kreditpunktesystem zu diversen Studienabschlüssen montiert werden können – Master oder Bachelor. Die Politik will damit nicht etwa Studierende zu klugen oder zukunftsfähigen selbstbewussten und selbstverantwortlichen, kurz lernfähigen BürgerInnen machen. Das Ziel heißt vielmehr: Förderung von Mobilität, von internationaler Wettbewerbs- und Beschäftigungsfähigkeit. Hier werden Menschen für den Wirtschaftsmarkt kompatibel gemacht.
    Vielleicht ist es ein Glück, dass es vielerorts an der Umsetzung hapert; denn so kommt es wenigstens verspätet zu Diskussionen, ob dieser Prozess in dieser Form wirklich politisch gewollt sein kann und was man mit der Tatsache anfangen soll, dass die Mobilität der Studierenden zurückgegangen ist auf einen Stand der sechziger Jahre. Denn Studierende, die im neuen System unter Zeitdruck von einem Modul zum nächsten hetzen, leiden unter Überforderung und Stress – zumal sie obendrein für dieses industrialisierte Bildungsangebot auch noch Studiengebühren bezahlen müssen.
    Der österreichische Philosoph und Literaturkritiker Konrad Paul Liessmann hat das Phänomen Bologna mit seinem Punktesystem, Bachelor und Master, in deutlichen Worten kritisiert: »Es steht für Maschinendenken, für die Vorstellung, dass das, was mit einer Maschine geht, auch im Kopf klappen muss. Das ist die letzte große Schlacht des Industrialismus: Bildung als Ganzes industrialisiert, genormt, standardisiert. Da haben wir die Modularisierung von Studien, die

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